Schiffsstaus bilden sich langsam zurück

Die Containerschiffstaus rund um den Globus zeigen auf hohem Niveau deutliche Zeichen der Entspannung, wie das Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Montag mitteilte. Den Forschern zufolge befanden sich 10 Prozent aller weltweit verschifften Güter im Stau. Etwas geringer (9,7 Prozent) war der Wert zuletzt Anfang 2021. Dies zeigt das jüngste Datenupdate für den Kiel Trade Indicator.

Die Berechnungen deuten darauf hin, dass sich die Staus in der Containerschifffahrt auf hohem Niveau langsam zurückbilden. Das gilt zum Beispiel für das Gebiet der Nordsee vor den Häfen der Niederlande, Belgiens, Deutschlands und Großbritanniens (siehe Grafik 2/3). Dort waren Anfang Oktober noch 2,1 Prozent der globalen Frachtkapazität von Containerschiffen durch Staus gebunden. Einen Monat später sind es noch 1,7 Prozent. Niedriger war dieser Wert zuletzt Mitte April.

Der Warenaustausch von Deutschland und der EU mit Asien ist weiterhin gestört, wie die aktuellste Datenanalyse zudem zeigt. So wurden im Roten Meer, der Haupthandelsroute zwischen Europa und Asien, den Berechnungen zufolge Ende Oktober etwa 17 Prozent weniger Waren verschifft, als unter normalen Umständen zu erwarten gewesen wären (siehe Grafik 3/3).

Seit Beginn des Jahres sind die Frachtraten von China nach Nordeuropa um etwa zwei Drittel gefallen, wie die Forscher anhand von Freightos-Daten weiter analysiert haben. Erstmals seit rund zwei Jahren liegen die Preise für einen Standardcontainer wieder unter 5.000 US-Dollar. Auf der Route von China nach Nordamerika haben die Preise schon etwas früher zu sinken begonnen.

„Der deutliche Rückgang der Frachtraten ist ein positiver Impuls für den globalen Handel und damit auch für die deutsche Wirtschaft“, sagt Vincent Stamer, Leiter des Kiel Trade Indicator, und fügt hinzu: „Bleiben die Raten niedrig und lassen die weltweiten Schiffsstaus weiter nach, könnte der günstigere Transport Rezessionsängsten im exportierenden Gewerbe entgegenwirken.“

Ein am IfW programmierter Algorithmus wertet die Schiffsbewegungen aus und übersetzt sie in Handelsdaten. Dieser sogenannte Kiel Trade Indicator schätzt die Im- und Exporte von 75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Laut jüngstem Datenupdate bewegt sich der Welthandel preis- und saisonbereinigt derzeit tendenziell seitwärts im Vergleich zum Vormonat.

„Deutsche Ausfuhren folgen preisbereinigt schon seit geraumer Zeit dieser Entwicklung, die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen deutschen Exporteuren also offenbar spürbar zu schaffen“, sagt Stamer. „Chinas Plus bei den Exporten ist im weltweiten Trend ein klarer Ausreißer nach oben“, fügt der Ökonom hinzu. Ob damit die Erholung von den Einschränkungen der Null-Covid-Politik eingeläutet werde, bleibe abzuwarten. Stamer: „Historisch gesehen sind starke Schwankungen in Chinas Handelszahlen nicht ungewöhnlich.“

Russlands Importlücke
Eine weitere Erkenntnis der Wirtschaftsforscher: Bei Russland zeigen die Sanktionen der westlichen Staaten Wirkung. Sowohl für die Ex- als auch die Importe zeichnet sich im Oktober nochmals ein Rückgang des preisbereinigten Güterhandels ab. Bereits in den vergangenen Monaten war der Handel laut IfW-Daten deutlich eingebrochen, vor allem mit der EU.

Die offizielle Statistikbehörde von Russland veröffentlicht seit einigen Monaten keine Importwerte mehr. Eine IfW-Auswertung mittels der Exporte von 57 Ländern und Regionen nach Russland, darunter auch die EU und China, für die Sommermonate Juni, Juli und August 2022 zeigt, dass Russland monatlich rund 24 Prozent weniger Waren importiert als 2021. Monatlich fehlen dem Land nach IfW-Berechnungen Einfuhren im Wert von rund 4,5 Milliarden US-Dollar.

China nun Russlands wichtigster Partner
Während im Sommer 2021 noch die EU Russlands wichtigster Handelspartner war, hat den Forschern zufolge China nun diese Spitzenposition eingenommen. Die EU exportiere im Vergleich zum Vorjahr 43 Prozent weniger Waren nach Russland, China 23 Prozent mehr. Allerdings habe der Anstieg der Exporte von China nach Russland im September an Dynamik verloren. „Chinas Exporteure konnten die Sanktionsschäden auch bislang nicht kompensieren und Russlands Anstrengungen, wegbrechende Importe aus Europa zu ersetzen, gestalten sich zunehmend schwieriger“, sagt Stamer und weiter: „Die Sanktionen der westlichen Allianz treffen die russische Wirtschaft augenscheinlich hart und schränken die Konsummöglichkeiten der Bevölkerung spürbar ein“.

Darauf deute auch der Rückgang anlandender Ladung in russischen Häfen hin. Sankt Petersburg, ehemals größter Containerhafen Russlands und wichtiger Umschlagpunkt für den Handel mit Europa, erreichte laut IfW im Oktober erstmals weniger als 10 Prozent der Vorjahresmengen. Der Schwarzmeerhafen Noworossijsk verzeichne einen Rückgang um etwa 50 Prozent. Der für die Abwicklung des Asienhandels wichtige Hafen Wladiwostok liege bei der Umschlagmenge jetzt zwar auf Vorjahresniveau, der wegbrechende Handel zwischen Europa und Russland könne dort aber nicht kompensiert werden.

Quelle:
DVZ

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