Deutsche Bahn kauft sich Kritiker ein

Die Deutsche Bahn muss ihre Infrastruktursparte gemeinwohlorientiert umbauen. Dafür hat sie Tobias Heinemann verpflichtet, Chef eines Konkurrenzunternehmens. Kritiker der Bahn-Monopolstruktur könnten so ruhiggestellt werden.

Die Deutsche Bahn verleibt sich einen ihrer scharfen Kritiker ein. Der Bahn-Vorstand holt sich Tobias Heinemann, bislang Chef der Bahn-Konkurrentin Transdev. Er soll Beauftragter des Konzerns für die gemeinwohlorientierte Schieneninfrastruktur werden. Das geht aus einem internen Schreiben an die Mitarbeiter des privaten Eisenbahnunternehmens hervor.

»Wir bedauern sehr, dass Tobias Heinemann mit seiner umfassenden Branchenkenntnis unser Unternehmen verlassen wird, können aber seinen Wunsch nach beruflicher Weiterentwicklung nachvollziehen«, heißt es in dem Schreiben, das dem SPIEGEL vorliegt. Demnach soll Heinemann das Unternehmen zum 31. August 2023 verlassen. Die Deutsche Bahn bestätigte die Personalie auf Anfrage.

Die Bahn-Infrastruktur in Deutschland soll, so sieht es der Koalitionsvertrag vor, künftig gemeinwohlorientiert organisiert sein. Damit sollen nach dem Willen der Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen die Gewinnabführungen aus dem Netz der Deutschen Bahn unterbunden werden. Diese hatten in der Vergangenheit zu einer massiven Verschlechterung der Bahn-Infrastruktur geführt und den Staatskonzern in Verruf gebracht.

Bei der Bahn wird Heinemann Jörg Sandvoß ablösen, der sich bisher um dieses Vorhaben gekümmert hat. Sandvoß wird das Unternehmen 2024 aus Altersgründen verlassen. »Von der Personalentscheidung erhofft sich die DB insbesondere eine noch stärkere Einbindung der Perspektiven der Wettbewerbsbahnen und damit einen breiten Konsens aus der gesamten Bahnbranche«, sagt Bahn-Sprecher Jens-Oliver Voß dem SPIEGEL.

Branchenkenner sehen in der Bahn-Personalie eine effektive Strategie, um die lautstarken Kritiker der Monopolstruktur des Unternehmens ruhigzustellen. Das ist deswegen bedeutsam, weil Heinemann bislang Präsident des Verbands Mofair war, der sich für fairen Wettbewerb auf deutschen Schienen einsetzt.

Quelle:
Spiegel

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