US-Hafenarbeiter drücken hohe Lohnsteigerungen durch

Nach der in der vergangenen Woche erzielten vorläufigen Einigung zwischen den Gewerkschaftsvertretern von rund 22.000 Hafenarbeitern der US-Westküste und den Arbeitgebern werden immer mehr Details der für eine Laufzeit von sechs Jahren angelegten Vereinbarung bekannt. So setzte die International Longshore and Warehouse Union (ILWU) laut „Wall Street Journal“ eine über mehrere Jahre gestreckte Lohnerhöhung durch, die sich ab 2028 in Summe auf ein Plus von 32 Prozent beläuft.

Hinzu kommt eine Bonuszahlung in Höhe von durchschnittlich rund 3.200 US-Dollar pro Arbeiter als Anerkennung für die während der Pandemie erbrachten Leistungen. Für diese Prämie mussten die Hafenunternehmen der von der Vereinbarung umfassten 29 Westküstenstandorte zusammen rund 70 Millionen Dollar aufbringen.

Die Einigung kam zustande, nachdem es im Zuge der seit Mai 2022 laufenden und zuletzt festgefahrenen Verhandlungen zu immer stärker werdenden Spannungen und vereinzelten Schließungen von Terminals gekommen war. Die Vorkommnisse hatten zu der Besorgnis geführt, dass es zu einer längeren Schließung von Häfen kommen könnte. Dies hätte zum Erliegen der maritimen Lieferkette im Handel zwischen Fernost und den USA führen können.

US-Regierung macht Druck
Der Durchbruch kam erst unter Mitwirkung der US-Regierung zustande, nachdem sich die ausübende Arbeitsministerin Julie Su in den seit rund 13 Monaten dauernden Streit eingeschaltet hatte. Die noch kurz zuvor für kaum möglich gehaltene Einigung erfolgte schnell; die Verhandlungsparteien verfassten sogar eine gemeinsame Erklärung.

Die Rahmendaten der erzielten Einigung, die noch von den Mitgliedsunternehmen des die Verhandlungen aufseiten der Arbeitgeber führenden Verbandes Pacific Maritime Association (PMA) akzeptiert werden müssen, werfen ein Schlaglicht auf die zurzeit enorme Verhandlungsmacht der Hafenarbeiter.

Es gelang ihnen, ihre bereits mehr als auskömmlichen Gehälter sehr stark zu steigern. Laut PMA verdiente ein festangestellter Hafenarbeiter im vergangenen Jahr ohne Zuschläge im Rahmen einer 38,4-Stunden-Woche durchschnittlich 197.514 Dollar. Höherrangige Hafenarbeiter kamen 2022 auf Gehälter von bis zu 306.291 Dollar.

Doch die Stärke der Gewerkschaften in der Post-Covid-Ära beschränkt sich nicht nur auf die US-Hafenarbeiter, sondern zeigt sich auch in anderen Bereichen der US-Logistik. So setzten kürzlich die Verhandlungsführer im Arbeitskampf der Piloten von Fedex nach der Androhung von Streiks eine vorläufige Einigung durch, in der Erhöhungen von Gehältern und Renten in Höhe 30 Prozent gefordert wurden.

Auch bei Delta Airlines wurden Erhöhungen von 34 Prozent über einen Zeitraum von zwei Jahren durchgesetzt. Hinzu kommen aktuell die Verhandlungen bei United Parcel Service, in denen die Verhandlungsführer der Gewerkschaften im Zuge der aktuellen Erfolge für die Arbeitnehmerseite wohl nicht nachstehen werden.

Von der Konkurrenz an der Ostküste überflügelt
Die hohen Abschlüsse erfolgen vor dem Hintergrund eines sich seit Jahren vollziehenden Bedeutungsverlusts der US-Westküstenhäfen zugunsten der Wettbewerbsstandorte an der Ostküste. Im August vergangenen Jahres verlor der Hafen Los Angeles den Spitzenplatz der umschlagstärksten US-Häfen an den zu diesem Zeitpunkt noch als gemeinsamer Standort auftretenden Hafenverbund New York/New Jersey.

Derzeit werden in den Häfen von Los Angeles und Long Beach 25 Prozent aller ein- und ausgeführten Container umgeschlagen, das ist über den Verlauf der zurückliegenden 20 Jahre der niedrigste Stand; einst hatte er bei 33 Prozent gelegen.

Vor allem die Wettbewerbshäfen der Golfregion (Port of Houston) profitieren, aber auch kleineren Standorten an der Ostküste wie den Häfen von Savannah und Charleston gelingt es, neben den Großhäfen von New York/New Jersey Ladungszuwächse und Marktanteile zu gewinnen.

Quelle:
DVZ

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