Norwegen setzt auf die Elektrowende auf dem Wasser

Das Land testet bereits das erste Containerschiff mit Batterieantrieb. Wichtiger für die Klimaziele des Landes wird aber die Elektrifizierung von Hunderten Fähren.

Seinen Stolz konnte Norwegens Regierungschef Jonas Gahr Store nicht verbergen, als er im November 2021 an der Jungfernfahrt der „Yara Birkeland“ teilnahm. Eine „Weltneuheit“ sei das, „eine kurze Reise für die ,Yara Birkeland‘, eine große für die Menschheit“, erklärte er, als er das nach Werftangaben erste vollelektrische Containerschiff verließ.

„Wir haben jetzt enorme Möglichkeiten, dieses Konzept auch für andere Regionen der Welt zu entwickeln“, erklärte der Politiker und hofft bereits auf einen weltweiten Erfolg des Konzepts. „Man muss nur an den riesigen Transportbedarf beispielsweise in Asien denken. Wir haben da enorme Möglichkeiten.“

Die „Yara Birkeland“ ist ein 80 Meter langer Containerfrachter, der nicht nur elektrisch, sondern auch autonom fahren kann. Momentan befindet sich das Schiff in einer Testphase, in der es Düngemittel vom Verladehafen des Herstellers Yara in Porsgrunn zum knapp 13 Kilometer entfernten Exporthafen Brevik transportiert.

„Yara Birkeland“ soll 40.000 Lkw-Touren pro Jahr ersetzen
Derzeit befindet sich noch ein Kapitän an Bord. Doch in einigen Jahren soll die Yara Birkeland autonom fahren und nur von Land aus kontrolliert werden.

Die Ladekapazität der „Yara Birkeland“ wird mit 120 Standardcontainern (TEU) aufgenommen. Zum Vergleich: Die 400 Meter lange „Ever Given“, die im Frühjahr 2021 durch einen technischen Fehler tagelang den Suezkanal versperrte und die weltweite Lieferlogistik durcheinanderwirbelte, hat eine Ladekapazität von 20.000 TEU.

Auch wenn der Elektrofrachter in diesem Vergleich als Winzling erscheint, werden nach Angaben von Yara durch den emissionsfreien Transport jährlich etwa 40.000 Lkw-Touren überflüssig. Der Strom, mit dem die 6,8 Megawattstunden großen Batterien aufgeladen werden, wird klimaneutral mit Wasserkraft produziert.

Norwegen ist zwar einer der größten Öl- und Gasexporteure der Welt, doch im eigenen Land wird der Strom nahezu komplett aus Wasser- und Windkraft erzeugt. Hinzu kommt, dass in dem Elektrofrachter kein Diesel-Notaggregat verbaut ist.

Norwegen will CO2-Emissionen halbieren
Doch Ministerpräsident Store und seine Regierung haben weitere ambitionierte Ziele: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen halbiert werden. Und da spielt die Elektrifizierung der vielen Fähren, die die Fjorde im Stundenrhythmus queren, eine große Rolle. Nach Berechnungen der norwegischen Umweltschutzorganisation Bellona stehen die rund 180 Fähren für rund fünf Prozent der gesamten CO2-Emissionen des Landes.

Bereits seit 2015 verkehrt der „Zero Cat“ im Sognefjord zwischen Lavik und Oppedal. Es war die erste rein elektrisch angetriebene Autofähre der Welt. Sie kann bis zu 360 Passagiere und 120 Autos transportieren. Mittlerweile verbinden weitere Elektrofähren an der 1800 Kilometer langen Küste Ortschaften und Städte. Dabei setzen die Reedereien entweder auf Batterietechnik oder auf Brennstoffzellen.

Auch wenn Regierungschef Store von einer Revolution der Schifffahrt spricht, wird es nach Meinung von Experten noch viele Jahre dauern, bis der weltweite Containerverkehr auf emissionsfreie Antriebe umgestellt werden kann. Denn dafür fehlt noch die Energiedichte der Batterien. Für den lokalen Schiffsverkehr wird der Elektroantrieb aber immer wichtiger.

Quelle:
Handelsblatt

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