DB Cargo: Der Druck steigt

Marktanteilsverluste und tiefrote Zahlen: Bei der DB Cargo liegt einiges im Argen. Jetzt soll die Wende eingeleitet werden.

Verluste und kein Ende: Für DB Cargo war auch 2022 nicht das Jahr der lang erhofften Wende beim Ergebnis. Im Gegenteil, das Ebit wuchs auf minus 665 Millionen Euro an, nochmals 184 Millionen Euro Verlust mehr als in den zwölf Monaten zuvor. Das Defizit nach Steuern betrug 858 Millionen Euro – mehr als doppelt so viel wie 2021 mit minus 351 Millionen Euro. DB Cargo entwickelt sich zu einem immer größeren Milliardengrab, zählt man das Ebit der vergangenen acht Jahre zusammen (über 2,5 Milliarden Euro Verlust).

Hinzu kommt: Die Konkurrenten in Deutschland fahren DB Cargo davon: Sie gewinnen nicht nur Marktanteile hinzu; ihnen gelingt es auch, schwarze Zahlen zu schreiben. Weshalb der Druck auf DB Cargo steigt.

Abbau von 1.800 Arbeitsplätzen
Deren Chefin Sigrid Nikutta hat jetzt entsprechende Maßnahmen angekündigt. Grundlage ist ein sogenanntes Weißbuch mit Empfehlungen, das das Beratungsunternehmen Roland Berger im Auftrag von DB Cargo erstellt hat. Zum einen will Nikutta Personal einsparen. Laut dem Nachrichtenportal „Business Insider“ hat sie vor dem Aufsichtsrat der DB Ende September dazu Zahlen vorgestellt. Demnach sollen 1.800 Arbeitskräfte abgebaut werden.

Ein Sprecher der DB bestätigte gegenüber der DVZ, dass es bei DB Cargo einen Stellenabbau geben werde. „Aber es wird niemand entlassen“, stellt er klar. Der Konzern leide unter einem Fachkräftemangel, weshalb es zu Umbesetzungen innerhalb der DB kommen soll. Einige Stellen würden zudem nicht nachbesetzt.

Auf eine konkrete Zahl will er sich nicht festlegen: „Das ist nicht möglich, weil der Prozess noch läuft.“ Zudem stellt er klar, dass es keinen „Wasserkopf“ in den Führungsetagen gebe, wie in Medien suggeriert. Von dem Stellenabbau sei die gesamte Verwaltung betroffen. Dazu gehöre alles, was nicht direkt am Gleis passiere.

Dass DB Cargo einen hohen Personalbestand hat, zeigt der Vergleich mit der SBB Cargo und Rail Cargo Group (siehe Tabelle und Grafik rechts): Bei den beiden Staatsbahnen der Nachbarländer ist die Verkehrsleistung pro Mitarbeiter deutlich höher. Auch das womöglich ein Grund, warum die Ergebnisse besser ausfallen als bei der DB-Tochter.

Die bei DB Cargo eingeleiteten Schritte gehen jedoch über den reinen Stellenabbau hinaus. Als weitere Maßnahme des Transformationsprogramms von Nikutta sind Strukturveränderungen geplant. DB Cargo möchte laut Marktteilnehmern die Ressourcen stärker einzelnen Projekten und Segmenten wie Einzelwagen-, Kombinierter Verkehr und Ganzzugverkehr zuordnen. Die damit verbundenen Ziele: mehr Verantwortung und eine bessere Steuerbarkeit. DB Cargo als Ganzes sei zu intransparent, ist zu hören. Die (kleineren) Privatbahnen dienen als Vorbild: Als Mittelständler konzentrieren sie sich auf bestimmte Verkehre, kümmern sich stärker um die Wünsche der Kunden, haben die Prozesse in der Produktion im Blick und schaffen es so, positive Ergebnisse zu erzielen. Der DB-Sprecher bestätigte der DVZ, dass bei DB Cargo an einer Fokussierung gearbeitet werde.

Baustelle Einzelwagenverkehr
Eine große Baustelle bei DB Cargo ist der Einzelwagenverkehr: Hier fallen die Verluste 2022 mit 442 Millionen Euro am höchsten aus. Unterstützung soll vom Staat mittels einer Förderrichtlinie kommen. Doch zur Abdeckung der Verluste wird DB Cargo selbst einen Beitrag leisten müssen. „Wir müssen mehr standardisieren, um so die Kosten zu senken“, so der DB-Sprecher. Das bedeutet im Umkehrschluss: Nicht standardisierbare Verkehre würden dann wegfallen.

Eine Überprüfung des Angebots steht letztlich für alle Transporte bei DB Cargo an. Denn auch im Ganzzugverkehr und im Kombinierten Verkehr (KV) hat das Unternehmen im vergangenen Jahr mit 157 Millionen und 108 Millionen Euro Verluste geschrieben.

Derzeit finden die Gespräche mit Kunden für das kommende Jahr statt. Aus dem Markt ist zu hören, dass DB Cargo spürbar an der Preisschraube dreht. Der DB-Sprecher wollte sich dazu nicht näher äußern, verwies aber auf den Lohnabschluss mit der Gewerkschaft EVG und die damit verbundenen Kostensteigerungen. Außerdem befänden sich die Energiepreise nach wie vor auf einem hohen Niveau. Und DB Cargo wolle die Digitalisierung weiter vorantreiben. Solche Projekte müssten finanziert werden, weshalb Preissteigerungen unausweichlich seien.

Ziel des Unternehmens ist es, möglichst bald ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Ursprünglich war dafür schon das Jahr 2024 anvisiert worden. Davon ist die DB-Tochter jedoch noch ein gutes Stück entfernt. Das Minus im ersten Halbjahr 2023 konnte zwar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 104 Millionen Euro gedrückt werden, beträgt aber immer noch 195 Millionen Euro.

Doch der womöglich wichtigste Grund für die einschneidenden Maßnahmen bei DB Cargo ist in Brüssel zu verorten: Der Druck der EU-Wettbewerbsbehörde auf den Bund scheint deutlich stärker zu sein als immer wieder behauptet. Seit 2022 läuft ein Beihilfeverfahren gegenüber Deutschland aufgrund von Unterstützungszahlungen für DB Cargo. Auch gegenüber Frankreich und Fret SNCF hatte die Kommission ein solches Verfahren eingeleitet – mit der Folge, dass Fret SNCF große Teile des KV an andere Marktteilnehmer abgeben muss.

Auf eine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion hin hatte die Bundesregierung im Juli noch festgehalten, dass sie in der Verlustübernahme durch die DB AG „keine unerlaubte Beihilfe“ sieht. Aus dem Markt war zwar zu hören, dass der Fall bei DB Cargo tatsächlich anders liegt. Doch bleiben die Verluste bei DB Cargo weiter so hoch, könnte es sein, dass Anpassungen in Form von Abspaltungen nicht völlig auszuschließen sind. Daher gilt ein „Weiter so“ nahezu als ausgeschlossen, wenn die DB ein Szenario wie bei SNCF abwenden will.

Quelle:
DVZ

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