Aussperrung russischer Schiffe trifft deutsche Häfen nur marginal

Das von der EU-Kommission in Zusammenhang mit Sanktionen gegen Russland ausgesprochene Verbot von Anläufen europäischer Seehäfen für Schiffe unter russischer Flagge hat für die deutschen Häfen eher marginale Bedeutung. „In erster Linie trifft es russische Reedereien, Schiffsbetreiber und Anteilseigner“, sagt Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). „Wir unterstützen das Anlaufverbot. Der Seeverkehr zwischen Russland und Deutschland wird jedoch hauptsächlich von nicht-russischen Schiffen abgewickelt.“ Für die Größe des Landes ist die Seeschiffsflotte erstaunlich klein. Nach Zahlen des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik in Bremen (ISL) sind es 1.530 Einheiten über 1.000 Tonnen Tragfähigkeit (Stand: 1. Januar 2021). Nimmt man nur die Schiffe unter nationaler Flagge Russlands, sind es 1.205. Zum Vergleich: Deutschland kontrolliert 2.492 Schiffe, darunter allerdings nur 170 unter Bundesflagge.

Im Jahr 2021 verzeichneten deutsche Seehäfen nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes 106.172 Schiffsankünfte. Davon entfielen lediglich 365 Ankünfte auf Schiffe unter russischer Flagge. Der Seegüterumschlag mit der Ein- und Ausladeregion Russland machte im Jahr 2021 mit 26,6 Millionen Tonnen etwa neun Prozent des Gesamtumschlags deutscher Seehäfen (288,7 Millionen Tonnen) aus. Der größte Anteil entfiel mit rund 18 Millionen Tonnen auf Importe von Kohle, Öl und Mineralölerzeugnissen aus Russland.

Nachfragen bei den Seehäfen bestätigen die Zahlen. So heißt es beispielsweise bei Hafen Hamburg Marketing: „Viele Schiffe unter russischer Flagge wird es im Hamburger Hafen bisher schon nicht gegeben haben“. Auch die Hamburg Port Authority geht von einer Zahl zwischen 20 und 25 Schiffen aus. Schon nach den ersten Sanktionen gegen Russland kamen kaum noch Schiffe unter russischer Flagge nach Hamburg.

Der Hafen Kiel erklärte auf Anfrage: „Wir begrüßen diese Entscheidung der Europäischen Union, da sie eine klare Handlungsrichtlinie für den Umgang mit russischen Schiffen schafft. In der Vergangenheit kamen in unregelmäßigen Abständen Schiffe unter russischer Flagge aus St. Petersburg nach Kiel. Der Anteil von russischen Schiffen am Gesamtwarenumschlag in Kiel ist gering.“

Vom Hafen Wismar kommt das klare Statement, dass das Einlaufverbot nicht relevant sei, da der Hafen keine Waren aus Russland erhalte beziehungsweise russische Schiffe eher die Ausnahme sind.

Aus Lübeck von der Lübecker Hafen-Gesellschaft heißt es: „Die Linienverkehre zwischen Russland und Lübeck sind schon seit einiger Zeit komplett eingestellt, und diese Verkehre wurden auch nicht unter russischer Flagge betrieben. Vereinzelt ist in der Vergangenheit Ladung auf Schiffen mit russischer Flagge nach Lübeck gelangt. Sollten entsprechende Anfragen eingehen, halten wir uns als öffentlich zugänglicher Hafen natürlich an alle geltenden Sanktionsregeln.“

In Rostock gibt es zu den Sanktionen eine inhaltliche Abstimmung zwischen Hafen und Pressebüro der Stadt: „Sobald uns bindende Regelwerke vorliegen, werden wir diese im Rahmen der vorgesehenen Maßnahmen auch umsetzen. Basis für unser Handeln ist immer das geltende Recht. Fragen, was wir gegebenenfalls wann machen im Falle des Falles oder bei möglichen Alternativen, können wir aktuell nicht beantworten und Antworten wären reine Spekulation.“

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) und seine Mitglieder unterstützen die weiteren Sanktionen, die die EU gegen Russland beschlossen hat – auch, wenn Einfuhrverbote für Ladung wie Kohle durchaus Auswirkungen auf deutsche Reedereien haben. „Die anhaltenden Angriffe der russischen Armee und insbesondere die jetzt bekannt gewordenen Gräueltaten haben eine solche Antwort jedoch nötig gemacht.“ Sorge macht sich der VDR um die Seeleute. „Wir befürchten mögliche Gegenmaßnahmen der russischen Seite hinsichtlich der von der EU angeordneten Sperrungen von europäischen Häfen für russische Schiffe. Es besteht die Gefahr, dass Schiffe der VDR-Mitglieder in russischen Häfen festgelegt werden. Wir appellieren, Seeleute und zivile Handelsschiffe nicht zum Faustpfand in diesem Konflikt werden zu lassen“, erklärte VDR-Präsidentin Gaby Bornheim.

Im Hafen Rotterdam werden die Folgen des Konfliktes beobachtet, es werde jedoch keine eigene Politik verfolgt, hießt es auf DVZ-Anfrage. Der Hafen sei „nicht befugt, beispielsweise Unternehmen Beschränkungen aufzuerlegen. Der Hafenbetrieb unterstützt die Politik der niederländischen und europäischen Behörden“, so eine Unternehmenssprecherin. Auch der Hafen von Antwerpen prüft den Inhalt der EU-Sanktionen. „Aktuell scheinen die Auswirkungen in unserem Hafen eher begrenzt zu sein“, erklärte das Unternehmen am Freitag. Auf DVZ-Nachfrage erfolgte keine weitere Stellungnahme.

Quelle:
DVZ

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