Linienschiffe fahren langsamer denn je

Die Fahrtgeschwindigkeiten in der Container-Linienschifffahrt sind nach einer Auswertung der Reederei Peter Döhle auf einen neuen Tiefpunkt gesunken. Als Grund dafür nennen die Experten die seit Jahresanfang geltenden neuen Emissionsvorschriften für Schiffe. Mit dem sogenannten „Carbon Intensity Indicator“ der IMO wurde ein Benotungsverfahren in Bezug auf die CO2-Effizienz von Schiffen eingeführt. Gemessen wird der Kohlendioxidausstoß in Gramm pro tdw (Tonne Tragfähigkeit) und pro gefahrene Seemeile. Die Kriterien für die Benotung auf einer Skala von A (sehr gut) bis E (mangelhaft) werden zudem von Jahr zu Jahr strenger.

Nach der Untersuchung, die Döhle in seinem „Maritime Overview“-Report für Geschäftspartner vorstellt, wurde die Durchschnittsgeschwindigkeit am stärksten bei den großen Schiffen von rund 7.500 TEU Kapazität reduziert – im Vergleich zu letztem Herbst (September/Oktober) um mehr als einen Knoten auf jetzt 15,6 Knoten. In den kleineren Schiffsklassen drosselten die Carrier die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit im Untersuchungszeitraum jeweils um mehr als einen halben Knoten, wie berichtet wird. Demnach fahren klassische „Panamaxe“ (4.000 TEU) jetzt nur noch knapp 15 Knoten, 2.500-TEU-Frachter nur noch 14,3 Knoten.

Selbst in der Frühphase der Corona-Pandemie seien die Fahrtgeschwindigkeiten in allen Segmenten nie so tief gesunken, „obwohl sich ein Drittel der Welt im Lockdown befand und die Containerverkehre fast zu einem kompletten Stillstand kamen“, unterstreichen die Experten in ihrem Report. Die Einschnitte seien ein klares Indiz dafür, dass die Linienreedereien die Umsetzung der neuen Emissionsvorschriften „sehr ernst“ nähmen und offenbar möglichst gute „CII-Ratings“ anstrebten. Laut IMO sollen die Reedereien mindestens eine „C“-Benotung auf der CII-Skala anvisieren, wobei die Referenzkurven zur CO2-Effizienz von Schiffstyp zu Schiffstyp variieren. Hauptmittel zum Zweck ist eine Absenkung der Fahrtgeschwindigkeiten, sowohl in der Spitze als auch im Durchschnitt.

Laut Döhle sind die Effekte auf das Kapazitätsangebot in der Linienschifffahrt bereits beträchtlich. Den Berechnungen zufolge müsste die „Produktivität“ der gesamten Containerschiffsflotte aufgrund der Verlangsamung im Vergleich zu vor sechs Monaten um 5,1 Prozent gesunken sein. Gegenüber dem Höhepunkt des Corona-Booms im September 2021 betrage der Rückgang der Leistungsfähigkeit und somit der effektiven Transportkapazität sogar 9,1 Prozent. Demnach tragen die Geschwindigkeitsanpassungen wesentlich dazu bei, die Auslastungsquoten in der Containerschifffahrt trotz des Einbruchs der Ladungsmengen vergangenen Herbst hochzuhalten.

Langfristig stellt sich die Frage, ob die Schiffssysteme der Linien grundsätzlich verstärkt werden müssen, um auch bei immer strengeren Grenzwerten noch gute Emissions-Ratings zu erzielen. Solange alternative, klimaneutrale Kraftstoffe wie grünes Methanol noch nicht auf breiter Front verfügbar sind, bleibt die weitere Reduzierung der Dienstgeschwindigkeiten das Hauptmittel zur Verbesserung der CO2-Effizienz. Ab einem gewissen Punkt wären die Linien dazu gezwungen, die Anzahl der Schiffe pro Dienst zu erhöhen, um weiterhin wöchentliche Abfahrten bieten zu können. Dies soll bislang nur in Ausnahmefällen passiert sein. Für das 2.500-TEU-Segment stellt Döhle fest, dass die Schiffe weltweit unverändert in „Strings“ (Schiffe pro Dienst) von durchschnittlich 6,45 Einheiten eingesetzt werden.

Qielle:
DVZ

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