Güterbahnen votieren gegen neue EU-Richtlinie zu Maßen und Gewichten

Die Kooperation Rail Freight Forward warnt davor, dass das EU-Parlament die EU-Richtlinie zu Maßen und Gewichten zugunsten des Straßengüterverkehrs verändert. Damit gefährde die EU ihre selbstgesteckten Klimaziele im Verkehr.

Die Überarbeitung der EU-Richtlinie über Gewicht und Abmessungen von Lkw stößt auf Kritik der Bahnbranche. Die neue Verordnung sieht unter anderem vor, mehr Gewicht und Platz für Batterien zuzulassen, um so Anreize für einen umweltfreundlichen Lkw-Verkehr zu schaffen. Diese Erleichterungen würden den Lkw-Verkehr wettbewerbsfähiger machen und somit zu Aufkommensverlusten im Schienengüterverkehr führen. So sehen es zumindest die Chefs von fünf europäischen Güterbahnen, die heute im Namen von Rail Freight Forward, einer Koalition von europäischen Güterbahnen, die Richtlinie kritisierten. Ihre Befürchtung: Damit könnten die Klimaziele des Green Deals für den Verkehr untergraben werden.

Nikutta: „Das ist unglaublich, aber die Wahrheit“
„Erstmals haben sich fünf Vorsitzende von europäischen Güterbahnen gemeinsam zu Wort gemeldet“, wies Sigrid Nikutta, Vorsitzende des Präsidiums von Rail Freight Forward, zu Beginn der heutigen Pressekonferenz auf eine Besonderheit und die große Bedeutung des Themas hin. Die DB-Cargo-Chefin und ihre Kollegen äußerten große Besorgnis angesichts der bevorstehenden Änderungen bei der Richtlinie zu den Maßen und Gewichten von Nutzfahrzeugen. Der Vorschlag sei ein Anreiz für Straßentransporte, obwohl der Transport per Bahn effizienter und umweltfreundlicher sei. „Der derzeitige Text erlaubt den uneingeschränkten grenzüberschreitenden Verkehr von schwereren und längeren Lkw, und zwar egal, ob es sich um Lkw mit Batterie- oder Dieselantrieb handelt“, kritisierte Nikutta. „Das ist unglaublich, aber die Wahrheit“, so die Güterbahn-Chefin.

„Mit der derzeit vorliegenden Direktive können wir uns definitiv von den Klimazielen der EU verabschieden“, sagte Sabrina De Filippis, CEO von Mercitalia Logistics. Mit den geplanten Veränderungen könne zwar CO₂ eingespart werden im Lkw-Transport. Aber die besseren Bedingungen auf der Straße würden zu 10 Millionen mehr Lkw-Fahrten führen. Damit seien 6,6 Millionen Tonnen zusätzlicher CO₂-Ausstoß verbunden.

Frédéric Delorme, CEO of Rail Logistics Europe, wies auf die zusätzlichen Gefahren längerer Lkw hin. Das Überholen eines über 30 Meter langen Fahrzeuges würde deutlich länger dauern und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gefährden. Gleiches gelte für schwerere Lkw: Wenn es zu einem Unfall mit diesen Fahrzeugen käme, wären damit deutlich größere Schäden verbunden.

7 Milliarden Euro Kosten für die Instandhaltung von Straßen
Auf die zunehmenden Schäden für die Straßeninfrastruktur verbunden mit einer Gewichtserhöhung wies Clemens Först, CEO von Rail Cargo Austria, hin. Eine Erhöhung der Gewichte um 10 Prozent, von 40 Tonnen auf 44 Tonnen, würde die Straßenschäden um 46 Prozent erhöhen. Damit würden die Kosten für die Instandhaltung von Brücken und Fahrbahnen pro Jahr um 7 Milliarden Euro steigen. Först mahnte an, sich nicht von der CO₂-Einsparung in Höhe von 10 Prozent durch die Gewichtserhöhung von 40 auf 44 Prozent blenden zu lassen. Vielmehr sei der richtige Vergleich Lkw mit der Bahn: Hier verbrauche die Schiene bis zu 90 Prozent weniger CO₂-Emissionen.

Dirk Stahl, CEO von BLS Cargo, verwies darauf, dass die Gigaliner von den Abmessungen her nicht für den KV geeignet seien. Das ist der Wachstumsmarkt im Schienengüterverkehr. „Vor diesem Hintergrund ist es sehr wichtig, sicherzustellen, dass Maße und Gewichte von Lkw kompatibel sind zum Kombinierten Verkehr“, sagte Stahl.

Die Vorschläge von Rail Freight Forward
Nikutta stellt klar, dass Rail Freight Forward nicht gegen Straßentransport ist. Die Fuhrunternehmen seien für die Bahnen wichtige Partner. Deshalb schlägt die Kooperation zwei Maßnahmen vor: Zum einen sollten die Gewichte und Maße nur erhöht werden für Lkw mit Batterien. Und wenn die Batterien schmaler und leichter würden, dann sollten auch die Gewichte und Längen verringert werden. Lang-Lkw sollten ausschließlich für nationale Transporte zum Einsatz kommen, und auch nur dann, wenn es keine Alternativen gebe. Als zweite Maßnahme besteht die Kooperation der Güterbahnen darauf, dass die Direktive zu Maßen und Gewichten zusammen verabschiedet wird mit der Direktive zum Kombinierten Verkehr. „Man kann nicht nur einen Transportsektor betrachten, man muss die Wechselwirkungen zwischen ihnen sehen und berücksichtigen“, sagte Nikutta. Würde beide Verordnungen nicht gemeinsam behandelt, bestünde die Gefahr, dass die Ziele des Green Deals, den Anteil der Schiene im Modal Split von 18 auf 30 Prozent bis 2030 zu erhöhen, verfehlt werden.

Die fünf CEOs wiesen darauf hin, dass am 11. März die Abstimmung im Europäischen Parlament über die Direktive zu den Maßen und Gewichten geplant ist, und äußerten die Hoffnung, dass die Inhalte bis dahin noch entsprechend angepasst werden.

Quelle:
DVZ

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