Hafenstandort Deutschland: „Da braut sich was zusammen“

Um im Vergleich zur europäischen Konkurrenz nicht weiter ins Hintertreffen zu geraten, fordert die Hafenbranche mehr Bundeshilfen für die Hafeninfrastruktur sowie die Direktverrechnung bei der Einfuhrumsatzsteuer. Die Kostennachteile der deutschen Seehäfen seien vielfältig, sagte Gunther Bonz, Präsident der Federation of European Private Port Operators (FEPORT), während einer Expertenanhörung des Verkehrsausschusses am Montagnachmittag. Neben der Erweiterung der Tonnagesteuer auf reedereigene Terminals führe die Einfuhrumsatzsteuer dazu, dass einzelne Spediteure kein Stückgut über einen deutschen Seehafen importierten.

Hohe Mieten und Pachten in deutschen Häfen
Problematisch seien auch die hohen Mieten und Pachten in deutschen Häfen. Die Terminalbetreiber müssten die Kaimauer von der Hafenbehörde anmieten. Ein Meter Kaimauer kostet für ein Großschiff laut Bonz zwischen 100.000 und 120.000 Euro, für einen Schiffsliegeplatz sind 400 Meter erforderlich. „Da reden wir über Millionenbeträge für die jährliche Miete“, sagte er. In Rotterdam hingegen würden die Kaianlagen den Terminals nicht vermietet. „Dort sind sie Hochwasserschutzanlagen, die zu hundert Prozent vom Nationalstaat übernommen werden“, sagte er.

Ladungsabwanderungen, weil echter 24/7-Ansatz fehle
Von Ladungsabwanderungen in andere Häfen sprach Alexander Geisler, Geschäftsführer beim Zentralverband Deutscher Schiffsmakler (ZVDS). Dort sei die Produktivität höher – die Liegezeit der Schiffe also kürzer. Grund dafür sei „ein echter 24/7-Ansatz“, der zwar auch in deutschen Häfen gelebt werde, nicht aber im Hinterland. Wenn also Lkw ihre Container ins Hinterland fahren, „stehen die im Zweifel am Wochenende bei VW vor geschlossenen Lagerhallen“. Geisler forderte zugleich auch eine Straffung der Verwaltung. Digitalisierungsprojekte, so der Experte, scheiterten regelmäßig, „weil sich nicht darauf geeinigt werden kann, wer welchen Hut aufhat“.

Mehr als schwierig sei die wirtschaftliche Lage der deutschen Hafenwirtschaft, befand Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). 279 Millionen Tonnen seien im Jahr 2022 umgeschlagen – weniger als im Vorjahr mit 289 Millionen Tonnen. Auch das laufende Jahr beginne sehr schlecht. Der Containerumschlag liege in den bremischen Häfen in den ersten drei Monaten etwa 20 Prozent unter dem Wert aus dem Vorjahreszeitraum, im Stückgutbereich sind es 25 Prozent. „Da braut sich was zusammen“, fügte Hosseus hinzu.

ZDS: Bundeshilfe muss mindestens verzehnfacht werden
Der ZDS-Hauptgeschäftsführer kritisierte den „winzigen Beitrag“, den der Bund zur Hafeninfrastruktur beitrage. Die derzeit 38 Millionen Euro, „nicht etwa Milliarden“, müssten mindestens verzehnfacht werden, forderte er. Außerdem müsse die Direktverrechnung bei der Einfuhrumsatzsteuer eingeführt werden. Diesen Nachteil weide Rotterdam „gnadenlos aus“, sagte er.

Mehr Bundeshilfe ja, aber bitte auch sinnvoll, forderte Malte Siegert vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). Föderale Kleinstaaterei helfe nicht weiter, sagte er. Steuergelder dürften nicht für vermeidbare Mehrfachinfrastrukturen in die Hafenstandorte fließen. Absprachen unter den Häfen sind aus Sicht des NABU nötig.

Antrag der Unionsfraktion wird Freitag im Bundestag beraten
Die Unionsfraktion hat nun einen Antrag vorgelegt, der einige der Forderungen aufgreift. So soll der Bund beispielsweise mehr finanzielle Mittel für den Ausbau der deutschen Hafeninfrastruktur zur Verfügung zu stellen und den Ausbau der Hinterlandanbindungen vorantreiben. Zudem sollen Planungsvereinfachungen wie für LNG-Terminals auf bei anderen Infrastrukturprojekten angewendet werden können. Um besagte Wettbewerbsnachteile für deutsche Seehäfen zu vermeiden, soll laut Union die Einfuhrumsatzsteuer hin zum sogenannten Verrechnungsmodell reformiert werden. Wie sich die Ampel-Fraktionen dazu positionieren, wird sich bei der Bundestagsdebatte am Freitag zeigen.

Quelle:
DVZ

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