Containerreedereien müssen gerechter besteuert werden

Bislang sind die großen deutschen Reedereien glimpflich davongekommen: Mit Ausnahme der Hamburger Linken, die vor kurzem in der Bürgerschaft einen Antrag auf Abschaffung der sogenannten Tonnagesteuer stellten, erwägt niemand ernsthaft, diese Unternehmen angemessen zu besteuern.

Dies gilt insbesondere für die global tätigen Großreedereien. In keinem Bereich der Schifffahrt ist die Entwicklung extremer als in der Containerschifffahrt: Ende 2022 werden die Liniencarrier das wirtschaftlich erfolgreichste Jahr in der Geschichte der Schifffahrt verbuchen und global einen addierten Betriebsgewinn von 270 Milliarden US-Dollar erwirtschaften; das dann nochmals übertroffene Rekordjahr 2021 spülte bereits 210 Milliarden Dollar in die Kassen der Konzerne.

Die steuerliche Sonderbehandlung der Carrier beruht auf der inzwischen in fast allen Herkunftsstaaten von großen Reedereien geltenden Tonnagesteuer, die zwar oftmals regional unterschiedlich ausgestaltet ist, doch überall die Schifffahrtsunternehmen von der Besteuerung ihrer Gewinne befreit. Stattdessen erhalten sie die Möglichkeit, einen pauschalen Betrag zu zahlen, unter Zugrundelegung der Nettoraumzahl ihrer Flotten.

Eine Steuerquote von 0,65 Prozent ist untragbar
In Deutschland wurde die Regelung 1998 eingeführt. Dank ihrer entrichtete etwa Hapag-Lloyd auf sein Betriebsergebnis von 2021 in Höhe von rund 9,4 Milliarden Euro 0,65 Prozent Steuern. Zum Halbjahr 2022 (EBIT: rund 9,1 Milliarden Euro) sank die Quote auf 0,4 Prozent. Es ist wahrscheinlich, dass die Steuerquote auf das erwartete Betriebsergebnis für 2022 von bis zu 18,2 Milliarden Euro wegen der gleichbleibenden Tonnage weiter sinken wird.

Die Reedereien selbst sind die falschen Adressaten der Kritik. Wer wollte ihnen vorwerfen, dass sie die gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen? Es ist vielmehr die Politik, die eine Handhabe finden muss, auf sehr hohe Gewinne einzelner weniger Unternehmen zuzugreifen, an denen der Fiskus nicht in angemessener Weise teilhat. Denn die Ergebnisentwicklung mag für die Unternehmen erfreulich sein, doch gesellschaftlich gesund ist sie nur, solange auch die Allgemeinheit partizipiert.

Starke Schultern müssen beim Tragen helfen
So ist es nicht akzeptabel, wenn sich leistungsfähige Unternehmen nicht an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligen, von denen sie letztlich selbst profitieren. Der Hauptgrund dafür, dass profitable Unternehmen an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben teilhaben sollten, beruht auf einem moralischen Imperativ. Das ist alles andere als ein schwaches Argument. Er ergibt sich vielmehr aus dem in Deutschland geltenden Prinzip der Steuergerechtigkeit.

Innerhalb der maritimen Wirtschaft wird diesem nicht ausreichend Rechnung getragen: Terminalbetreiber, Seefrachtspeditionen und andere Dienstleister, ohne die die maritime Lieferkette nicht zu organisieren wäre, gelangen nicht in den Genuss der Steuerbefreiungen. Die Einführung der steuerlichen Sonderbehandlung wurde von der Bundesregierung mit der Forderung verbunden, dass die Reedereien bis Ende 2014 wieder 600 Schiffe unter deutscher Flagge fahren lassen sollten. Diese Forderung wurde nie erfüllt. Ende vergangenen Jahres waren es gerade mal 275.

Dieser Umstand würde es nicht rechtfertigen, gleich die Tonnagesteuer zu streichen, da sie die deutschen Reedereien unbestreitbar wettbewerbsfähiger macht. Doch es muss möglich sein, das Neue zu machen, ohne das zu bewahrende Bestehende abzuschaffen. Es ist nur eine Frage des politischen Willens.

Quelle:
DVZ

Schreibe einen Kommentar