Röhlig geht unter die Firmenjäger

Röhlig steht so gut da wie noch nie. 2022 sei das beste Jahr der 170-jährigen Unternehmensgeschichte gewesen, betonte Firmenchef Philip W. Herwig am Montag im Gespräch mit der DVZ. Das starke Ergebnis aus 2021 wurde noch einmal übertroffen. Und dennoch wird der Mittelständler mit dieser Größe langfristig wohl nicht wettbewerbsfähig sein, befürchtet er.

Die Röhlig-Spitze vollzieht daher eine Kehrtwende bei Unternehmenskäufen. Heißt konkret: „Wir schauen uns nun auch Übernahmeangebote an. Das haben wir in der Vergangenheit meist abgelehnt. Dabei geht es vor allem um kleinere Anbieter, die uns regional verstärken können“, sagt Herwig. Der Hintergrund: „Wir wollen so viel Volumen haben, dass wir mittelfristig sowohl für unsere Kunden als auch für die Carrier interessant bleiben. Daher haben wir uns ambitionierte Wachstumsziele gesetzt“, ergänzt CFO Robert Gutsche.

Welche Schwellenwerte konkret erreicht werden müssen, wollte das Röhlig-Top-Management auf Nachfrage der DVZ zwar nicht verraten. Klar ist aber: Angesichts des Planungszeitraums bis 2030 und der mit dem neuen Ansatz verbundenen Investitionen wird es nicht bloß um einige Prozentpunkte Zuwachs bei der Transportmenge gehen.

Knapp die 2-Milliarden-Marke verpasst
Erleichtert wird dieser offensivere Ansatz durch den Umstand, „dass wir cash positiv sind und einiges auf der hohen Kante haben“, verrät Gutsche. Dazu hat das abgelaufene Geschäftsjahr einmal mehr beigetragen. Der Umsatz erhöhte sich vom bisherigen Rekordumsatz von 1,5 Milliarden Euro in 2021 noch einmal um 400 Millionen auf nun 1,9 Milliarden Euro. Der Rohertrag stieg laut den vorläufigen Geschäftszahlen von 213 auf 276 Millionen Euro. Der operative EBIT-Gewinn erreichte 84 nach zuvor 61 Millionen Euro, womit Röhlig auf eine operative Marge von 4,4 Prozent kommt.

Für die langfristige Ausrichtung des Unternehmens ist allerdings künftig die Mengenentwicklung die relevantere Kenngröße. 2022 hat Röhlig in der Seefracht 262.000 TEU erreicht (2021: 256.000 TEU) und in der Luftfracht 121.000 Tonnen (125.000 Tonnen). Trotz der faktischen Stagnation in beiden Bereichen habe man aber besser abgeschnitten als der Markt. Ferner stieg der Rohertrag in der Seefracht um 58 Prozent und in der Luftfracht um 31 Prozent.

In der Kontraktlogistik als drittem Röhlig-Standbein buchte das Unternehmen ein Plus von 11 Prozent beim Bruttogewinn. Durch das europäische Logistik-Joint-Venture mit Penske Logistics wurde ferner die Lagerfläche auf dem Heimatkontinent signifikant erhöht. Zudem wurden die Kapazitäten in Südostasien und Ozeanien ausgebaut.

Und was plant Röhlig für das laufende Jahr? „Auch in einem sich aktuell abschwächenden Marktumfeld setzen wir auf Wachstum in unserem Kerngeschäft, auf den Ausbau unserer Digitalkompetenz und unseres globalen Netzwerks“, sagt Herwig. Vielleicht spielen dabei dann auch schon erste Akquisitionen eine Rolle.

Kein Personalabbau geplant
Anders als es derzeit bei vielen Start-ups- und Tech-Unternehmen zu beobachten ist, rechnet Röhlig in den kommenden Monaten nicht mit einem Personalabbau im eigenen Unternehmen – im Gegenteil. Derzeit wolle man rund 140 offene Stellen besetzen und ein drittes Talentförderprogramm für den Sales-Bereich einführen.

„Beim Personal wird es eine Rückkehr von den digitalen zu den etablierten Anbietern geben, da erste vermehrt Mitarbeiter abbauen. Wir machen planen das nicht“, sagt Ulrike Baum, Chief Human Resources Officer. Neben der Besetzung offener Stellen stehen auch die Themen Digitalisierung und IT-Security auf dem Plan fürs laufende Jahr.

Quelle:
DVZ

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