Wenn der Impfstoff per Drohne kommt

Covid-19-Impfstoff wird überall auf der Welt gebraucht – auch in abgelegensten Gegenden. Bei der Lieferung könnte eine neue Generation von Lastendrohnen helfen.

Sie starten wie ein Hubschrauber senkrecht in die Luft, drehen die Rotoren, um dann weiterzufliegen wie ein Propellerflugzeug. Der neue Wingcopter 198 kann bei bis zu 75 Kilometern Reichweite drei Pakete an verschiedenen Orten mit einer Seilwinde absetzen. Mit einer Geschwindigkeit von 150 Kilometern in der Stunde wird auch das unwegsamste Gelände überflogen. Ersatzteile, Medikamente oder Lebensmittel – die Spezialdrohne mit einer maximalen Traglast von sechs Kilogramm bringt es an ihr Ziel.

Innovative Technik, nicht ganz billig

Der Akku ist bei der Drohne für einen Großteil des Gewichts verantwortlich. Dieser elektrische Antrieb sei aber in Bezug auf Effizienz und Ökologie die nachhaltigste Lösung auf dem Markt. Auch die Wartung sei deutlich kostengünstiger und bei weitem nicht so komplex wie bei einem Verbrennungsmotor, sagt Thomas Dreiling, bei Wingcopter für die Pressearbeit zuständig.Die Existenzgründer aus Darmstadt-Weiterstad schreiben über ihr Produkt: „Damit ist der ‚Wingcopter 198‘ die optimale Lösung für jede Lieferflotte auf der mittleren und letzten Meile, insbesondere in ländlichen Gebieten und schwer zugänglichen Orten wie Inseln und Bergregionen – oder für die Lieferung von dringend benötigten Gütern auf Offshore-Plattformen sowie auf Schiffe.“

Die Idee kam beim sozialen Jahr in Ghana

Kennengelernt haben sich die Gründer der Wingcopter GmbH an der Technischen Universität Darmstadt. Der 30-jährige CEO von Wingcopter, Tom Plümmer, kam aber nicht während seines Studiums der digitalen Medien auf die Unternehmensidee, sondern bei einem sozialen Jahr, das er in Ghana verbrachte. Dort erkannte er die Chancen für Drohnen beim Transport von Medikamenten in entlegene Dörfer.Sein Partner Jonathan Hesselbarth kümmert sich um die technische Seite. Geholfen hat ihnen am am Anfang ein Start-up-Programm der Darmstädter Firma Merck. Jetzt kooperieren sie unter anderem mit dem Logistikkonzern UPS. In einer großen Fabrikhalle in Darmstadt bauen inzwischen 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Drohnen aus Kohlefaser.Gemeinsames Projekt mit UNICEFIn Malawi gibt es jetzt ein Projekt mit der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit und UNICEF, um Medikamente auszuliefern. „Dort bieten wir auch zusammen mit der African Drone & Data Academy von UNICEF eine Operator-Ausbildung an“, erklärt Dreiling. „Wir haben dort schon einige Drohnen-Piloten nach der Ausbildung übernommen, die jetzt für uns arbeiten. Somit schaffen wir durch die Weitergabe von Wissen lokale Berufsperspektiven und gute Einkommensquellen in einem neuen und schnell wachsenden Wirtschaftszweig.“ Militärische Projekte kämen für sie aus moralischen Gründen nicht in Frage, betont Plümmer.Schlechtes Wetter soll die batteriebetriebene Drohne wenig stören. Dabei fliege sie so automatisch, dass ein Operator bis zu zehn solcher Drohnen gleichzeitig steuern könne, so Dreiling. „Die Drohnen sind mit einem Künstlicher-Intelligenz-basierten ‚Detect and Avoid‘-System ausgestattet, sie erkennen also Hindernisse wie Helikopter oder Segelflugzeuge und weichen auch selbstständig aus. Die Flugroute wird vorab programmiert. Die Drohne fliegt sie automatisch ab.“

Hoher Konkurrenzdruck aus Übersee

Die Konkurrenz gerade aus den USA ist groß. So arbeitet auch Amazon an einem eigenen Lastendrohnen-Projekt. Dabei sind die großen Logistiker noch zurückhaltend, denn die Zuladung vieler Drohnen – auch des Wingcopters – ist gering und die behördliche Zulassung langwierig. Aber wenn der alternative Weg über Land schwierig ist, steigen auch jetzt schon die die Chancen für die Wingcopter.In Japan plant die Firma mit der Muttergesellschaft der Fluggesellschaft ANA ein Liefernetz für entlegene Gegenden. Dabei wird vermutlich auch helfen, dass die Drohne elektrisch fliegt. Drohnen mit Verbrennungsmotoren würden von vielen Zulassungsbehörden aus Sicherheitsgründen für dicht besiedelte Regionen als sehr kritisch angesehen.Impfstofflieferungen als weitere ChanceMit der Corona Pandemie und den weltweiten Impfungen findet der Wingcopter noch mehr Aufmerksamkeit. Er kann schnell Impfstoff in entlegene Gebiete bringen, bevor die Kühlfristen auslaufen. Das Unternehmen sei in fortgeschrittenen Gesprächen mit mehreren Ländern in Afrika und Südostasien sowie mit Herstellern von Covid-19-Impfstoffen, um dort Vakzine fristgerecht zu transportieren.Wingcopter möchte langfristig drohnenbasierte Liefernetzwerke nachhaltig aufbauen. „Wir können sie so nach der Pandemie alternativ nutzen. Wie eine Luftbrücke können die Wingcopter nach den Impfstoffen auch andere dringend benötigte Güter wie Medikamente oder Werkzeuge ausliefern und so die Grundversorgung im ländlichen Raum deutlich verbessern“, so Dreiling.

Quelle:
Xing

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