Ratenspirale schraubt sich weiter nach oben

Laufzeiten für Transporte aus Fernost heraus noch stärker als die reinen Transitzeiten von Hafen zu Hafen.

Kurz vor der nächsten generellen Tarifanhebung (GRI) der Linienreedereien hat der Markt weiter kräftig angezogen. So machte der Shanghai-Index SCFI am vergangenen Freitag einen Sprung um plus 16 Prozent auf über 2.206 Punkte. Überraschend stark legten vor allem die Indexraten für die Relationen zwischen Fernost und Nordamerika zu. Spotbuchungen von Shanghai zur US-Westküste verteuerten sich demnach um 43 Prozent auf 3.974 US-Dollar/FEU und zur US-Ostküste sogar um 48 Prozent auf 5.813 Dollar/FEU. Dieser Anstieg illustriert, wie die Dominoeffekte der Krise im Roten Meer auch Fahrtgebiete erfassen, die nicht zwingend durch die Region führen. Auch die Zunahme der SCFI-Rate für den Intra-Asien-Trade von Shanghai nach Singapur um plus 19 Prozent auf 309 Dollar/TEU weist in diese Richtung.

Grund dafür sind die zunehmenden Equipment-Engpässe in Asien und die Verknappung von Kapazitäten aufgrund der zusätzlichen Tonnagebedarfe für die am stärksten betroffenen Liniendienste im Verkehr zwischen Asien und Europa. Die Spotraten für Verladungen von Shanghai nach Nordeuropa sowie dem Mittelmeerraum wiesen laut SCFI vergangene Woche Steigerungen um 8 Prozent und um 11,5 Prozent auf 3.103 beziehungsweise 4.037 Dollar/TEU auf. Andere Marktindices signalisierten größere Preissprünge. Auf der Freightos-Plattform zog die Durchschnittsrate für Transporte von China nach Nordeuropa um plus 24 Prozent auf 4.757 Dollar/FEU an. Im World Container Index kletterte das Preisniveau um 23 Prozent auf 4.406 Dollar/FEU, während der Preisinformationsdienst Xeneta ein Plus von 18,5 Prozent auf durchschnittlich 3.741 Dollar/FEU bei den kurzfristigen Raten mit Gültigkeit von maximal 31 Tagen verzeichnete. Diese Woche treten Tarifanhebungen der Carrier auf rund 6.000 Dollar/FEU in Kraft.

Wie weit sich die Spotpreise diesem Level annähern, ist im Markt allerdings umstritten. Kritische Stimmen in der Seefrachtspedition wollen bereits eine gewisse Verlangsamung des Preisauftriebs beobachtet haben. „Wir haben vereinzelt gesehen, dass Raten leicht zurückgenommen wurden“, sagt ein Marktteilnehmer. Andere sorgen sich, dass es in zwei bis drei Wochen noch einen kräftigen Schub geben könnte, weil die Stellplatzkapazitäten in Fernost dann vermutlich einen Tiefpunkt erreichen. Davor warnt unter anderem der Branchendienst Linerlytica.

Neben den Ratenerhöhungen müssen Importeure in Europa mit kurzfristigen Lieferausfällen und einer dauerhaften Verlängerung der Transportlaufzeiten fertig werden. Der Autohersteller Tesla muss in seinem Werk in Grünheide Ende Januar die Produktion aufgrund ausbleibender Lieferungen für zwei Wochen unterbrechen. Peter Sand, Research-Leiter bei Xeneta, warnt vor einer Zunahme der Laufzeiten ab Werk in Asien bis Eingangslager in Europa von drei Wochen. Neben dem Umweg um das Kap der Guten Hoffnung wirkten sich dabei Streichungen von Hafenanläufen zwecks Verkürzung der Rundreisezeiten der Schiffe aus. Ladehäfen in Nordchina wie Dalian würden zunehmend aus den Fahrplänen gestrichen. Entsprechend seien Verlader gezwungen, ihre Ware aus dem Norden per Truck, Bahn oder Barge zu südlich gelegenen Häfen wie Shanghai und Ningbo zu transportieren, was deutlich mehr Zeit im Vorlauf in Anspruch nehme, so Sand.

Quelle:
DVZ

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