HHLA-Terminal: Die Reaktionen auf die Freigabe der Cosco-Beteiligung

Mittwochabend vor einer Woche um 18.30 Uhr kommt pünktlich zur Party des Hamburger Hafens auf der transport logistic die Meldung heraus: Die Bundesregierung gibt die Minderheitsbeteiligung von Cosco Shipping Ports Limited (CSPL) am Container Terminal Tollerort (CTT) in Höhe von 24,99 Prozent frei. Die meisten der Gäste reagieren erleichtert.

Ausschlaggebend für die Entscheidung war die nun abgeschlossene Prüfung der überarbeiteten Verträge zwischen der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und CSPL im Bundeswirtschaftsministerium. Ursprünglich war eine Beteiligung in Höhe von 35 Prozent geplant, die das Bundeskabinett mit der Teiluntersagung im Oktober 2022 auf maximal 24,99 Prozent beschränkte. Die neuen Verträge würden den Vorgaben des Kabinetts entsprechen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Beide Unternehmen „begrüßen“ die Entscheidung der Bundesregierung, von der HHLA heißt es zusätzlich: „Wir sind uns der Sensibilität dieses Projektes bewusst und werden die Zusammenarbeit mit Cosco verantwortungsvoll fortsetzen.“

Besiegelt ist das Geschäft damit noch nicht, die Verträge müssen noch unterschrieben werden. Die Transaktion solle zeitnah finalisiert werden, heißt es von der HHLA. Genauere Angaben zu nächsten Schritten und einem Zeitplan machte das Unternehmen nicht. Der Hamburger Terminalbetreiber erhofft sich von dem Geschäft, Ladungsmengen und Arbeitsplätze am kleinsten der vier Terminals zu sichern. Die chinesische Staatsreederei Cosco – die seit gut 40 Jahren ihre Schiffe am CTT abfertigt – will das Terminal zu einem ihrer bevorzugten Umschlagpunkte in Europa machen. Mingfeng Mang, Geschäftsführer von Cosco Shipping Europe, sagt gegenüber der DVZ, dass die Beteiligung „die Zusammenarbeit zwischen dem Terminal und Cosco für weitere Jahrzehnte im Dienste der globalen Wirtschaft und der dort ansässigen Bevölkerung sichert.“

Beteiligung sichert Ladung, aber kein zusätzliches Volumen
Prof. Burkhard Lemper, Geschäftsführer des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, glaubt, dass durch die Beteiligung hauptsächlich die Kundenbeziehung sowie die schon vorhandene Ladung gesichert werde und prognostiziert: „Ich sehe keinen Schub an zusätzlicher Ladung, da Hamburg im Geschäft mit China bereits sehr stark ist.“ Mit Blick auf die geopolitische Diskussion sei die kritische Auseinandersetzung und die daraus folgende Beschränkung der Beteiligung gut gewesen. „Wir müssen aufpassen, dass diese Beteiligung nicht als Startpunkt für mehr Einflussnahme in Deutschland genutzt wird.“

Prof. Jan Ninnemann, der zu maritimen Logistikketten forscht, erwartet ebenfalls keinen „riesen Wurf“ in Sachen Umschlagentwicklung, sondern eher eine Stabilisierung: „Es ist gut für den Hamburger Hafen, dass der Deal zustande kommt und man einen großen Kunden an den Standort bindet.“

Henning Vöpel, Professor für Volkswirtschaft und Vorstand des Centrums für europäische Politik, denkt, dass Hamburg das Bündnis mit Cosco im Wettbewerb mit anderen europäischen Häfen helfen werde. Er könne es rational verstehen, dass die HHLA die Partnerschaft eingeht und sagt gleichzeitig deutlich: „Die Entscheidung ist nicht gut, denn trotz Minderheitsbeteiligung vertieft sie eine Abhängigkeit, die gefährlich werden kann.“

Es gehe ihm zufolge nicht um eine Entkopplung (Decoupling) im Handel mit China, aber um ein De-Risking. „Ab sofort ist es geboten, strategische Abhängigkeiten zu lösen“, sagt Vöpel. Bei der Zusammenarbeit mit China bestehe immer ein strategisches Ungleichgewicht: Einzelne europäische Unternehmen stünden dem chinesischen Staat gegenüber. In Summe entstehe eine „teure Abhängigkeit“. Vöpel sieht die europäische Politik in der Pflicht. Die EU müsse einen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen sich die Unternehmen bewegen dürften. Diese Entscheidung könnten einzelne Akteure nicht selbst leisten.

Russlands Krieg ändert alles
Ohne den russischen Angriffskrieg wäre die Entscheidung vermutlich Formsache gewesen. Schließlich sind Beteiligungen von Reedereien an Terminals weltweit gängig. Doch mit der „Zeitenwende“ starten die Diskussionen um Einflussnahme in kritische Infrastruktur. Schlussendlich genehmigte das Bundeskabinett im Oktober eine Minderheitsbeteiligung von CSPL am CTT von unter 25 Prozent. Mit dem niedrigeren Anteil hat Cosco unter anderem keine Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen.

Quelle:
DVZ

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