Welthandel: Mehr Container auf See – aber keine Erholung

Nach dem schwachen Schlussquartal 2022 ist der globale Warenhandel zu Jahresbeginn weiter rückläufig gewesen. Während die Welthandelsorganisation (WTO) nun einige positive Signale sieht, ist laut Kiel Trade Indicator aktuell noch kein klarer Aufwärtstrend zu erkennen. Demnach wird der China-Handel zunehmend zur Belastung – auch für Deutschland. Denn die Experten beobachten, dass das Reich der Mitte vermehrt Importe aus den Industriestaaten durch Produktion im eigenen Land ersetzt.

Der weltweite Stau von Waren auf unbewegten Schiffen hat sich weitgehend aufgelöst. Im Mai hätten nur noch 6,8 Prozent aller verschifften Waren im Stau gestanden, wie aus am Dienstag veröffentlichen Zahlen des Kiel Trade Indicators des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervorgeht. Das entspreche dem Durchschnitt der Jahre vor der Corona-Pandemie. Im März und April waren es noch 7,4 Prozent und zu den Hochzeiten der Lieferengpässe fast 14 Prozent.

Ein Algorithmus wertet regelmäßig Containerschiffbewegungen aus und übersetzt sie in Handelsdaten. Dieser sogenannte Kiel Trade Indicator schätzt die Im- und Exporte von 75 Ländern und Regionen weltweit.

Der Frühindikator zeigt für Mai einen preis- und saisonbereinigten Rückgang des globalen Warenaustauschs um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat an. Sowohl der weltweite Handel insgesamt als auch der Handel großer Volkswirtschaften entwickele sich im Mai mehr oder weniger seitwärts, sagte IfW-Ökonom Vincent Stamer, der den Kiel Trade Indicator verantwortet. Der deutsche Außenhandel verzeichnet ein Plus bei den Exporten und ein Minus bei den Importen. „Die große Erholung nach dem globalen Dämpfer im vergangenen Winterhalbjahr lässt also nach wie vor auf sich warten. Um die großen Preisschwankungen bereinigt laufen die deutschen Exporte nun schon seit zweieinhalb Jahren seitwärts.“

Für den deutschen Export werde zunehmend der Handel mit China zur Belastung. Der Exportwert deutscher Waren nach China sei im Zeitraum von Januar bis April im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4 Prozent gefallen. Die Handelsstatistiken zeigten, dass China zunehmend Importe aus Industriestaaten durch eigene Produktion ersetze. „Das ist ein negativer Impuls für den Welthandel“, sagte Stamer. Ein Lichtblick für den globalen Warenaustausch sei die leicht positive Tendenz des globalen Containerhandels seit Beginn des Jahres, sowie die einhergehende Auflösung der Schiffsstaus.

Der Trend im weltweiten Containerhandel zeige seit gut sechs Monaten nach oben und die Zahl an verschifften Containern steige. Die Menge von 13,9 Millionen Standardcontainern im Mai sei aber noch etwas geringer als vor einem Jahr.

Mehrheit sieht Corona-Welle gelassen
Supply Chain Manager und Einkäufer in Deutschland können wegen der immer reibungsloseren Materialversorgung wieder entspannter sein. Immer weniger Industriefirmen in Deutschland melden noch einen Materialmangel. Den Umfragen des Ifo Instituts zufolge berichteten im Mai noch 35 Prozent von Engpässen, nach 39 Prozent im April. Im Mai 2022 waren es 77 Prozent.

Der eine oder andere Manager macht sich allerdings Sorgen angesichts der neuen Corona-Welle, die durch China rollt. Zumindest ist vorerst kein weiterer Lockdown in Sicht nach dem Ausstieg Chinas aus der Null-Covid-Politik. Das dürfte auch der Hauptgrund sein, warum 69 Prozent der Befragten der LinkedIn-Community der DVZ keine Probleme für die Logistik und die Lieferketten erwarten. Ganz anderer Meinung sind dagegen 11 Prozent, die restlichen 20 Prozent wissen es noch nicht. Auswirkungen auf die wichtigen Häfen des Landes sind anhand der Daten der Kieler Forscher bisher jedenfalls nicht zu erkennen.

Möglicher Wendepunkt
Der Welthandel dürfte im ersten Quartal rückläufig gewesen sein. Aber Frühindikatoren deuten auf eine mögliche Trendwende hin. Das teilte die Welthandelsorganisation (WTO) auf Basis ihres Barometers zu Monatsbeginn mit. Der Wert stieg von 92,2 im März auf nun 95,6, bleibt aber deutlich unter dem Basiswert von 100 Punkten. „Uneinheitliche Signale bei den Komponentenindizes des Barometers deuten jedoch darauf hin, dass der Weg zur Erholung holprig sein könnte“, hieß es.

Im vierten Quartal 2022 ist das Handelsvolumen um 2,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal und um 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Für den Einbruch waren mehrere Faktoren verantwortlich, darunter der Krieg in der Ukraine, die hartnäckig hohe Inflation in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften und die straffere Geldpolitik weltweit. Für 2023 prognostiziert die WTO weiterhin ein Wachstum des Welthandels um 1,7 Prozent.

Quelle:
DVZ

Schreibe einen Kommentar