Alibaba-Logistiker: Cainiao wächst – bleibt aber unprofitabel

Einen Fehler hatte Alibaba-Gründer Jack Ma lange gemacht: Die Logistik war bei dem chinesischen E-Commerce-Riesen – im Gegensatz zu Amazon – zunächst nicht unbedingt Kernkompetenz. Geändert hatte sich dies erst mit dem Entstehen von Cainiao ab 2013. Die Logistiksparte von Alibaba, die in diesem Jahr also ihr zehnjähriges Jubiläum feiert, hat sich seitdem ziemlich rasant entwickelt. Alibaba hatte erkannt, dass der Lieferservice einen hohen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat und dass die Logistik, unterstützt von Datenanalysen, einer der Erfolgsfaktoren im E-Commerce-Geschäft ist.

Cainiao hat in den vergangenen Jahren ein umfassendes Fulfillment-Netz aufgebaut, das aus Hubs an strategisch wichtigen Standorten sowie Paketsortier- und -verteilzentren besteht. Sie gehören entweder Cainiao selbst, sind angemietet oder Teil der Zusammenarbeit mit einer Vielzahl an Partnern. Das Netzwerk ist über die Datenplattform von Cainiao verbunden.

CEO war früher bei Amazon
Alibaba hält heute einen Anteil von 67 Prozent an dem Logistikunternehmen. Weitere Aktionäre sind strategische Investoren aus der Logistikbranche und globale institutionelle Anleger. Der Konzern hatte im Mai mitgeteilt, dass Cainiao innerhalb von 12 bis 18 Monaten einen Börsengang anstreben könnte. Alibaba mit Hauptsitz in Hangzhou vollzieht derzeit nach eigenen Angaben die bedeutendste Umstrukturierung in der 24-jährigen Unternehmensgeschichte. Ziel sei es, die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Geschäftsbereiche durch mehr Unabhängigkeit zu stärken, hieß es.

Für die strategische Planung und die Geschäftstätigkeit des Bereichs Cainiao Smart Logistics zuständig sein werde künftig weiterhin CEO Wan Lin. Der heute 48-Jährige kam 2014 zu Cainiao und war zuvor in leitender Funktion in der globalen Logistikabteilung von Amazon.

Drehscheibe in Belgien
Cainiao hat aber nicht nur ein chinaweites Logistiknetz gespannt, sondern betreibt auch Hubs für den grenzüberschreitenden E-Commerce Richtung Europa, Naher Osten und Asien. So nutzt das Unternehmen zum Beispiel ein Hub in Lüttich (Belgien) als Drehscheibe für Europa. Das langfristige Ziel hatte Ma selbst 2018 formuliert, und es gilt bis heute: eine 72-Stunden-Lieferung in den Rest der Welt. Für den inländischen Markt lautet die Vision, Kundenbestellungen innerhalb von 24 Stunden auszuliefern.

Dem internationalen 72-Stunden-Ziel ist Cainiao zuletzt möglicherweise näher gekommen. Das Zwischenziel lautet bereits seit 2018 „Lieferung in fünf Tagen“. Diesen Service führe das Unternehmen weltweit ein, wie das Unternehmen auf seinem jährlichen „Global Smart Logistics Summit“ im chinesischen Hangzhou Ende Juni angekündigt hatte. Cainiao arbeitet dabei mit AliExpress zusammen, einem Marktplatz, auf dem Verbraucher direkt bei chinesischen Herstellern einkaufen.

In seinem Brief an die Aktionäre formulierte es Daniel Zhang, Chairman und CEO der Alibaba Group, zuletzt allerdings schon wieder etwas zurückhaltender. Cainiao arbeite daran, „in Zukunft einen Fünf-Tage-Lieferservice für grenzüberschreitende Pakete anzubieten, ausgehend von seinen Hauptmärkten“, schrieb er.

Umsatz wächst rasant
Im Geschäftsjahr 2022/2023, das am 31. März endete, verarbeitete Cainiao im Durchschnitt täglich ein internationales Volumen von etwa 4 Millionen Paketen, nach 4,5 Millionen im Jahr davor. Stand 31. März betreibt das Unternehmen 15 Distributionszentren in Übersee.

Auf die Logistiksparte entfallen inzwischen 6 Prozent des gesamten Alibaba-Umsatzes. Ende März 2019 lag dieser Anteil noch bei 4 Prozent. Heute liegt der Umsatz der Sparte auch 3,7 Mal höher als damals. Die Erlöse aus den Logistikservices und Supply-Chain-Management-Lösungen beliefen sich 2022/23 auf 55,681 Milliarden Renminbi oder 8,108 Milliarden US-Dollar. Das entspricht einem Plus von 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie dem jetzt veröffentlichten Jahresbericht der Alibaba Group zu entnehmen ist. Der Anstieg sei vor allem auf wachsende Umsätze aus inländischen Dienstleistungen für Verbraucher zurückzuführen sowie aus internationalen Fulfillment-Services. Der gesamte Cainiao-Umsatz, der auch Erlöse aus Dienstleistungen für andere Alibaba-Segmente umfasst, belief sich auf fast 11,29 Milliarden Dollar und stieg damit um 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im vergangenen Geschäftsjahr hat die Logistiktochter damit 72 Prozent ihres Gesamtumsatzes mit externen Kunden erzielt, nach 69 Prozent im Jahr davor.

Cainiao bleibt unprofitabel
Gewinn wirft das Logistikgeschäft allerdings weiterhin nicht ab. Das bereinigte EBITA von Cainiao, also der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf immaterielle Wirtschaftsgüter, lag im vergangenen Jahr mit umgerechnet 57 Millionen US-Dollar im Minus. Der Verlust hat sich allerdings um 73 Prozent zum Vorjahr verringert. Im Vergleich zu 2020/2021 war das Minus um 52 Prozent geringer. Der nun deutlich niedrigere Verlust sei hauptsächlich auf ein verbessertes Betriebsergebnis des internationalen Fulfillment-Geschäfts und eine verbesserte Effizienz im Inland zurückzuführen. Es sei allerdings möglich, dass bestimmte Sparten – wie Cainiao – niemals profitabel werden, heißt es im Alibaba-Jahresbericht.

Das Wort „Krieg“ vermeidet der chinesische Konzern dort, führt den „Russland-Ukraine-Konflikt“ allerdings explizit als Risikofaktor an. Er habe sich negativ auf die Anzahl der Bestellungen und den Umsatz von AliExpress und Cainiao ausgewirkt und die Kosten in der Logistiksparte erhöht.

Quelle:
DVZ

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