Paketdienste müssen weiter massiv sparen

Mit Rekordgewinnen zählten sie zu den Gewinnern der Corona-Pandemie. Jetzt streichen die Logistik-Konzerne ihre Ausgaben zusammen. Die DHL-Belegschaft spürt das im Alltag.

Bisher reagierten die internationalen Paket- und Expressdienste mit eisernen Sparmaßnahmen auf den seit über zwölf Monaten anhaltenden Geschäftsrückgang. Am Dienstagabend dann erschütterte der US-Riese UPS die Branche mit einer Schreckensmeldung: 12.000 Stellen will „Big Brown“ in der nächsten Zeit abbauen, das sind zweieinhalb Prozent der weltweiten Belegschaft. Mit Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Dollar wolle man so dem fast achtprozentigen Umsatzschwund begegnen, rechtfertigte Konzernchefin Carol Tomé die harte Maßnahme.

Das Marktumfeld ist derzeit für die gesamte Zustellbranche schwierig. Der größte US-Konkurrent Fedex senkte im Dezember die Aussicht für das im Mai 2024 endende Geschäftsjahr und rechnet nun mit einem Umsatzrückgang im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Die Anleger reagierten deutlich: An der Börse verlor die Fedex-Aktie nach der Ertragswarnung rund 13 Prozent, wovon sich der UPS-Verfolger bislang nicht erholt hat.

Paketdienst DHL enttäuschte mit Gewinnwarnung
Nach einem mäßigen Herbstquartal kappte auch die Deutsche Post, die sich seit dem vergangenen Sommer „DHL Group“ nennt, ihre Erwartungen für das Gesamtjahr 2023. Hatte Vorstandschef Tobias Meyer bis November im Fall einer raschen Weltwirtschaftserholung noch einen Betriebsgewinn (Ebit) von sieben Milliarden Euro vorausgesagt, geht das Bonner Dax-Unternehmen nun von bestenfalls 6,6 Milliarden Euro aus. Im Jahr zuvor hatten die Bonner noch über 8,4 Milliarden Euro verdient.

Anders als bei UPS kursierten im Bonner Posttower zwar keine Entlassungspläne, versichert eine Sprecherin. Die umfangreichen Sparmaßnahmen aber drückten vielen auf die Stimmung. Der Konzern habe für alle Sparten einen „Ebit Protection Plan“ ausgerufen, berichtet ein DHL-Manager, der sich um Paketverteilzentren kümmert. „Alle müssen sparen, Minusstunden werden aufgebaut, Dienstwagen dürfen nicht bestellt werden und, und, und“, fasst er seinen Ärger zusammen.

Paketdienste wuchsen zeitweise zweistellig
Die großen Paketzusteller UPS, Fedex und DHL hatten während der Coronapandemie mit jährlichen Wachstumsraten von 20 Prozent und mehr geglänzt. Viele Konsumenten bestellten online, weil sie sich zu Hause isolieren mussten, Geschäfte geschlossen blieben und Urlaubsreisen ausfielen. Unter den Hauptprofiteuren waren damals die Paketdienste.

Doch seit die Menschen wieder ausgehen, reisen und in Läden einkaufen können, sinken die Umsätze der Zusteller. Schon im Weihnachtsgeschäft 2022 vor einem Jahr sank der Umsatz im E-Commerce in Deutschland – erstmals seit Beginn der Messungen und gleich um 17 Prozent. DHL reduzierte danach die Flugkapazitäten in der Express-Sparte um 15 Prozent, verkündete einen Einstellungsstopp und verringerte den Einsatz von Aushilfskräften und Überstunden. Auch Dienstreisen gibt es deutlich weniger.

Auch Fedex rechnete früh mit einem Geschäftsrückgang. Anfang 2023 verkündete der Lieferdienst aus Memphis/Tennessee ein rigides Sparprogramm über mehr als 1,8 Milliarden Dollar. Gleichzeitig will der Konzern das eigene Verteilnetz rentabler machen.

Eine Erholung blieb im jüngsten Weihnachtsgeschäft in Deutschland aus. Mit 725 Millionen stagnierte die Zahl der Sendungen im November und Dezember laut Zahlen des Bundesverbands Paket und Expresslogistik (BIEK).

Gleichzeitig stiegen im vergangenen Jahr die Personalkosten stark – vor allem durch hohe Tarifabschlüsse. In Deutschland erstritten sich die 160.000 Beschäftigten des Brief- und Paketzustellers DHL im März 2023 eine durchschnittliche Einkommensverbesserung um 11,5 Prozent, und auch UPS einigte sich mit der US-Gewerkschaft Teamsters im vergangenen Juli nach langen Verhandlungen auf einen Tarifvertrag für rund 340.000 US-Beschäftigte, der das Unternehmen zusätzlich mit einer halben Milliarde Dollar belastet.

Firmenkunden kehren Express-Lieferung den Rücken
Mehr noch als der konsumentennahe E-Commerce schwächelt aktuell das Express-Geschäft. Während der Coronapandemie hatten Firmenkunden den Eildienst mehr genutzt, weil die Ersatzteilversorgung per Containerschiff durch Hafensperrungen größtenteils aus dem Zeitplan geraten war. Doch abgesehen von den Huthi-Angriffen im Roten Meer, die erneut für Zeitverzögerungen von rund zwei Wochen sorgen, läuft der Seeverkehr seit Anfang 2023 wieder weitgehend zuverlässig. Viele Firmenkunden kehrten deshalb den teuren Expressdiensten den Rücken.

Betroffen ist davon neben den zwei großen US-Anbietern UPS und Fedex, bei denen das Express-Business die Haupteinnahmequelle darstellt, auch DHL. Das Express-Segment erwirtschaftet mehr als ein Viertel des Konzernumsatzes. Im dritten Quartal 2023 sank der Ertrag der Sparte zum Vorjahreszeitraum jedoch um ein Drittel.

Als Gründe dafür nennt die Wirtschafts- und Verkehrsberatung KE-Consult „die schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und die Schwächephase in der Exportwirtschaft aufgrund der schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung in den Zielländern“.

Im E-Commerce wächst die Konkurrenz für die Paketdienste zudem massiv. So hat Amazon seinen Marktanteil im Zustellgeschäft in Deutschland auf geschätzte 15 bis 25 Prozent ausgebaut. UPS macht in den USA zwar immer noch 11,8 Prozent des Umsatzes mit dem Onlinekaufhaus, doch Amazon betreibt auch in den USA ein eigenes großflächiges Logistiknetz.

Sparmaßnahmen der eigenen Firmenkunden treffen UPS
Beim weltgrößten Paketdienst UPS klagt man zudem über eine wachsende Sparsamkeit der eigenen Firmenkunden: Viele begnügten sich mit dem langsameren Versand über den Landweg statt des teureren Flugzeugtransports. Manche räumten ihren Kunden außerdem stärker die Option ein, die Produkte online zu bestellen und im Laden abzuholen. Die Lieferdienste gehen in solchen Fällen leer aus.

UPS büßte an der Börse nach den Ankündigungen am Dienstagabend gut 8,5 Prozent des Aktienwerts ein, DHL konnte sich von einem kurzen Kursrückgang am Mittwoch weitgehend erholen.

Quelle:
Handelsblatt

Schreibe einen Kommentar