Luftfracht im Aufwind

Die Branche beendet ihre zweijährige Durststrecke mit stark wachsenden Ladungsmengen und steigender Verkehrsleistung. Getragen wird die Aufwärtsentwicklung vor allem von den E-Commerce-Volumina, die in den Markt drängen. Marktbeobachter sehen in der Entwicklung einen längerfristigen Aufwärtstrend.

Die seit rund zwei Jahren andauernde Schwächephase der globalen Luftfracht scheint sich ihrem Ende zuzuneigen. Eine Gesamtschau verschiedener Branchendaten sowie Einschätzungen von Analysten legen nahe, dass die zuletzt zu beobachtenden positiven Entwicklungen bei Tonnage- und Verkehrsleistungsentwicklung eher Anzeichen einer Trendumkehr statt einer nur kurzfristigen

So sagen die Analysten des Marktforschers Trade and Transport Group (TTG) für das laufende Jahr ein Aufkommenswachstum von rund 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr voraus. Dies würde die Luftfracht global auf ein Ladungsniveau heben, das dem des Luftfrachtbooms Ende 2021 entspräche, so TTG.

Etwas konservativer schätzt der internationale Dachverband der Flughafenbetreiber Airport Council International (ACI World) die Aussichten der globalen Luftfracht im laufenden Jahr ein; umso optimistischer fällt die Prognose dafür für das Jahr 2025 aus. In seinem jüngsten Marktausblick „World Airport Traffic Forecasts 2023 – 2052“beziffert ACI World die im laufenden Jahr zu erwartende Ladungsmenge auf 117,1 Millionen Tonnen; nach 110,8 Tonnen im Jahr 2023 entspricht das einem Aufkommenswachstum von rund 6 Prozent.

Rekordjahr 2025 zu erwarten
Für 2025 erwarten die Analysten von ACI World dann ein noch größeres Wachstum. So soll die globale Tonnage gegenüber 2024 um rund 11.3 Prozent auf eine Menge von 130,3 Millionen Tonnen wachsen. Dies wäre ein neuer Rekordwert, der die bislang bestehende Bestmarke aus dem Jahr 2021 (125,3 Millionen Tonnen) deutlich übertreffen würde.

Laut ACI World soll die Aufkommensentwicklung der Luftfracht nicht nur im Zeitraum bis 2025 steigen. Auch im Rahmen seines Langzeitausblicks bis zum Jahr 2042 erwartet der Verband jährlich wachsende Ladungsmengen von durchschnittlich 3,3 Prozent; bis 2052 soll das Wachstum durchschnittlich 2,7 Prozent betragen.

Die Effekte der Aufwärtsentwicklung sind bereits deutlich sichtbar. So registrieren die Analysten des Weltluftverbands IATA für den Monat Januar 2024 ein starkes Wachstum der globalen Nachfrage, gemessen in Tonnenkilometer, im Umfang von 18,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Dies ist der höchste Anstieg seit dem Sommer des Boomjahrs 2021.

Noch größer ist das Wachstum der internationalen Luftfrachtverkehre, die die rein nationalen Transporte unberücksichtigt lässt. Bei diesen handelt es sich im Wesentlichen um Verkehre innerhalb der USA. Die Nachfrage bei interkontinentalen Verkehren wuchs gegenüber dem Januar des Vorjahres um 19,8 Prozent.

Die IATA-Analysten erklären sich die Wachstumsentwicklung mit dem Abklingen der Inflation sowie mit dem Boom beim Cross-Border-E-Commerce. Dies führt zu einem Anstieg der Verkehrsleistung auf ein Niveau, das rund 3 Prozent über dem Vor-Pandemie-Niveau von Januar 2020 liegt.

Cross-Border-E-Commerce als Treiber
Vor allem die stürmische Nachfrageentwicklung der über Landesgrenzen hinweg transportierten E-Commerce-Volumen geben der Aufwärtsentwicklung der globalen Luftfracht erhebliche Substanz. Getrieben wird dies im Wesentlichen durch das Auftauchen des Marktplatzbetreibers Temu und des singapurischen Mode-Onlinehändlers Shein.

Die Angaben darüber, wie viel Tonnage allein diese beiden Unternehmen per Luftfracht von China aus vor allem in die USA und nach Europa transportieren lassen, schwanken.

Die weitgehendste Annahme stammt von der Unternehmensberatung Cargo Facts Consulting, die in ihrer Analyse auf ein Aufkommen im Umfang von 9.000 Tonnen Ladung pro Tag kommen (5.000 Tonnen von Temu, 4.000 Tonnen von Shein).

Manche der von der DVZ befragten Marktbeobachter halten diese Menge für nicht realistisch und gehen eher von einer Menge von rund 3.000 Tonnen/Tag aus. Zum Vergleich: Apple, bislang einer der größten Luftfrachtverlader, soll auf ein tägliches Aufkommen von etwa 1.000 Tonnen pro Tag kommen.

Konsumverhalten begünstigt Luftfracht
Laut McKinsey-Partner Ludwig Hausmann liegt der Anteil der E-Commerce-Volumen an den weltweit transportierten Luftfrachtladungsmengen aktuell bei gut 20 Prozent und werde in den kommenden Jahren auf gut ein Drittel ansteigen.

Derzeit würden 70 Frachter pro Tag von China aus starten, mit ausschließlich E-Commerce-Ladung an Bord; dies ist nach Anzahl mehr als ein Drittel der in China verfügbaren Frachterkapazität von 200 Maschinen.

Die sich im Zuge eines veränderten Konsumverhaltens einstellende Aufwärtsentwicklung der Luftfrachtvolumen bildet sich auch in den Daten des Marktforschers WorldACD (WACD) ab, wenngleich in einem Umfang, der nicht dem tatsächlichen Umfang entsprechen dürfte.

So registrieren die Analysten von WACD für die ersten beiden Monate des laufenden Jahres ein zwar stattliches Tonnagewachstum von 13 Prozent gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Angesichts der in Rede stehenden Mengen der Cross-Border-E-Commerce-Volumen dürfte diese Zahl zu gering ausfallen.

Eine Erklärung dürften die für gewöhnlich nicht in den Daten auftauchenden Charterverkehre sein, die große Teile der E-Commerce-Volumen transportieren. Hinzu kommt, dass diese mengenmäßig oftmals nicht eindeutig erfasst werden und neben den Chartertransporten mal im Rahmen von Linienverbindungen, mal als Luftpost transportiert werden.

Quelle:
DVZ

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