Hamburger Spediteure: „Wir haben das Verhalten der Reedereien nicht vergessen“

Das Verhältnis zwischen Spediteuren und Reedereien bleibt auch nach Ende der Pandemie angespannt. Nachdem die Schifffahrtsunternehmen die Ladung der Spediteure zu Spitzenzeiten aufgrund voller Laderäume nicht brauchten und sie teilweise abgewiesen haben, kämen sie jetzt angekrochen, um ihre Schiffe wieder zu füllen. „Wir haben das Verhalten der Reedereien aus den vergangenen zwei Jahren nicht vergessen“, sagt Willem van der Schalk, stellvertretender Vorsitzer des Vereins Hamburger Spediteure (VHSp).

Mit Blick auf die anstehenden Raten-Verhandlungen geben sich die Spediteure hanseatisch. „Wir sind an guten Lösungen für beide Seiten interessiert,“ sagte van der Schalk. Schließlich seien die Spediteure auf einigen Routen ebenso auf die Dienste der Reedereien angewiesen, wie andersherum die Schifffahrtsunternehmen auf die Ware der Spediteure. Der Interessenverband präsentierte am Donnerstag die Ergebnisse der jährlichen Mitgliederbefragung, bei der das Verhältnis zwischen Carriern und Spediteuren ein wichtiges Thema war.

Spediteure blicken pessimistisch auf das Jahr
Trotz der gegenseitigen Abhängigkeit erwarten die Spediteure keine Besserung bei der Zusammenarbeit mit den Schifffahrtsunternehmen. Ein akutes Problem sei, dass die Reedereien mit ihren hohen Gewinnen aus den Boom-Zeiten ins Spielfeld der Spediteure eingetreten sein. Der Verband kritisiert dies als „unfaire, wettbewerbswidrige Praktiken, um die Spediteure aus ihrem angestammten Geschäft zu verdrängen“. Plötzlich stünden sie in Konkurrenz zu ihren Lieferanten, was das Verhältnis sehr anspanne. Hinzu komme die „niederschmetternde“ Servicequalität der Reedereien, die sich in der Kommunikation und mangelnder Zuverlässigkeit zeige.

Ähnlich negativ sind die wirtschaftlichen Aussichten der Branche. Das Ergebnis der Mitgliederbefragung (Konjunkturindikator 2023) zeigt, dass 57 Prozent der Unternehmen von sinkenden Umsätzen in diesem Jahr ausgehen, 18 Prozent rechnen mit mehr Erlösen, das verbleibende Viertel erwartet stabile Umsätze. An der Umfrage beteiligten sich 40 Prozent der 326 Mitgliedsunternehmen. Im vergangenen Jahr waren die Erwartungen noch deutlich positiver.

Weniger Umschlag im Hafen
Die Speditionen beobachten, dass der Hamburger Hafen massiv an Ladung gegenüber den Westhäfen und auch zunehmend an die Häfen im Osten, zum Beispiel Danzig, verliere. Traditionelle Warenströme des Hamburger Hafens gingen verloren und einige Kunden forderten, dass Ware bewusst um Hamburg herum in andere Häfen umgeleitet werden solle. „Die Performance des Hamburger Hafens hält dem Wettbewerb nicht mehr Stand“, konstatiert Axel Plaß, Vorsitzer des VHSp. Die Vergabe von Abfertigungsslots an den Terminals sei intransparent für die Spediteure und Prozesse bei der Zollabfertigung sehr langwierig. Das mache eine verlässliche Planung nicht möglich.

Auch das deutsche Fristenmodell der Einfuhrumsatzsteuer bezeichneten die Interessenvertreter wiederholt als nachteilig gegenüber Rotterdam und Antwerpen, da es bei den Importeuren viel Geld binde und sie Waren umleiten würden. Um dies zu verbessern, müssen die Politik endlich funktionierende Rahmenbedingungen schaffen, anstatt „die Probleme auszusitzen oder von Senat zu Senat weiterzugeben“, so Plaß. Die Unternehmen würden für eine funktioniere Wirtschaft sorgen und benötigten keine Einmischung aus der Politik.

Klare Meinung zu Cosco-Beteiligung
Um künftig wieder mehr Ladungsmengen an den Hamburger Hafen zu binden, unterstützt der Verband die geplante Beteiligung von Cosco am Containerterminal Tollerort. Trotz der jüngsten Entwicklungen um die verspätete Anmeldung des Terminals als kritische Infrastruktur sieht der VHSp keine Sicherheitsbedenken an der geplanten Beteiligung. „Es handelt sich um eine rein kommerzielle Entscheidung, die den Unternehmen überlassen werden sollte“, sagte van der Schalk. Eine solche Beteiligung sichere Schiffsanläufe und damit Ladung und Arbeitsplätze. „Wir sollten nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen.“

Auf der anschließenden Mitgliederversammlung des Vereins wurde die meisten Vorstände in ihren Ämtern bestätigt; so auch der Vorsitzer Axel Plaß, der zeitgleich auch Präsident des Bundesverbandes Spedition und Logistik (DSLV) ist. Neu ins Gremium gewählt wurden Fritz Przybisch, Geschäftsführer der Rapid International Spedition, sowie Oliver Matthiesen von HBC Hanseatisches Bahn Contor. Gert Tews hat den Vorstand verlassen und wurde zum Ehrenmitglied gewählt.

Quelle:
DVZ

Schreibe einen Kommentar