DB Cargo: Konflikt zwischen Vorstand und Betriebsrat verschärft sich

Jörg Hensel übt scharfe Kritik an den Transformationsplänen des DB-Cargo-Vorstandes. Der Vorsitzende des Gesamt- und des Spartenbetriebsrats von DB Cargo kreidet gegenüber der DVZ dem Management große Fehler an und wirft den Verantwortlichen vor, Verbesserungsvorschläge ignoriert zu haben.


Die Umstrukturierungspläne von DB Cargo stoßen bei den Vertretern der Arbeitnehmer auf energischen Protest. Jörg Hensel, Vorsitzender des Gesamt- und des Spartenbetriebsrats von DB Cargo, kritisierte gegenüber der DVZ die vorgesehenen Maßnahmen wie auch das Procedere. Für Hensel ist die Transformation, wie die vom DB-Cargo-Vorstand beabsichtigte Neuausrichtung bezeichnet wird, nichts anderes als ein Abbauplan.

Hensel bezog Stellung zur Kritik, dass laut DB-Cargo-Management zum Teil deutlich mehr Lokführer benötigt würden als bei anderen Bahnunternehmen für vergleichbare Touren. Doch stimme die Behauptung nicht, dass von Nord- nach Süddeutschland bis zu 18 Lokführer für eine Tour bei DB Cargo im Einsatz seien, während Konkurrenzunternehmen mit nur zwei Lokführer auskämen.

„Wir warten immer noch auf Veränderung“
Es komme schon mal vor, dass für eine längere Route bis zu vier Lokführer benötigt würden. „Aber für den Einsatz sind nicht wir oder die Lokführer verantwortlich, sondern die Unternehmensleitung“, sagte Hensel und gab dem Management die Schuld. „Wir haben Vorschläge gemacht, mit denen die Planung deutlich optimiert werden kann“, sagte Hensel. Einen ganzen Ordner mit unproduktiven Schichten aus ganz Deutschland habe man dem Vorstand übergeben. „Wir warten immer noch auf Veränderung“, so der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates.

Die Anwendung wesentlich einfacherer Prozesse sei ein weiterer Vorschlag für eine deutliche Optimierung, die der Betriebsrat gemacht hätte. Dazu gehörten standardisierte Fahrschichten – diese würden vom Unternehmen bislang aber nur halbherzig bis gar nicht angewandt. Hensel: „Nach wie vor ist es unbegreiflich, wieso DB Cargo immer noch sieben Prozessschritte benötigt – und nicht auch die drei, die viele andere branchenüblich anwenden.“

DB Cargo gibt „Unsummen für Taxikosten“ aus
Als einen weiteren Beleg für die schlechte Einsatzplanung führt Hensel die hohen Taxikosten an. Um die Lokführer zu ihrem Zug oder nach Hause zu bringen, würden „Unsummen für Taxikosten“ anfallen. „Jedes Jahr werden mehrere Millionen Euro unnötig dafür ausgegeben“, wirft er der Güterbahn vor. So komme es durchaus vor, dass ein Lokführer mit Taxi zum Abfahrtsort des Zuges gebracht werde, der Zug aber ausfalle und der Lokführer mit dem gleichen Taxi den Heimweg antrete. Trotz Hinweisen seitens des Betriebsrates sei bei der Höhe der Taxikosten im Unternehmen keine Besserung eingetreten. In der Region Duisburg/Köln habe der Arbeitgeber innerhalb eines Jahres Taxikosten in Höhe von fast zwei Millionen Euro verursacht.

Hensel berichtete zudem, dass die Lokführer selber unzufrieden seien, weil viele mehr Arbeitszeit mit Warten, Überführungen und Fußmärschen verbringen würden als mit der eigentlichen Tätigkeit, für die sie bezahlt werden: Züge zu fahren. „Die Unternehmensplanung und die IT von DB Cargo sind extrem schlecht“, kritisierte er. Ihm sei bewusst, dass die Fahrzeit auf der Lok erhöht werden muss, um so eine Steigerung der Produktivität von Triebfahrzeugführern und somit für DB Cargo zu erreichen.

Aussagen von Nikutta „ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten von DB Cargo“
Viele Lokführer seien anders als behauptet sehr wohl bereit, deutlich produktiver zu arbeiten. Lokführer würden Züge fahren wollen und nicht rumstehen oder im Taxi sitzen. „Mehrtägige Touren gehören schon immer zur Normalität“, so Hensel. „Deswegen ist die öffentliche Aussage von Frau Nikutta, bei anderen Güterbahnen wird der Kunde gesehen und nicht der Dienstplan, wieder mal ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten von DB Cargo“, warf er der DB-Cargo-Chefin vor.

Er kritisierte weiterhin, dass Arbeitsplätze bei der DB Cargo abgebaut und im Gegenzug bei Tochterunternehmen aufgebaut werden sollen. Seiner Aussage nach sollen vom freien Arbeitsmarkt über 500 Lokführer bei MEG und RBH in den nächsten zwei Jahren eingestellt werden. „Woher soll dieses Personal kommen, wenn Lokführer seit vielen Jahren zu den Top-Mangelberufen bei der Arbeitsagentur zählen“, fragte Hensel.

Die Pläne von DB Cargo werden daher von allen Arbeitnehmervertretungen abgelehnt – sowohl von den Betriebsräten der DB Cargo, aber ebenso von denen aller deutscher Tochtergesellschaften und damit auch von denen bei der MEG und der RBH. In einem von allen unterzeichneten Brief heißt es unter anderem, dass DB-Cargo-Vorstandsvorsitzende Sigrid Nikutta „nun also auch die DB Cargo weiter kaputt schrumpfen“ wolle.

Erste Protestaktion am Freitag vor DB-Cargo-Zentrale
Die Gewerkschaft EVG hatte bereits angekündigt, dass die Mitarbeiter wütend seien und man sich wehren werde. So protestierten am Freitag über 100 Mitarbeiter vor der DB-Cargo-Zentrale in Mainz und forderten lautstark den Rücktritt des Vorstandes. Hensel wollte sich nicht dazu äußern, in welchen weiteren Aktionen oder auch Streiks dieser Wut münden könnte. „Anfang März steht zunächst die erste Verhandlungsrunde an“, sagte Hensel. Bis dahin müsse man abwarten.

Wie die DVZ erfahren hatte, sieht es danach aus, dass der Vorstand von DB Cargo danach die Einberufung einer Einigungsstelle einleitet. Das gesamte Procedere bis hin zur Einsetzung einer Einigungsstelle kann sich bis zu drei Monaten hinziehen. „Wir haben diesen Prozess nicht ausgelöst, sondern das Management“, so Hensel.

Erstes Weißbuch sieht Abbau von 1600 Arbeitsplätzen vor
Grundlage der Neustrukturierungen, die DB Cargo anpeilt, sind sogenannte Weißbücher, die DB Cargo in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Roland Berger erstellt hat. Im letzten Jahr wurde die Vorlage der Weißbücher mehrmals angekündigt und zum Teil auch dem Betriebsrat präsentiert, dann aber wegen Fehlern oder Nachbesserungen wieder aktualisiert. So ist wertvolle Zeit verstrichen. Im ersten Weißbuch sind laut Betriebsrat für den KV und im Overhead der Abbau von 1600 Arbeitsplätzen vorgesehen.

Hensel kritisierte den Cargo-Vorstand dafür, dass die Umstrukturierungspläne nicht vollständig auf den Tisch liegen würden. Bislang seien die Arbeitnehmervertreter nur über den KV und den Overhead informiert worden. Es seien aber weder die Zahl der Arbeitsplätze genannt worden, die bei den Tochterunternehmen aufgebaut werden sollen, noch die damit verbundenen wirtschaftlichen Effekte. Das Weißbuch Zwei wird aktuell von den Betriebsräten bewertet. Es zeichnet sich laut Hensel ab, dass auch dieses Papier den Abbau mehrerer hundert Arbeitsplätze vorsieht.

Weitere Sparmaßnahmen in Vorbereitung
Zwei weitere Weißbücher (drei und Vier) sind angekündigt, die sich mit den Themen Vertrieb und der sogenannten Bahnlogistik befassen. „Wir können aber doch nicht über Umstrukturierungen im Unternehmen entscheiden, wenn völlig unklar ist, was in den anderen beiden Bereichen passieren soll“, kritisierte Hensel.

Quelle:
DVZ

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