Terminals müssen aktive Rolle übernehmen

Angesichts aus dem Takt geratener Lieferketten kommt Terminals im Inland eine größere Bedeutung bei der Sicherung des Nachschubs für Handel und produzierendes Gewerbe zu. Auch für die Verlagerung von Transporten auf die Schiene leisten sie einen zunehmenden Beitrag. Zu diesem Ergebnis kamen Referenten sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer der zweitägigen Logistik-Fachtagung, zu der die International Rail Freight Business Association (IBS) am 23. und 24. Juni nach Wien eingeladen hatte.

Plädoyer für höhere Effizienz
Jochen Weber, Leiter des Verkehrsbereich „Intermodal“ der international tätigen Gartner Transportgruppe in Lambach (Österreich), sieht in den Betreibern der Schnittstellen zwischen der Schiene und anderen Verkehrsträgern die eigentlichen „Gamechanger“ für den europaweiten „Schienengüterverkehr 3.0“ und für nachhaltige Verkehrsverlagerung. Um die Rolle ausfüllen zu können, müssten Terminals und Railhubs leistungsfähiger sein. Dazu gehört nach Ansicht Webers neben dem Rund-um-die-Uhr-Betrieb (24/7/365) in erster Linie die Notwendigkeit, Auslastungsrisiken für Güterzüge und intermodale Netzwerke zu übernehmen.

Terminals im Eigentum von Tochterunternehmen der Staatsbahnen sprach Weber diese Qualitäten ab. Zumindest bisher hätten sie auch nicht die Bereitschaft gezeigt, sich in dieser Richtung weiterzuentwickeln. Mangelnder Effizienzdruck auf die aktuell unzureichend privatisierte Terminallandschaft in Europa führe zu Organisationsmängeln, die bereits seit Längerem übermäßige Wartezeiten der Lkw im Vor- und Nachlauf verursachten. Das habe zu einem massiven Kostenschub im intermodalen Verkehr geführt. Gleichzeitig verschärfe sich der Fahrermangel, auch weil der Beruf einmal mehr an Attraktivität verliere. Eine nachhaltige Trendwende hin zu leistungsfähigem Schienengüterverkehr sei weniger durch Güterbahnen und Netzbetreiber als nur durch neue Geschäftsmodelle der Terminals als Schnittstellenbetreiber zu erreichen. Nachdrücklich sprach sich Weber für eine privatwirtschaftlich organisierte Terminallandschaft aus.

CT Enns arbeitet nach eigenen Zielgrößen
Das Container Terminal Enns, zu 51 Prozent im Eigentum einer Tochter des holzverarbeitenden Betriebs Kaindl und zu 49 Prozent im Eigentum der Deutschen Bahn, orientiert sich an selbst gesetzten Effizienzvorgaben. Danach darf die Lkw-Abfertigung nicht länger als 25 Minuten dauern, ein Zug nicht länger als fünf bis sechs Stunden im Terminal stehen, müssen 25 Container pro Stunde und Kran umgeschlagen werden und die Boxen „4 + 1“ gelagert werden. Zwei Stunden vor Ankunft des Zuges sollen die Beteiligten über die erforderlichen Verlade-Informationen verfügen.

Managing Director Otto Hawlicek sieht die Herausforderung für Infrastrukturbetreiber und EVU darin, einen permanenten, nur leicht verzögerten Verkehrsfluss herzustellen, obwohl auf beiden Bahnfrachtkorridoren RFC 1 Rhein – Alpen und RFC 3 Skandinavien – Mittelmeer parallel gebaut wird. Ladungsstaus in den Nordsee- und Mittelmeerhäfen führten zu Verzögerungen von bis zu 20 Stunden im Eisenbahnbetrieb. Das lasse bei KV-Nutzern die Nachfrage nach Abstellmöglichkeiten in Hinterlandterminals steigen. Als Gateway mit vier Portalkränen biete das Containerterminal Enns zwar Platz für 8.500 TEU, und Zwischenlagerung gehöre zum Anlagenkonzept. Personalmangel führe allerdings manchmal zu Engpässen, sodass die Umschlagkapazität nicht voll genutzt werden kann. So fehlten zum Beispiel Leute zur Bedienung der Reachstacker.

Um dem eigenen Anspruch auch künftig gerecht werden zu können, befürwortet Hawlicek die Erweiterung des Terminals um 3 auf dann 13 Gleise. Der Vorbahnhof des Terminals mit 6 Gleisen sei ständig ausgelastet.

Multifunktionale Terminals vernetzen sich
Unterdessen nehmen multifunktionale Terminals (MFT) eine aktivere Rolle beim Aufbau von Verkehrsverbindungen ein. Olaf Krüger, Inhaber der Verkehrsberatung Future Rail Freight und IBS-Vorstandsmitglied, beobachtet bei den Umschlagdienstleistern Bestrebungen zur Vernetzung sowie die Bereitschaft zur Übernahme von Operator-Funktionen. 14 Betreiber beteiligten sich bereits an einer Initiative zur Vernetzung, acht weitere hätten ihr Interesse bekundet. Die multifunktionalen Terminals sollen Einzelwagen- und Wagengruppentransporte sowie einzelne Sendungen des Kombinierten Verkehrs empfangen oder versenden, aber nicht in Konkurrenz zu etablierten großen KV-Umschlaganlagen treten. Voraussetzungen für die Entwicklung des MFT-Netzes seien hohe technische Standards in den Bahnfrachtkorridoren wie ausreichend großes Lichtraumprofil, hohe Geschwindigkeiten und Radsatzlasten sowie die Ertüchtigung für 740 m lange Züge.

Ralf-Charley Schultze, Präsident der internationalen Vereinigung für den kombinierten Verkehr Schiene Straße (UIRR) setzt Hoffnung auf den Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Leitlinien zum Transeuropäischen Verkehrsnetz TEN-T. „Wir müssen aufpassen, dass wir mindestens das bekommen, was im Richtlinienentwurf steht“, sagte er. In ihrem jüngsten Fortschrittsbericht, der den Zeitraum 2018 und 2019 umfasst, stellte die Kommission Mitte Dezember 2021 fest, dass nur 40 Prozent des Schienennetzes mit 4 m hohen Sattelaufliegern in Taschenwagen befahren werden können.

Eigene Betriebsmittel sichern Qualität
Den Schritt hin zum Selbsteintritt hat das Logistikunternehmen Rail&Sea mit Sitz in Seekirchen/Österreich vollzogen. Zum Unternehmen gehört seit 2015 das multifunktionale Obel Logistikzentrum in Limburg. Logistik auf der Schiene umfasst komplexe Abläufe, sagt Geschäftsführer Ralf Kirion. Um Qualität liefern zu können, seien eigene Betriebsmittel („Assets“) alternativlos. 2016 habe Rail&Sea das erste eigene Eisenbahnverkehrsunternehmen in Kroatien gegründet. Nun beschafft der österreichische Bahnlogistiker weitere eigene Streckenloks. Mittlerweile würden 20 Prozent der Leistungen im Selbsteintritt gefahren. „Ohne eigene Assets hätten wir die Effizienz nicht“, sagt Kirion.

Quelle:
DVZ

Schreibe einen Kommentar