Jahresbilanz: Firmenkäufer gehen vom Gas

In der Transport- und Logistikbranche gab es im vergangenen Jahr deutlich weniger Fusionen und Übernahmen als 2021. Die Experten von PWC zählten weltweit 261 Firmenkäufe mit einem Wert von mindestens 50 Millionen US-Dollar. Das ist ein Fünftel weniger als im Vorjahr. Die Investoren gaben in Summe 181 Milliarden Dollar aus, ein Rückgang von gut 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

PWC führt den Einbruch vor allem auf die sich eintrübende Konjunktur gerade in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres zurück. So wurden in den vergangenen sechs Monaten nur noch 117 Deals gezählt. Allerdings war das Vergleichsjahr 2021 auch ein sehr lebhaftes in Sachen Merger & Acquisitions (M&A). Damals gab es 323 Fusionen und Übernahmen mit einem Gesamtwert von 214 Milliarden Dollar. Der Fünfjahresschnitt liegt bei 270 Deals und einem Wert von 150 Milliarden Dollar.

Megadeals treiben die Durchschnittspreise
Während die Anzahl der Transaktionen und deren Gesamtwert rückläufig waren, erreichte der Durchschnittswert pro Übernahme mit 695 Millionen Dollar einen Höchstwert. Dies ist vor allem auf die hohe Anzahl an Megadeals mit mindestens 1 Milliarde Dollar Verkaufswert zurückzuführen. Hier zählte PWC im vergangenen Jahr 32, wobei darunter allein ein Viertel aus dem Infrastrukturbereich stammen. Solche Unternehmen erreichen überdurchschnittlich hohe Kaufpreis-Multiples auf den Firmenwert.

In Summe lagen die Multiples mit 1,8 bezogen auf den Umsatz und 8,4 bezogen auf das EBITDA im langjährigen Schnitt. Interessant ist allerdings, dass Finanzinvestoren offenbar zurückhaltender geworden sind. Sie haben 2022 „nur noch“ das 1,8-Fache des Umsatzes gezahlt, nachdem sie im Vorjahr noch das 2,4-Fache ausgaben.

Übernahmen können Risiken mindern
Wie sich das M&A-Geschehen in der Transport- und Logistikbranche im laufenden Jahr entwickelt, ist schwer vorherzusagen. Einerseits wirft PWC die Frage auf, ob den Investoren irgendwann das Geld für Übernahmen ausgeht. Dies könnte passieren, wenn die Transportmengen weiter sinken, die Kosten hoch bleiben und die operativen Gewinne weiter unter Druck geraten. Auf der anderen Seite seien zumindest in den kommenden Monaten noch Deals zu erwarten, da Unternehmen versuchten, über Zukäufe zu diversifizieren. Vor allem Hafenanlagen, Terminals und Lagerhäuser seien weiterhin attraktiv, da sie in der Lieferkette eine strategisch wichtige Position haben.

All diese Annahmen stehen vor dem Hintergrund eines weiterhin konjunkturell sehr unsicheren Marktumfelds. Hinzu kommen diverse geopolitische Risiken. Dabei spielt insbesondere eine Rolle, wie lange der Krieg in der Ukraine noch dauert und wie sich die Systemrivalität zwischen den USA und China entwickelt. Um die Auswirkungen abzuschätzen, hat PWC schon im Sommer mehrere Szenarien entwickelt. Das wahrscheinlichste ist den Experten zufolge jenes einer „beschleunigten Deglobalisierung“.

Südostasien rückt stärker in den Fokus
Zugleich erwarten die PWC-Analysten eine verstärkte Verlagerung von Produktionen aus China in Richtung der südostasiatischen Länder und damit auch eine Veränderung der Lieferketten. Der Trend lässt sich auch schon anhand makroökonomischer Kennzahlen wie den ausländischen Direktinvestitionen ablesen. So haben die ASEAN-Länder beispielsweise schon 2021 mit 174 Milliarden Dollar beinahe so viel Kapital erhalten wie China (181 Milliarden). Und dabei wuchs der Anteil der Region an den weltweiten Direktinvestitionen von 7 Prozent vor der Beginn der Pandemie auf 12 Prozent in den Jahren 2020 und 2021.

Bisher keinen Niederschlag findet diese Entwicklung aber im Fusions- und Übernahmegeschehen in der Logistik. Der überwiegende Teil der Deals in der Region Asien-Pazifik sind weiterhin lokale Transaktionen (104 von 131 im vergangenen Jahr). Lediglich in 18 Fällen haben ausländische Logistiker in der Region zugekauft und gerade mal bei 9 Käufen haben lokale Anbieter in andere Regionen expandiert. Und dabei entfiel eine sehr große Mehrheit auf Transaktionen mit chinesischen Unternehmen.

Quelle:
DVZ

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