Hapag-Lloyd warnt vor Milliardenverlust und kürzt Dividende stark

Auf Deutschlands größte Reederei könnte nach Rekorden im Vorjahr ein verlustreiches 2024 zukommen. Der Konzern warnt vor einem volatilen Umfeld – und hat schlechte Nachrichten für Anleger.

Deutschlands größter Reederei Hapag-Lloyd könnten 2024 Verluste von bis zu einer Milliarde Euro drohen. Das erklärte Rolf Habben Jansen, Vorstandschef des Hamburger Containertransporteurs, bei Vorlage der Zahlen für das abgelaufene Jahr. Besonders die Angriffe auf Frachtrouten machen das Geschäft für die Branche derzeit kaum kalkulierbar.

Laut Habben Jansen könnte es am Jahresende daher ebenso für einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von einer Milliarde Euro reichen. „Das wirtschaftliche und politische Umfeld bleibt volatil und herausfordernd“, begründet der Niederländer die große Prognose-Spannbreite, „insbesondere mit Blick auf die aktuelle Situation rund um das Rote Meer.“

Im Weihnachtsquartal 2023 hatte Hapag-Lloyd zum ersten Mal seit 2016 operativ wieder einen Verlust eingefahren – im November starteten die jemenitischen Huthi-Rebellen ihre Angriffe auf Containerschiffe. Den Verlust hat das Unternehmen am Donnerstag mit 251 Millionen US-Dollar beziffert, nach einem Gewinn von 3,3 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum.

Dividende sinkt erheblich
Unterm Strich ist Hapag-Lloyd im vergangenen Jahr ein Gewinn von 3,2 Milliarden US-Dollar (3,0 Milliarden Euro) geblieben. 2022 hatte die Reederei noch einen Fabelgewinn in Höhe von 18 Milliarden Dollar gemeldet, nachdem Transportengpässe während der Coronapandemie die Frachtraten zeitweise um das Fünffache ansteigen ließen.

Nun reagieren die Hamburger auf den Gewinneinbruch und streichen die Dividende zusammen. Statt 63 Euro wie im vergangenen Jahr soll es nur noch 9,25 Euro pro Anteilsschein geben. Die Gesamtausschüttung von 1,6 Milliarden Euro entspricht rund der Hälfte des Nettogewinns. Der Aktienkurs lag in der Folge im Mittagshandel rund 2,5 Prozent im Minus.

Ausgewählte Geschäftszahlen hatte die Reederei bereits Ende Januar als „vorläufig“ veröffentlicht und nun bestätigt. Danach halbierte sich der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr nahezu auf 17,8 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) lag bei nur noch 2,5 Milliarden Euro, ein Siebtel des Vorjahreswerts von 17,5 Milliarden Euro.

Auch Wettbewerber Maersk zeigt Schwäche
Schon Mitte Februar hatte der dänische Wettbewerber Maersk die Stimmung in der Seefahrtbranche getrübt. Im vierten Quartal 2023 sei das Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) auf 839 Millionen Dollar abgesackt, teilte die weltweit zweitgrößte Containerreederei mit. Ein Jahr zuvor waren es dank der Corona-Sonderkonjunktur noch 6,54 Milliarden Dollar gewesen.

Für das Gesamtjahr 2024 rechnen die Dänen im Negativfall nur noch mit einem Ebitda von einer Milliarde Dollar, Analysten befürchten einen Nettoverlust.

Die Angriffe der Huthi-Milizen auf Handelsschiffe im Roten Meer führten im Dezember 2023 zunächst dazu, dass sich die Frachtraten weltweit verdoppelten. Viele Frachtanbieter hatten mit Kapazitätsengpässen gerechnet und das eingepreist. Denn nahezu sämtliche Reedereien haben bei ihrer Fahrt von Asien nach Europa einen sicheren Umweg über das Kap der Guten Hoffnung eingeschlagen, statt wie üblich den Suezkanal zu nutzen. Dadurch verlängert sich die Transportzeit um durchschnittlich zehn Tage. Dabei fahren viele Schiffe – auch die von Hapag-Lloyd – schneller, um die Zeit wieder aufzuholen. Das steigert den Verbrauch von Treibstoff und damit die Kosten.

Allerdings war die Nachfrage schwächer als angenommen, da sich Importeure angesichts der schwachen Weltwirtschaft mit Aufträgen zurückhalten. Daher sinken die Frachtraten der Container-Reedereien seit Jahresbeginn. Aktuell liegen sie aber noch 57 Prozent über dem Stand von Mitte November.

Kapazitäten wachsen erheblich
Für die Containerreedereien kommt erschwerend hinzu, dass die weltweite Flotte aufgrund voller Orderbücher bei den Werften erheblich wächst. Nachdem die Transportkapazitäten schon 2023 um acht Prozent zulegten, kommen nach Berechnungen der Strategieberatung Accenture in diesem Jahr sieben bis zehn Prozent hinzu, 2025 weitere fünf Prozent.

Das Wachstum beim Transportvolumen kommt da nicht hinterher. Im vergangenen Jahr legte es gerade einmal um 0,4 Prozent zu, 2024 rechnen Analysten mit maximal drei bis vier Prozent. „Die Frachtraten werden deshalb 2024 deutlich sinken“, erwartet Hapag-Chef Habben Jansen.

In der vergangenen Woche beließ die US-Bank JP Morgan die Einstufung für Hapag-Lloyd auf „Untergewichten“. Analyst Samuel Bland nannte dabei ein Kursziel von 70 Euro. Am Donnerstag notierten die Papiere, von denen sich lediglich 3,6 Prozent im freien Handel befinden, bei 132,50 Euro – und damit zwei Prozent unter dem Vortag.

Großaktionäre von Hapag-Lloyd sind mit je 30 Prozent die chilenische Reederei CSAV und der Schweizer Speditionsmilliardär Klaus-Michael Kühne. Weitere Anteilspakete halten neben der Stadt Hamburg die Staatsfonds von Katar und Saudi-Arabien.

Quelle:
Handelsblatt

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