Der neue Name der Deutschen Post verdeutlicht, was viele am Unternehmen nervt

Die Deutsche Post, die künftig DHL heißen will, trudelt seit dem Abgang ihres ehemaligen Chefs in Probleme, die an die Deutsche Bahn erinnern: Verspätungen und Beschwerden. Weil auch der Gewinn schwindet, wankt der Börsenkurs. Der neue Chef Tobias Meyer hat ein Problem.

Dalsey, Hillblom und Lynn. So heißen nicht etwas Figuren aus der neuesten Mickey Mouse-Ausgabe, sondern nach ihnen ist ein Dickschiff im Dax benannt: die Deutsche Post. Sie hat jüngst ihren Namen, der jedem verständlich machte, was sie so tut, abgelegt und auf DHL „umgebrandet“, wie es unter Fachleuten heißt. Und DHL sind eben die ersten Buchstaben der Namen dieser drei Gründer eines kalifornischen Expressversands aus den sechziger Jahren, den die Post vor rund zwei Jahrzehnten kaufte und dessen Schriftzug sie seither intensiv nutzt.

So etwas könnte als „Markenbereinigung“ durchgehen und dem Unternehmen am Ende einige Millionen Euro sparen, wenn nicht mit dieser Umbenennung einiges zusammenfiele, was die gute alte Post zu einem Unternehmen macht, an dem Kunden und Aktionäre zunehmend Freude verlieren.

Da ist zunächst der Neue an der Spitze: Tobias Meyer übernahm Anfang Mai ausgesprochen unaufgeregt die Führung des Konzerns von Frank Appel, der den Konzern als dienstältester Dax-CEO 15 Jahre lang gesteuert hatte. Liefert die Entwicklung des Aktienkurses eine Art Zeugnis für einen Konzernchef, war Appels Zeit außerordentlich erfolgreich: Er hat den Aktienwert der Post verdoppelt. Niemand ist ihm dafür dankbarer als Christian Lindner: Der Finanzminister, der als FDP-Chef Staatsanteile an Unternehmen immer gern verkaufen wollte, freut sich jetzt über einen rund 20-prozentigen Staatsanteil an der Post, dessen Wert sich ebenfalls verdoppelte.

Schlechte Ergebnisse, schlechter Aktienkurs, enttäuschte Anleger
Tobias Meyer allerdings, der Namenskiller, hat mit seiner ersten Quartalsbilanz diese Woche Wert vernichtet. Knapp viereinhalb Prozent krachte die Aktie ins Minus, nachdem Meyer ein Fazit seiner überschaubar vielen Monate an der Spitze gezogen hatte.

Die Geschichte dahinter ist schnell erzählt und hat mit Meyer noch nicht allzu viel zu tun: Die Post, die sich nun DHL nennt, hat im zurückliegenden Quartal mit ihrer deutschen Brief- und Paketzustellung sowie im internationalen Frachtverkehr nur noch halb so viel verdient wie im Vorjahr. Konzernweit brach der Umsatz um 16,4 Prozent auf 20,1 Milliarden Euro ein. Der Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern sackte durch, was auch Konkurrenten wie Fedex und Kühne & Nagel passierte. Sie alle spüren die Wachstumsschwäche der Weltwirtschaft. Frachtraten und Transportaufträge sinken.

Allerdings hat Meyer kein gutes Erwartungsmanagement betrieben, denn seine Ergebnisse lagen noch unter dem, was Analysten erwarteten. Wenn das passiert, gibt es an der Börse regelmäßig einen drauf – was eben Meyer jetzt widerfahren ist.

Mehr Porto, weniger Leistung, Frust bei Kunden
So etwas beunruhigt die Aktionäre und auch Christian Linder fand es wahrscheinlich nicht so gut. Kunden allerdings treibt etwas anderes um. Vor dem Hintergrund, dass das Geld nicht mehr wie von allein fließt, hat die Post angekündigt, eine vorzeitige Erhöhung des Briefportos für das kommende Jahr bei der dafür zuständigen Bundesnetzagentur zu beantragen.

Gleichzeitig drängt Meyer darauf, bei der geplanten Postgesetz-Reform die wöchentliche Zahl der Brief-Zustelltage von sechs auf fünf zu reduzieren. Bislang ist die Post verpflichtet, von montags bis samstags zuzustellen. Beide Ideen kommen bei Kunden schlecht an.

So macht etwa ein gewisser Lars auf einem Bewertungsportal seinem Ärger Luft: „Briefe waren sieben bis neun Tage unterwegs. Die ganze Woche kam keine Post, dann auf einmal war am Donnerstag der Briefkasten voll. Großspurig Portoerhöhungen fordern, aber keine Leistung erbringen. Diesen Drecksladen sollte man sofort wieder verstaatlichen!“

Dreimal so viele Beschwerden und ein Negativ-Rekord
Lars befindet sich in Gesellschaft zahlreicher verstimmter Kunden. Im Jahr 2022 erreichten die Bundesnetzagentur 43.125 Eingaben zu Mängeln der Postversorgung. Das ist fast eine Verdreifachung der Vorjahreszahlen – da waren es 15.118. Damit verzeichnete die Bundesnetzagentur seit Beginn ihrer Beschwerdestatistik einen Jahreshöchstwert.

„Die Beschwerdewelle zur mangelhaften Postzustellung zeigt uns, wie wichtig den Menschen eine verlässliche und leistungsstarke Versorgung mit Briefen und Paketen ist“, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.

Die Mehrheit der Beschwerdegründe, 59 Prozent, entfiel auf Briefe, 24 Prozent betrafen Pakete. Häufigster Grund waren mit deutlich mehr als 70 Prozent Probleme bei der Zustellung von Briefen und Paketen. Insgesamt richteten sich die Eingaben und Beschwerden mit 92 Prozent mehrheitlich gegen die Deutsche Post.

Interne Zufriedenheit und Erinnerungen an die Deutsche Bahn
DHL, wie sich die Post nun nennt, krittelt an diesen Beschwerdezahlen herum, was nie eine besonders gute Strategie ist. Viele Kundinnen und Kunden, erklärt ein Sprecher, schrieben Qualitätsmängel irrtümlich der Post zu, obwohl es um Probleme bei Wettbewerbern gehe. Interne Auswertungen zur Sendungsdauer, Laufzeiten, Reklamationen und Kundenzufriedenheit zeigten stabile Werte.

So eine Antwort klingt bereits verdächtig nach Deutscher Bahn, deren „interne“ Auswertungen auch stets ergeben, dass die meisten Züge pünktlich sind, während Fahrgäste etwas völlig anderes erleben.

Dalsey, Hillblom und Lynn erleben das alles nicht mehr. Sie starben in den neunziger Jahren. 1969 hatten sie ihren Dienstleister mit einer neuen Geschäftsidee gegründet: Sie brachten Frachtpapiere von Schiffen per Flugzeug von San Francisco nach Honolulu. So konnten am Zielort schon die Formalitäten erledigt werden, während das Schiff mit der entsprechenden Ladung noch im Pazifik unterwegs war. DHL-Sendungen überholten sich damit praktisch selbst. Eine Innovation in dieser Art könnte Meyer jetzt auch mal brauchen.

Quelle:
Focus

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