Paketdienste kämpfen mit sinkender Profitabilität

Die Unternehmen der Kurier-, Express- und Paketbranche (KEP) stehen angesichts des schwächelnden Onlinehandels und damit rückläufiger Sendungsmengen sowie steigender Preise durch die Inflation vor großen Herausforderungen. Aufgrund mangelnder Profitabilität hält Branchenkenner und Unternehmensberater Rico Back Investitionen in automatisierte und digitalisierte Prozesse für nötig, um effizienter zu werden, sagte er im Gespräch mit der DVZ. In den kommenden Jahren rechnet er mit weiterer Konsolidierung im Markt, da einige Akteure defizitär wirtschafteten und stark von den Finanzmitteln ihrer Muttergesellschaften abhängig seien.

Mehr als zehn Jahre lang profitierten die Dienstleister vom wachsenden Onlinehandel und stark steigenden Mengen. Besonders in den Jahren der Corona-Pandemie (2020/2021) legte die Zahl an Sendungen außergewöhnlich stark um jeweils zweistellige Prozentwerte zu. Im vergangenen Jahr hat diese Entwicklung einen vorübergehenden Dämpfer erhalten, und die Mengen gingen zurück. 4,15 Milliarden Sendungen transportierten die Anbieter in Deutschland einer Studie des Bundesverbands Paket und Expresslogistik (BIEK) zufolge. Das sind knapp 8 Prozent weniger verglichen mit 2021. Der Umsatz ging um 3,5 Prozent zurück und betrug branchenweit 26,9 Milliarden Euro.

Anbieter starten Preiskämpfe
Mit Blick auf diese Lage verdeutlicht Back, der einst German Parcel mitgegründet hat und Chef der britischen Royal Mail war, anhand einer Beispielrechnung aus seiner Erfahrung: „10 Prozent Mengenrückgang bedeuten 50 Prozent weniger Gewinn.“ Die Paketdienste seien als hochspezialisierte Skalierungssysteme auf gewisse Mengen angewiesen, um überhaupt Gewinne erzielen zu können. Zudem lasten die Inflation und „explodierte Kosten“ wie zum Beispiel für das Personal stark auf den Anbietern. „Das ist der Grund, warum die Paketdienste in Deutschland gerade mit sinkender Profitabilität kämpfen“, so Back.

Jede Sendung erlöste im vergangenen Jahr durchschnittlich 6,26 Euro, was nominal 19 Cent mehr als 2012 sind, heißt es aus der KEP-Studie des BIEK. Inflationsbereinigt liegt der Wert für 2022 allerdings nur bei 5,57 Euro. Das macht deutlich, „dass der nominale Zuwachs nicht ausgereicht hat, um die Preissteigerungen der vergangenen Jahre auszugleichen“.

Um die benötigten Mengen zurückzugewinnen, komme es zwischen ersten Anbietern wieder zu Preiskämpfen, wie es sie jahrelang nicht gegeben hätte, beobachtet Back. Die Endkunden seien enorm preissensibel geworden und hätten nun mehr Auswahlmöglichkeiten, schlicht weil die Anbieter Mengen für die Auslastung ihrer Systeme brauchen. „Diese Situation ist gefährlich“ und habe jüngst zur Insolvenz des britischen Anbieters Tuffnels geführt.

Prozessoptimierung im Fokus
Sowohl der BIEK als auch Back sehen die Branche mit hohen Herausforderungen beim Ausbau der Netze und Investitionen in nachhaltige Services konfrontiert. „Die Paketdienste müssen sich darauf einstellen, dass der Markt zwar weiterwächst, aber dass der Preisdruck bleibt. Aus dem Grund ist die Optimierung der Prozesse Grundvoraussetzung für den Erfolg“, so Back. Viele Muttergesellschaften der Paketdienstleister würden Kapital für diese Investitionen bereitstellen, auch um die stark gestiegenen Personalkosten in Zukunft einzusparen. „Durch die Automatisierung können sie die Mengen in einer günstigeren Weise bis zum Endverbraucher zustellen.“

ine weitere zunehmende Herausforderung sei die Zustellung auf der letzten Meile. Der BIEK betont in seiner Studie, dass die Ansprüche der Kunden an Flexibilität und Lieferoptionen höher als die Zahlungsbereitschaft sei. Der Trend geht laut Back dahin, dass kleinere Zustellzentren innerhalb der Stadt gebaut werden, damit die Fahrer morgens schnell die Kunden erreichen. „In der Zustellung müssen sie so optimiert wie möglich fahren. Je kürzer die Stoppstrecke ist, desto günstiger wird die Auslieferung.“ Back zufolge führt kein Weg daran vorbei, die Warenströme und Routen digital zu steuern. „Das geht gar nicht anders. Wenn die Firmen das nicht ordentlich digital machen, sind sie nicht wettbewerbsfähig“, so Back.

Die letzte Meile günstiger machen
Unter anderem die Deutsche Post DHL scheint diese Notwendigkeit erkannt zu haben. Vergangene Woche hat der Konzern eine stadtnahe Zustellbasis in Hamburg eröffnet und angekündigt, in den kommenden Jahren 150 weitere Zustellstützpunkte zu bauen. Außerdem will das Unternehmen die Zahl seiner Pack- und Poststationen weiter ausbauen, aktuell vermehrt in Kooperation mit großen Wohnungsbauunternehmen.

In den Packstationen sieht auch Back einen „wesentlichen Teil“, um die Zustellung auf der letzten Meile günstiger zu machen. „Im Schnitt kostet die Zustellung eines Pakets 3 Euro. Um diesen Kostenfaktor zu optimieren, muss die Auslieferung gebündelt werden.“ Daher prognostiziert er: „Die Haustürzustellung wird teurer, die Packstation günstiger werden.“ Wenn es diese Preisanreize und eine flächendeckende Verfügbarkeit gebe, „dann gehen die Packstationen ins Allgemeingut über“, und Kunden würden den zeitlichen Mehraufwand einer solchen Selbstbedienungsstation akzeptieren. Für die Anbieter werden die Stationen auch deshalb deutlich attraktiver, weil heute schon eine Auslastung von 40 Prozent reiche, um kostendeckend zu arbeiten, so Back. Früher lag dieser Wert bei bis zu 80 Prozent.

„Der Paketmarkt ist ein guter Markt“
Mit Blick auf Wachstumsmöglichkeiten sieht Back vor allem Potenzial im innereuropäischen Landverkehr, aber weniger im interkontinentalen Warenaustausch. Die globale Entwicklung hänge stark von den geopolitischen Rahmenbedingungen ab. Wenn sich die Blockbildung zwischen China und Russland auf der einen und dem Westen auf der anderen Seite verstärke, würden Firmen ihre Produktionsstätten verlagern und die Läger füllen, so dass sich als Folge die Logistikketten verschieben. Auch der BIEK geht davon aus, dass die Zahl internationaler Sendungen zunimmt – bis 2027 erwartet er jährlich 1,9 Prozent mehr.

Die verstärkte Expansion chinesischer Anbieter wie Cainiao, Logistiktochter der Handelsplattform Alibaba, sieht Back durchaus als Chance für europäische Dienstleister, da lokale Partner für den Transport gebraucht würden. Die chinesischen Firmen habe er – anders als Amazon – als sehr partnerschaftlich agierende Firmen kennengelernt. Allerdings bestehe das Risiko, dass diese Firmen an die chinesische Regierung gebunden seien. Daher sei es wichtig, sich als Logistiker nicht zu stark von einem Kunden abhängig zu machen. Dabei erinnert er an die eingangs beschriebenden Skaleneffekte auf die Profitabilität.

Den globalen Krisen und nationalen Herausforderungen zum Trotz ist Back von der Branche überzeugt: „Der Paketmarkt ist ein guter Markt“, um gleichzeitig einzuschränken: „Aber ein guter Markt bringt noch keinen guten Erfolg. Die Firmen müssen auch was Gutes daraus machen“, und er appelliert an die Unternehmen, mit Hilfe der Digitalisierung ihre Kostenstrukturen zu optimieren.

Quelle:
DVZ

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