EU fördert 135 Verkehrsprojekte mit 5,4 Milliarden Euro

Bahnunternehmen in Deutschland bekommen gut 21 Millionen Euro aus dem EU-Förderinstrument Connecting Europe Facility (CEF), um Cargo-Lokomotiven mit Bordtechnik für das europäische Zugleit- und managementsystem ERTMS (Level 2 Baseline 3) ausrüsten zu können. Drei solcher Vorhaben gehören zu den 135 Verkehrsprojekten, die von der EU-Kommission aus 399 Anträgen zur Förderung ausgewählt wurden. Sie werden mit Zuschüssen in Höhe von insgesamt 5,4 Milliarden Euro unterstützt, gab EU-Verkehrskommissarin Adina Valean bei den Connecting Europe Days in Lyon bekannt.

540,5 Millionen Euro fließen aus CEF in den Bau des Fehmarnbelt-Tunnels, der Deutschland und Dänemark verbinden soll. 105, 8 Millionen Euro werden für den Ausbau der Bahnstrecke Emmerich – Oberhausen auf dem Abschnitt Voerde – Dinslaken zur Verfügung gestellt und 132 Millionen Euro für die Bahnanbindung des Stuttgarter Flughafens an die Bahnstrecke Stuttgart – Wendlingen. Bei den meisten geförderten Vorhaben in Deutschland und in den anderen EU-Staaten handelt es sich um Bahnprojekte. Alle Projekte gehören zum transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-V), dessen Kern bis 2030 auf einen bestimmten Standard gebracht werden soll. Das Gesamtnetz soll bis 2050 ausgebaut sein.

Nächste Ausschreibung am 13. September
Zwischen 2021 und 2027 stehen in CEF insgesamt 25,8 Milliarden Euro für die Förderung von Verkehrsprojekten zur Verfügung. Wie in Lyon bekannt wurde, wird die nächste Ausschreibung am 13. September veröffentlicht. Anträge können dann bis zum 12. Januar 2023 eingereicht werden.

Es gehe darum, Lücken im TEN-V zu schließen, den Verkehr nachhaltiger und effizienter zu machen, die Sicherheit und die Interoperabilität der Verkehrsträger zu verbessern, sagte Valean. „In den herausfordernden Zeiten, in denen wir leben, ist die Transportbranche noch wichtiger geworden und wir brauchen gute Verkehrsverbindungen, die reibungslosen Transport ermöglichen.“

45 Millionen Euro für Terminal nahe der ukrainischen Grenze
Bessere Verbindungen zur von Russland überfallenen Ukraine will die EU-Kommission etwa durch den Ausbau des Interport-Umschlagterminals Haniska pri Kosiciach in der Slowakei herstellen. Mit gut 45 Millionen Euro fördert sie die Vergrößerung des Straße-Schiene-Umschlagterminals bei Kosice in der Nähe der Grenzen zur Ukraine und zu Ungarn. Es kann bereits jetzt von Zügen sowohl mit mitteleuropäischer- als auch mit ukrainischer Spurbreite angefahren werden. Die erhöhte Umschlagkapazität in Kosice soll Exporte, etwa von Agrarprodukten, aus der Ukraine erleichtern.

Straßenverkehrsabkommen mit Moldau und Ukraine
Um Lkw-Transporte in die und aus der Ukraine einfacher zu machen, hat die EU mit der Ukraine, ebenso wie mit Moldau, ein Straßengüterverkehrsabkommen geschlossen. Vorübergehend brauchen Transportunternehmen aus den beiden Ländern keine Genehmigungen mehr, um Güter in die EU zu bringen oder dort abzuholen. Gleiches gilt für EU-Unternehmen, die in die Ukraine oder nach Moldau fahren. Kabotagerechte werden durch die Vereinbarung nicht gewährt.

Valean unterzeichnete das Abkommen in Lyon für die EU, für die Ukraine unterschrieb Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakow, für Moldau Infrastrukturminister Andrei Spinu. Die Regelung gilt für die Ukraine zunächst bis zum 30. Juni 2023, für Moldau bis zum 31. März 2023. Eine Verlängerung ist möglich, wenn sich beide Seiten darauf verständigen. Da die Ukraine und Moldau EU-Beitrittskandidaten seien, könnten die Abkommen „ein erster Schritt“ zu dauerhaft engeren Verkehrsbeziehungen sein, sagte Valean.

EU-Kommission will Verkehrskorridore verlängern
Auch die derzeit neun transeuropäischen Verkehrskorridore sollen künftig erweitert werden, um die Ukraine und Moldau anzubinden, kündigten Kommissionsvertreter in Lyon an. Als Vorbereitung darauf wurde ein weiteres Abkommen unterzeichnet, mit dem wichtige Straßen, Bahnstrecken und zwei Binnenwasserstraßen in die vorläufigen TEN-V-Karten aufgenommen werden. Ein Zugang zu CEF-Fördermitteln ist mit diesem Schritt nicht verbunden. Allerdings würden die Karten von internationalen Finanzinstitutionen als Referenz verwenden und könnten so eine Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur etwa durch Europäische Investitionsbank oder die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) erleichtern, sagten Kommissionsvertreter. Wenn es an den Neubau von Bahnstrecken geht, sei sie bereit, über eine Angleichung von Spurweiten zu reden, erklärte Valean. Die unterschiedlichen Spurweiten hätten sich als Engpass erwiesen.

Über 350 Brücken sind zerstört
Laut Kubrakow sind in der Ukraine über 300 Straßenbrücken, rund 50 Eisenbahnbrücken und 25 Bahnhöfe zerstört. Etwa die Hälfte der Straßenbrücken sei durch Behelfslösungen ersetzt. „Nahezu jeder Seehafen ist von Russland attackiert worden“, sagte der Minister. Die Regierung versuche aber, die Wirtschaft ans Laufen zu bringen und Verbindungen zwischen Regionen und Unternehmen aufrecht zu halten. „Die Hauptarterien funktionieren“, sagte Kubrakow. „Es ist äußerst wichtig, dass wir exportieren können“.

Um den Landtransport von Getreide und anderen Gütern zu beschleunigen, habe man an Grenzübergängen mehr Spuren gebaut und neue Übergänge nach Rumänien und Moldau eröffnet. Durch die Beschaffung von Schnell-Scannern, mehr Personal für Zoll- und phytosanitäre Kontrolle und die Vereinfachung von Verfahren könne man versuchen, die Wartezeiten an den Grenzen zu verkürzen.

Seeweg weiter nicht als Option gesehen
Weder Kubrakow noch Kommissionsvertreter sprachen bei den Connecting Europe Days darüber, die Seerouten aus ukrainischen Häfen durch das Schwarze Meer wieder zu nutzen, etwa unter Begleitschutz von rumänischen oder bulgarischen Kriegsschiffen. Henrik Hololei, Generaldirektor für Verkehr bei der EU-Kommission, räumte zwar ein, dass mit Lkw, Zug oder Binnenschiff nicht die Gütermengen transportiert werden können wie mit Seeschiffen. Eine von anderen Konferenzteilnehmern in Lyon ins Gespräch gebrachte Wiedereröffnung der Seerouten wäre sehr wünschenswert, aber „sehr gefährlich“, sagte Hololei auf eine Frage der DVZ. „Wir sollten nicht darauf bauen“, so der Generaldirektor. „Wer, der noch alle Sinne beisammen hat, würde den Russen trauen?“

Quelle:
DVZ

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