DB-Bahn-Vorstand spricht in internem Video aus, was Millionen Kunden denken

Im April waren die Fernzüge der Bahn so unpünktlich wie seit sieben Jahren nicht mehr. Der Hauptgrund: zu viele Baustellen auf zu vielen Strecken. Das nervt – und zwar nicht nur die Kunden. In einem Video bezeichnet der Cargo-Vorstand die Situation als „fast schon nicht mehr beschreiblich“.

Die Fernzüge der Deutschen Bahn haben sich im April so oft verspätet wie lange nicht. Die ICE- und Intercity-Züge kamen in 69,1 Prozent der Fälle pünktlich, wie das Unternehmen Anfang des Monats mitteilte. Das bedeutet, dass sie ihre planmäßige Ankunftszeit jeweils weniger als sechs Minuten überschritten. Eine geringere Pünktlichkeitsquote in einem Monat hatte es zuletzt im Juli 2015 gegeben.

Ein Bahnsprecher führte die Verschlechterung hauptsächlich auf Baustellen zurück. In Schienen und Bahnhöfe fließe in diesem Jahr die Rekordsumme von 13,6 Milliarden Euro. „Im April hat die Bahn im Schwerpunkt an besonders stark befahrenen Strecken gebaut.“

DB-Cargo-Vorstand: „Situation kaum noch beherrschbar“
Das sorgt nicht nur bei Bahn-Kunden für Missmut, wie jetzt ein Video zeigt, das die „Wirtschaftswoche“ veröffentlicht hat. Darin spricht der Produktionsvorstand von DB Cargo – also der Bahn-Tochter für den Güterverkehr – schonungslos über die offenbar massiven Probleme im Schienennetz. ( Hier können Sie sich das Video anschauen .) „Wir sind in einer Situation, die ist fast schon nicht mehr beschreiblich“, erklärt Ralf Kloß an seine Mitarbeiter gerichtet. Das Unternehmen sei derzeit so stark von Baumaßnahmen und Störungen betroffen, „das wir das kaum noch beherrschen können“, führt der Vorstand aus. Eine solche Situation habe er in 40 Jahren bei der DB Cargo noch nicht erlebt.

Dass die Mitarbeitenden dennoch ihr Möglichstes täten, sich „mit viel Einsatzkraft und Willen gegen das drohende Chaos, gegen den kompletten GAU auf unserem Produktionssystem stemmen“, dafür dankt der Vorstand der Belegschaft. Trotzdem reiche es vorne und hinten nicht. Dabei hätte man bereits zusätzliche Loks angemietet und die zu transportierende Menge an Waren reduziert. Entsprechend denke man inzwischen über weitere „sehr, sehr radikale Maßnahmen“ nach. Was er darunter versteht, erklärt Kloß nicht. Er betont aber: Dies sei erst der Beginn. „Die großen Bauthemen stehen noch vor uns.“ Die Bahn müsse sich dafür wappnen.
„Zusätzlich wirkten sich auch die andauernden Grenzkontrollen negativ auf die Pünktlichkeit aus“, sagte der Sprecher.

Dabei zählte die Bahn in den Osterferien erstmals wieder so viele Fahrgäste wie vor der Corona-Pandemie. Allein von Gründonnerstag bis Ostermontag waren im Fernverkehr 1,8 Millionen Menschen unterwegs, 20 Prozent mehr als zu Ostern 2019. Durchschnittlich waren ICE- und IC-Züge nach Unternehmensangaben zu 54 Prozent ausgelastet, wobei zusätzlich Sonderzüge eingesetzt wurden.

Bahn sieht Investitionsstau von 60 Milliarden Euro
Für das Gesamtjahr hat sich der Konzern vorgenommen, eine Pünktlichkeitsquote von 80 Prozent im Fernverkehr zu erreichen. 2021 waren es im Schnitt etwas mehr als 75 Prozent bei den ICE- und IC-Zügen. Der Konzern erwartet, dass viele Baustellen die Züge noch einige Jahre ausbremsen werden. Er beziffert den Investitionsstau in der Infrastruktur auf knapp 60 Milliarden Euro. Für 2030 liegt das Pünktlichkeitsziel bei 85 Prozent.

Quelle:
Focus

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