Hupac: Knappe Kapazität geschickter nutzen

Im hoch belasteten System des Kombinierten Verkehrs in Europa stecken noch mindestens 20 Prozent Kapazitätsreserven. Das schätzt Hans-Jörg Bertschi, Präsident des Verwaltungsrates beim Schweizer Kombioperateur Hupac. Dafür müssten sich allerdings insbesondere die verladende Wirtschaft und die Umschlagterminals auf einen 7/24-Betrieb einlassen, sagte Bertschi am Mittwoch auf der Bilanzpressekonferenz Hupacs in Zürich: „Wir müssen weg vom Mittwoch/Donnerstag-Peak.“

Allerdings ist auch Bertschi klar, dass sich dieses Ziel so schnell nicht erreichen lässt. Kapazität wird auf absehbare Zeit knapp bleiben – angesichts des erhofften Mengenwachstums drohen sogar verschärfte Engpässe. Hupac begegnet dem mit der Strategie, die Resilienz gegen Störungen zu stärken. Möglichst reibungslose Verkehre seien schließlich die beste Art und Weise, knappe Ressourcen zu nutzen, stellt CEO Michail Stahlhut trocken fest.

Höhere Resilienz soll Wachstum sichern
Um resilienter zu werden, will Hupac „prioritär und kurzfristig“ die Anzahl der Waggons für Reserve-Zugkompositionen um 50 Prozent erhöhen. Damit stünden dann 12 Prozent der über 8.000 Wagen zur Verfügung, um Störungen im Betriebsablauf zu glätten. Auch das Lokführerteam, das Hupac für Ad-hoc-Einsätze bei Ausfällen unter Vertrag hält, soll aufgestockt werden. Zudem laufen ehrgeizige Investitionsprogramme, um zusätzliche Terminalkapazität vor allem in Norditalien, aber auch in Polen und in Deutschland zu schaffen.

Bei der erhofften höheren Qualität setzt sich der Operateur ehrgeizige Ziele: 90 Prozent der Züge sollen pünktlich sein. 40 Prozent mehr Verkehre als 2021 will Hupac 2026 auf die Schiene bringen – auch mit Hilfe von über 1.000 weiteren Wagen, die bis dahin vor allem gekauft, aber auch gemietet werden sollen.

Geld fließt auch in die digitale Transformation. „Die Kunden erwarten heute, dass die Milestones und ETA-Daten ihrer Aufträge über die gesamte intermodale Kette lückenlos, fehlerfrei und in Echtzeit digital zur Verfügung gestellt werden“, sagt Stahlhut. Deshalb beteiligt sich Hupac auch an dem Konsortium EDIGES, das sich die Standardisierung der Datenformate im Kombinierten Verkehr zum Ziel setzt. „Kein Lkw-Fahrer soll mehr umsonst zum Terminal fahren müssen, nur weil er eine veraltete Abholzeit vorliegen hat“, stellt Stahlhut klar – „das kostet nur Geld und vergeudet Ressourcen.“

Ein wichtiger Ansatz für mehr Resilienz ist für Hupac auch das Aufbohren des Rheinachsen-Nadelöhrs zwischen Karlsruhe und Basel. „Der Ausbau wird sich bis weit nach 2040 hinziehen – deshalb mussten wir aktiv werden“, sagte Bertschi. Mittlerweile hat das Schweizer Parlament den Auftrag erteilt, mit der Regierung Frankreichs über eine Ertüchtigung der Ausweichstrecke Straßburg–Basel zu verhandeln. 500 Millionen Franken stehen dafür zur Verfügung.

Korridormanagement verbessern
Das Projekt ist aber aus Hupacs Sicht eingebettet in ein effektiveres Korridormanagement in der EU. Die Stakeholder müssten ihr nationales Denken „noch konsequenter überwinden und eine Korridorperspektive mit Fokus auf die Anforderungen des Güterverkehrs einnehmen“. Begleitet werden müsse das durch eine Reihe politischer Maßnahmen:

  • Vernetzung der TEN-T-Güterverkehrskorridore zur Erhöhung der Resilienz
  • Sicherstellung der Güterverkehrskapazitäten durch eine internationale Netz-Nutzungsplanung
  • Integriertes Betriebsmanagement auf stark belasteten Korridoren, inklusive Planung der Bauarbeiten in internationaler Abstimmung und unter Berücksichtigung der Marktbedürfnisse
  • Priorität für den Güterverkehr auf langen Distanzen bei Betriebsstörungen und Unterbrüchen
  • Langfristig angelegte Förderkonzepte für den Kombinierten Verkehr.

Verlagerung in der Schweiz funktioniert
Die Finanzspritze für die Bahninfrastruktur in Frankreich dürfte der Schweizer Regierung auch deshalb leichter fallen, weil die Verlagerung auf die Schiene funktioniert. 2021 wurden über 11 Prozent mehr Sendungen auf der Schiene durch die Schweiz gefahren – das Volumen auf der Straße ging gleichzeitig um mehr als 3 Prozent zurück. Die Schiene bringt es damit auf einen Marktanteil von 75 Prozent. Betrachtet man den reinen Transitverkehr, sind es sogar über 80 Prozent.

Auch der heimische Großoperateur hat 2021 geliefert. Sendungen, Umsatz, Gewinn: Alles lag bei Hupac im Plus. Das gilt auch für die Business Unit „Company Shuttle“, die mit 25,4 Prozent besonders dynamisch wuchs. 127.300 Sendungen wurden hier befördert. Was Stahlhut besonders freut: „Viele Sendungen kommen neu auf die Schiene“ – werden also nicht aus dem Geschäftsfeld Shuttle Net abgezogen.

Der Umsatz der Hupac Gruppe stieg 2021 um über 14 Prozent auf den bisherigen Spitzenwert von 682 Millionen Franken. Daraus resultierte ein Jahresgewinn von 12,4 Millionen Franken. Für 2020 hatte der Operateur noch einen Verlust von 2,5 Millionen Franken ausgewiesen. Die Investitionen fielen mit gut 27 Millionen Franken über 40 Prozent niedriger aus als 2020 – laut Hupac wurden Investitionsvorhaben „wegen der Corona-Ungewissheit“ verschoben.

Im laufenden Jahr werden die Zahlen allerdings vermutlich bescheidener ausfallen. Im ersten Quartal stieg das Volumen noch um 4 Prozent. „Der Krieg in der Ukraine, erneute Disruption der globalen Lieferketten infolge der aktuellen Corona-Situation in China und die anstehenden Zinserhöhungen wegen der hohen Inflation machen 2022 zu einem herausfordernden Jahr“, räumt Verwaltungsratschef Bertschi ein. Er erwarte aber dennoch ein „Verkehrswachstum im einstelligen Prozentbereich und ein positives Geschäftsergebnis“.

Quelle:
DVZ

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