DB verteilt schlechte Noten an ihr eigenes Netz

Die DB Netz stellt dem Zustand ihrer Gleise, Brücken, Weichen und Stellwerke keine gute Note aus. Das geht aus dem Netzzustandsbericht der DB Netz hervor. Dieses interne Papier wurde für den Aufsichtsrat der DB erstellt und liegt der DVZ vor.

Basis für qualitativ hochwertigen Verkehr fehlt
In dem Bericht schreibt der Vorstandsvorsitzende der DB Netz AG, Philipp Nagl, dass entscheidend für Wachstum und Qualität des Schienenverkehrs das Bestandsnetz mit seiner Länge von über 33.000 Kilometer sei. Nur wenn dieses – vor allem auf den hoch belasteten Abschnitten – in sehr gutem Zustand sei, könne ein qualitativ hochwertiger Verkehr angeboten und die Grundlage für die Digitalisierung des Netzes gelegt werden. „Derzeit erreicht das deutsche Schienennetz diesen Zustand nicht“, schreibt Nagl weiter. Große Verkehrsmengen würden auf eine Infrastruktur treffen, die einen deutlich schlechteren Zustand hat als jene in Österreich oder der Schweiz.

Für das Jahr 2021 hat der Bericht eine Netzzustandsnote für das Anlagenportfolio der DB Netz AG von 2,93 ermittelt, bei einer Bandbreite von 1 bis 5. Dieses Ergebnis wurde vor allem durch die verspätungsrelevanten Anlagen wie Gleise, Weichen, Stellwerke und Bahnübergänge bestimmt, wo unterdurchschnittliche Zustandsnoten erteilt wurden.

Note drei bedeutet, dass die Anlagen in mittelmäßigem Zustand sind und mäßige Beeinträchtigungen aufweisen. Note vier bedeutet schlecht, das heißt, die Anlage weist wesentliche Beeinträchtigungen auf. Note fünf – mangelhaft – heißt, dass die jeweilige Anlage unzureichend, die Lebensdauer überschritten ist oder den Betrieb beeinträchtigen kann.

Derzeitige Ersatzinvestitionen reichen nicht aus
Das größte Volumen innerhalb der Zustandsnote 4 oder schlechter entfällt mit 17,2 Milliarden Euro auf 2.310 Brücken. 2.378 Stellwerke – und damit fast die Hälfte des Stellwerksportfolios – sind ebenfalls mit der Note 4 oder bewertet, getrieben vor allem durch eine Kombination von Abhängigkeit der Technik (Obsoleszenz) und schlechter Verfügbarkeit. Der Ersatzinvestitionsbedarf bei diesen Stellwerken wird auf 10,9 Milliarden Euro geschätzt. „Das derzeitige Ersatzinvestitionsvolumen reicht in Anbetracht dieses Zustands nicht aus“, heißt es in dem Bericht.

In dem 26-seitigen Papier wird der Teil des Netzes mit der höchsten Auslastung gesondert bewertet (Netzsegment hA+). Es umfasst 3.500 Streckenkilometer und entspricht 10 Prozent des Gesamtnetzes. Es hat eine besondere Relevanz für Stabilität und Pünktlichkeit im gesamten Netz. Ausgerechnet dieses Netzsegment hA+ hat mit einer Zustandsnote von 3,01 von allen Netzsegmenten die schlechteste Zustandsnote.

Schweiz, Österreich, Norwegen: alle besser als Deutschland
In dem Bericht wird auch ein Vergleich mit den Schienennetzen in der Schweiz, in Österreich und in Norwegen gezogen. Wenig überraschend: Das Netz in Deutschland schneidet am schlechtesten ab. Dies betrifft vor allem die verspätungsrelevanten Anlagentypen Gleise, Weichen, Bahnübergänge und Stellwerke. Das Netz der SBB hat die Gesamtnote 2,7 (bei einer deutlich strengeren Benotung). In Österreich liegt dieser Wert bei 2,1 und in Norwegen bei 2,2.

Es braucht „einen radikalen Kurswechsel“
Als Fazit hält der Bericht fest, dass die Infrastruktur mit dem rasanten Verkehrswachstum nicht mithalten kann. Um die Eisenbahn in Deutschland für Wachstum und Verkehrsverlagerung robust und leistungsfähig zu machen, brauche es „einen radikalen Kurswechsel“. Die bestehende Schieneninfrastruktur müsse nachhaltig saniert und zusätzlich erweitert werden. Die heute höchstbelasteten Strecken müssen zu einem Hochleistungsnetz weiterentwickelt werden. Die Zustandsnoten im Netzzustandsbericht der DB Netz AG für das Jahr 2021 bestätigen die Notwendigkeit dieses Ansatzes. Als Zielzustand wird in dem Bericht festgehalten, eine Durchschnittsnote von 2,5 oder besser im künftigen Hochleistungsnetz zu erreichen. Mit dem Konzept der Generalsanierung werde die DB die Infrastruktur auf allen relevanten Streckenabschnitten gesamthaft über alle Gewerke hinweg erneuern und verbessern. Die altersabhängige Störanfälligkeit von Anlagen könne so drastisch gesenkt werden.

Und natürlich kostet eine solche Sanierung Geld. Den zustandsbasierten Nachholbedarf beziffert der Bericht auf 89 Milliarden Euro – „Trend weiter steigend“, heißt es in dem Papier.

Quelle:
DVZ

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