HHLA/Eurogate: „Ein Zurück wird schwierig“

Es begann mit einer kurzen Pflichtmitteilung am 28. Mai 2020 und endete mit einer ebenso kurzen am vergangenen Freitag. Die Containerterminalbetreiber HHLA und Eurogate haben ihre gut zwei Jahre andauernden Kooperationsgespräche angesichts „der aktuellen geopolitischen Situation mit bisher unabsehbaren Auswirkungen“ vorerst gestoppt. In der Hafen- und Speditionsbranche wird dies unterschiedlich bewertet.

Nachdem der Ukraine-Krieg inzwischen weit über Europa hinauswirke, müsse die Hafenwirtschaft weiter mit Überlastung auf den globalen Transportmärkten rechnen. Das lege eine Zusammenarbeit nahe, auch wenn die Unsicherheit vor Ort eine Bewertung der Kooperationsmodelle aktuell erschwere, sagt Steffen Wagner, Leiter der Transportberatung bei KPMG, gegenüber der DVZ.

„Ein erfolgreicher Abschluss der Gespräche hätte gut in die Zeit gepasst“, findet auch Prof. Carlos Jahn, Leiter des Instituts für Maritime Logistik der Technischen Universität Hamburg und Leiter des Fraunhofer-Centers für Maritime Logistik und Dienstleistungen in Hamburg. Die Fusion sei eine Chance gewesen, „auf der Terminalseite dem Größenwachstum der Reedereien etwas Adäquates entgegenzusetzen“.

Angesichts der verschärften Abfertigungsengpässe wäre eine Kooperation der drei Terminalstandorte Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven umso dringlicher gewesen, erklärt der Seefrachtchef einer großen Bremer Spedition. Durch eine gemeinsame Schiffsanlaufplanung und verstärkten Bahntransfer von Containern hätte man die Prozesse beschleunigen können. „Rotterdam und Antwerpen werden sich jetzt freuen.“ Gerade in Hamburg stehen die Terminals angesichts des langen Rückstaus an Schiffen unter großem Druck. Der Logistiker Flexport zählte Ende vergangener Woche 14 Containerschiffe, die in der Deutschen Bucht auf Einfahrt nach Hamburg warteten.

Ein Vertreter der Hafenwirtschaft in Bremen vermutet, die beteiligten Manager seien von Anfang an nicht offen für eine Zusammenarbeit gewesen. „Die Beteiligten wurden eher durch die Politik dazu getrieben. Letztlich war der Druck von dort nicht groß genug.“

Gleichzeitig hätten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit Beginn der Gespräche verändert. Eurogate war im Jahr 2020 durch Wertberichtigungen und Rückstellungen für ein Rationalisierungsprogramm tief in die roten Zahlen geschlittert, entsprechend höher dürfte die Bereitschaft gewesen sein, sich mit einem starken Partner zusammenzutun. Im vergangenen Jahr fuhr das Unternehmen dank der Erholung der Umschlagmengen und gesteigerten Lagergelderlöse zurück in die schwarzen Zahlen.

Jan Ninnemann, Hanseatic Transport Consultancy, ist von den aktuellen Entwicklungen nicht überrascht. Er sieht bei beiden Unternehmen „Nachholbedarf in der Automatisierung, zu hohe Personalkosten und die Auswirkungen durch den Streik am Hafen. Diese Probleme kann man gemeinsam auch nicht besser lösen.“ Ninnemann beobachtet die Fusionspläne schon seit langem kritisch. „Ökonomisch ist der Sinn einer Fusion fraglich, weil man damit den Wettbewerb in der deutschen Bucht weiter einschränkt oder aushebelt.“ Das sei ein falsches Signal an den Markt. Stattdessen müssten die Probleme in den deutschen Seehäfen über die Konkurrenz untereinander gelöst werden.

Wettbewerb statt Kooperation
Nachdem eine Bündelung der Terminalkapazitäten an der deutschen Nordseeküste zunächst vom Tisch ist, stellt sich die Frage, wie es weitergehen soll. Bremer Stimmen meinen, dass statt Kooperation mehr Wettbewerb den Hafenstandorten guttun könnte. Ein Funktionsträger aus der Wirtschaft erklärte gegenüber der DVZ: „Vielleicht wäre es gut, einen großen Umschlagkonzern aus Singapur oder Dubai an einzelnen Terminals zu beteiligen, um frischen Wind in die Prozesse zu bringen.“

Auch in Hamburg gibt es Stimmen für die Beteiligung von Partnern in den Häfen. Es müsse geprüft werden, was „jenseits der Fusion Sinn macht, um die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen zu steigern“, so Ninnemann. Aus seiner Sicht könnten „Partner aus dem Reedereiumfeld oder der Logistik in die weitere Entwicklung“ eingebunden werden.

Prof. Burkhard Lemper, Geschäftsführer des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, zufolge wäre es plausibel, „dass die Gespräche wieder aufgenommen werden“. Bis dahin könnten aber einige Jahre vergehen, gibt Jahn zu Bedenken. Wagner befürchtet, dass die Gräben dann so groß sind, dass beide Unternehmen nicht mehr zueinander finden. „Es dürfte schwieriger werden, zurück an den Verhandlungstisch zu kommen.“ Abseits von Gesprächen um die Fusion müssten jetzt aktuelle Probleme gelöst werden, denn „gegenüber den Westhäfen verlieren die deutschen Seehäfen an Boden“, mahnt Lemper.

Quelle:
DVZ

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