Geplante Übernahme von Adler: Der Zeitfracht-Geschäftsführer macht jetzt Mode

Der Geschäftsführer der Zeitfracht-Gruppe wagt sich in das Geschäft mit Konsumenten. So überraschend die geplante Adler-Übernahme wirkt: Sie hat eine gewisse Logik

Firmen zu retten, die in unruhiges Fahrwasser geraten sind – das ist eine der Leidenschaften von Wolfram-Simon Schröter. Risiko gehört für den Geschäftsführer und Finanzchef der Zeitfracht-Gruppe, der auch mit der Gesellschafterin Jasmin Schröter verheiratet ist, zur Strategie.

Doch das neueste Vorhaben des 40-Jährigen hat es in sich: Zeitfracht wird wahrscheinlich neuer Eigentümer der insolventen Modekette Adler. Zeitfracht wäre dann alleiniger Eigentümer, Adler würde von der Börse genommen.

Am Montagabend teilte Adler mit, man sei „in fortgeschrittenen Verhandlungen“ über ein verbindliches Übernahmeangebot. Zeitfracht will sich bisher nicht zu dem Thema äußern. Noch fehlt das Votum der Gläubigerversammlung, auch das Kartellamt muss zustimmen. Doch im Umfeld des Unternehmens werden die Pläne grundsätzlich bestätigt.

Schröter und sein Team expandieren damit in ein unbekanntes Terrain. Zwar kennt sich Zeitfracht im Handelssektor aus. Das Kerngeschäft der Gruppe ist aber die Logistik, also die Belieferung des Handels und der Händler. Ein wichtiger Bereich ist die Versorgung des Buchhandels. Erfahrung im direkten Geschäft mit den Konsumenten hat Zeitfracht bislang nicht.

Dennoch: So überraschend die Transaktion auf den ersten Blick wirkt, sie hat eine gewisse Logik. Adler ist auf Mode für über 50-Jährige spezialisiert. Der Vorstand der börsennotierten Modekette hat den monatelangen Lockdown dafür verantwortlich gemacht, dass er im Januar Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden musste. In der Branche heißt es, dass die Firma aber auch einige hausgemachte Probleme hat, etwa ein kaum vorhandenes Online-Geschäft sowie nicht mehr zeitgemäße Logistikstrukturen.

Sofern alles planmäßig verläuft, könnte das Insolvenzverfahren schon Ende August beendet werden, wie Adler Modemärkte am Dienstag mitteilte. Übernehmen will Zeitfracht auch die Tochtergesellschaften in Österreich, der Schweiz und Luxemburg.

Adler soll sein Online-Geschäft ausbauen
An diesen Punkten will Zeitfracht nach Informationen aus dem Umfeld des Familienunternehmens ansetzen. Adler soll stärker auf den hybriden Handel ausgerichtet werden, also den Verkauf vor Ort und im Internet. Die über 50-Jährigen besäßen eine gewisse Online-Affinität, in der Pandemie sei diese noch gestiegen, heißt es.

Zeitfracht betreibt in Erfurt ein Logistikzentrum und liefert von dort online bestellte Bücher aus. Das Unternehmen hilft zudem Buchhändlern dabei, einen Online-Shop aufzubauen. Von diesen Erfahrungen soll Adler profitieren.

In der Logistik besitzt Zeitfracht ohnehin jahrzehntelange Erfahrung. Es bietet mit 3700 Mitarbeitern Logistikleistungen auf der Straße, dem Wasser und in der Luft an. Mit German Airways betreibt das Unternehmen auch eine kleine Airline.

Der Umsatz der Gruppe betrug im vergangenen Jahr über 600 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag zwischen fünf und sechs Prozent des Umsatzes. Die Coronakrise hat die Gruppe ohne staatliche Hilfen durchgestanden.

Gelingt die Übernahme von Adler, könnte es für die rund 150 Filialen und 3200 Mitarbeiter wieder eine bessere Perspektive geben. Der Vorstand von Adler wollte ursprünglich 52 Filialen schließen. Den Plänen von Zeitfracht zufolge sollen es signifikant weniger werden, wie zu hören ist. Offen ist hingegen noch, ob und wie lange das bisherige Adler-Management an Bord bleiben wird.

Quelle:
Handelsblatt

Schreibe einen Kommentar