DB Cargo muss Zerschlagung befürchten

Seit Jahren fährt die Deutsche Bahn mit ihrem Güterverkehr hohe Verluste ein. In diesem Jahr liegt das Minus noch einmal massiv über den Erwartungen. Insider berichten, dass die EU-Kommission wegen Wettbewerbsverzerrung die Notbremse ziehen könnte.

Die jahrelange Krise der Frachtsparte der Deutschen Bahn spitzt sich Konzernkreisen zufolge zu. DB Cargo werde für 2023 einen Verlust von fast einer halben Milliarde Euro ausweisen, sagten mit den Zahlen Vertraute. Dies sei ein rund doppelt so hoher Verlust wie erwartet und der EU-Kommission in Aussicht gestellt wurde. Diese hat eine Untersuchung wegen Wettbewerbsverzerrung eingeleitet.

Dass der Deutsche-Bahn-Konzern seit Jahren die hohen Verluste der Güterbahn ausgleicht, möchte die EU nicht mehr hinnehmen. Die Planungen der Bahn hatten immer wieder eine Trendwende in Aussicht gestellt, die nie eintrat. Angesichts des EU-Drucks will der Konzern nun Ernst machen und Geschäftsteile auslagern. Um die 2000 Arbeitsplätze sind laut Arbeitnehmervertretern bei DB Cargo gefährdet.

Minus nicht mit fehlender Nachfrage zu erklären
DB Cargo hat als früherer Fast-Monopolist in den vergangenen Jahren rasant Marktanteile verloren und macht inzwischen weniger als die Hälfte des Güterverkehrs auf der Schiene aus. Das Minus liegt auch nicht an fehlender Nachfrage. Die Militärtransporte für die Ukraine im Auftrag der USA und der Bundeswehr seien beispielsweise lukrativ, sagten Konzernvertreter. Chronische Verluste fährt aber der Einzelwagenverkehr ein, bei dem Züge mit jeweils wenigen Waggons aufwendig zusammengestellt werden müssen. Der Bund fördert dies zwar mit rund 300 Millionen Euro im Jahr, für eine Trendwende scheint es aber nicht zu reichen.

Auf der anderen Seite sind im Haushalt 2024 die Hilfen für die Trassenpreise zusammengestrichen worden. Dies wird Konzernvertretern zufolge dazu führen, dass die Kosten für die Nutzung der Gleise sich im Güterverkehr prozentual zweistellig erhöhen werden. Damit verlören die Güterbahnen im Kampf mit dem Lkw weiter an Boden. Die politische Vorgabe ist auch aus Klimaschutzgründen, dass die Bahnen einen Marktanteil bei der Fracht von 25 Prozent bis 2030 erreichen sollen. Derzeit liegt er bei rund 19 Prozent und hat sich in den vergangenen Jahren nur geringfügig erhöht.

Brüssel hat Exempel bei französischer Bahn statuiert
Bundesregierung und Bahn haben das Beispiel der französischen Staatsbahn SNCF vor Augen: Auch hier machte die Güterbahn stetig Verluste – bis die EU-Kommission entschied, dass sich die Sparte für Investoren öffnen und Teile der Transporte an Konkurrenten abgeben müsse. „Damit ist die Güterbahn faktisch zerschlagen“, sagt ein an den Gesprächen mit der EU-Kommission Beteiligter.

Die EU-Kommission lehnte einen Kommentar zum laufenden Verfahren ab. Die Bahn wollte sich weder zum Cargo-Verlust noch zum EU-Vorgehen äußern. Das Verkehrsministerium sprach von einem konstruktiven Austausch mit der Kommission. Die Deutsche Bahn will mit Unterstützung des Bundes solch ein Szenario unbedingt verhindern, denn für die Verkehrspolitik und die Klimaziele hat DB Cargo nach wie vor große Bedeutung. Auch Teile der Industrie wie die Stahl- und Autobranche haben Interesse an einer funktionierenden Güterbahn auch mit einem Einzelwagenverkehr.

Umso dringlicher ist nun ein Sanierungskonzept, das die Kommission überzeugt. Der Konzern dringt auf mehr Flexibilität. Bereits vergangenes Jahr hatte Güterbahn-Chefin Sigrid Nikutta ein Konzept entworfen, das vor allem die Auslagerung von Verkehr an Tochter-Unternehmen sowie Kürzungen in der Verwaltung vorsah. Der Widerstand der Arbeitnehmervertreter rund um die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ist zwar groß. Eine Zerschlagung von DB Cargo will jedoch auch hier niemand riskieren.

Quelle:
N-TV

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