Reeder wildern im Hinterland – Spediteure kritisieren unfairen Wettbewerb

Große Container-Reedereien nutzen offenbar Steuererleichterungen, um Speditionen gezielt aus den Märkten im Hinterland zu verdrängen.

„In immer mehr EU-Staaten organisieren Reedereien auch die Hinterland-Lieferketten inklusive Terminaldienstleistung, Landtransport und Lagerung als so genannte Haus-Haus-Verkehre selbst – bei einem Tonnagesteuersatz von lediglich sieben Prozent“, kritisiert Willem van der Schalk, Vorsitzer des Komitee Deutscher Seehafenspediteure im Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV).

Einseitige Privilegien führten zu Wettbewerbsverzerrungen im gesamten europäischen Gütertransportsektor, unterstreicht van der Schalk. Es sei nicht hinnehmbar, dass steuerliche Erleichterungen, die eigentlich zur Stabilisierung der Marktstellung europäischer Seeschifffahrtslinien im internationalen Wettbewerb gedacht seien, jetzt von den Reedereien dazu genutzt würden, um Speditionen an die Wand zu spielen. „Sie treten als Lieferkettenorganisatoren in unmittelbare Konkurrenz zu Speditionen, die einem effektiven Körperschaftssteuersatz von 27 Prozent unterliegen“, empört sich der Verbandsvertreter.

EU soll Steuervorteile auf Schiffe beschränken
Er will, dass die Europäische Kommission dafür sorgt, dass der geringe Tonnagesteuersatz auf den Betrieb eines Schiffes beschränkt bleibt und nicht auf reedereifremde Dienstleistungen ausgedehnt werden kann. Brüssel habe die Marktmacht der Reederei-Allianzen ohnehin noch verstärkt, als im März 2020 die Gruppenfreistellungsverordnung EG 906/2009 für Seeschifffahrtskonsortien um weitere vier Jahre verlängert wurde. Container-Linienreedereien bleiben dadurch vom grundsätzlichen Verbot unternehmensübergreifender und wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen weiterhin ausgenommen.

Das Angebot der Containerschifffahrt habe sich inzwischen auf neun Linienreedereien verengt, die sich in drei global agierende Allianzen zusammengeschlossen haben und derzeit zusammen etwa 86 Prozent des weltweiten Containervolumens kontrollieren, erläutert der DSLV. Diesem Angebotsoligopol stehe eine wachsende Nachfrage gegenüber und die Seefrachtraten blieben auf exorbitant hohem Niveau.

DSLV: Politik vergibt einseitige Privilegien
„Dass sich Märkte verschieben und Preise bei Nachfragesprüngen steigen, ist nicht ungewöhnlich“, sagt van der Schalk. „Ich bezweifle allerdings, dass der Seefrachtmarkt insgesamt noch funktioniert.“ Der maritime Sektor werde von der Politik zu einseitig durch die Brille der Schifffahrtsbranche betrachtet. Sie übersehe dabei, dass Speditionshäuser und Seehafenbetriebe einen erheblichen Anteil der maritimen Logistikprozesse steuerten. Aus EU-Sicht sei es richtig, maritimes Know-how durch vorteilhafte Rahmenbedingungen in Europa zu halten. Inakzeptabel seien „einseitige Privilegien“. Deutschland und die EU müssten jetzt handeln.

Quelle:
Xing

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