Logistiker werden vom Treiber zum Opfer der Inflation

Mit überbordenden Frachtraten sorgten die weltweiten Logistikanbieter 2022 für einen kräftigen Preisanstieg. Darunter leiden sie nun selbst.

Mindestens ein Prozentpunkt der weltweiten Inflation, klagte US-Präsident Joe Bilden im vergangenen Jahr, gehe auf Kosten der Logistikanbieter. Diese nämlich hatten nach Ausbruch von Corona zunächst ihre Kapazitäten massiv zurückgefahren, um schon wenige Monate später festzustellen, dass dies zu erheblichen Engpässen im Warenverkehr führte.

Von dem angerichteten Chaos, hervorgerufen durch Containermangel und Abfertigungsstaus in den Häfen, profitierten sie fürstlich. Obwohl 2022 geschätzt vier Prozent weniger auf See transportiert wurden als im Jahr zuvor, verfünffachte die Mangelverwaltung die weltweiten Frachtraten. Reedereien, Luftfrachtfirmen und Speditionen kassierten Rekordgewinne auf Kosten von Industrie und Verbrauchern, denen man die Preissteigerungen in der Logistik kurzerhand weiterreichte.

Spätestens seit Herbst 2022 aber ist die Party vorbei. Seitdem die galoppierende Inflation die Konsummärkte abkühlt und sich die Verstopfung in den Häfen auflöst, befinden sich die Frachtraten wieder im freien Fall. Mit unliebsamen Nebenwirkungen für viele Logistikfirmen: Die einstigen Treiber der Inflation werden nun zu deren Opfern.

Nicht nur Reedereien wie Hapag-Lloyd und Logistikkonzerne wie Deutsche Post DHL warnten in den vergangenen Wochen vor drastisch schrumpfenden Gewinnen, weil die Transport- und Personalkosten inflationsbedingt überhandnehmen. Auch das Lagereigeschäft, das viele Transportfirmen ihrer Kundschaft zusätzlich anbieten, leidet unter erheblichem Ertragsschwund.

Preissteigerungen lassen sich kaum weitergeben
Eine Umfrage des Netzwerkanbieters Warehousing 1 fand Ende März bei einer Umfrage unter mehr als 100 Lagerlogistikern heraus: Fast die Hälfte von ihnen (47,5 Prozent) blickt nach eigenem Bekunden wegen der Inflation mit Sorge aufs eigene Geschäft. Fast jeder von ihnen beklagt inzwischen die stark gestiegenen Preise für Strom, Heizöl und Erdgas, aber auch für Kartonagen und andere Verpackungen. Die Dieselkosten für den Fuhrpark sind in 71 Prozent der Unternehmen ein Thema. Das Bedrückende daran: Erst 23,8 Prozent der Betriebe gelang es nach eigenen Aussagen, die Preissteigerungen an die Kunden weiterzugeben.

Kaum besser sieht es in der sogenannten Systemlogistik aus, die sich um den Transport von Stückgut kümmert. Nach Angaben des Bundesverbands Spedition und Logistik (DSLV) lagen dort die Kosten im zweiten Halbjahr 2022 um stattliche 15,5 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Insbesondere die steigenden Löhne hätten dort den Personalaufwand um 16,3 Prozent nach oben katapultiert, berichtet der Verband. Mit 39,6 Prozent sei es zudem mit den Treibstoffkosten nach oben gegangen.

„Weitere Lohnforderungen, steigende Lkw-Mautsätze sowie Neuinvestitionen und Umrüstkosten für eine CO2-freie Logistik werden auch zukünftig massive Auswirkungen auf die Kosten des Sammelgutgeschäfts haben“, erwartet DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. Das meiste dieser Ergebnisbelastungen dürfte auch auf alle übrigen Transportanbieter zukommen.

Quelle:
Handelsblatt

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