EuGH-Anwalt sieht Lkw-Rückkehrpflicht als unzulässig an

Sieben EU-Staaten haben beim Europäischen Gerichtshof 15 Klagen gegen das EU-Gesetzespaket für den Straßengüterverkehr eingereicht. Jetzt hat EuGH-Generalanwalt Giovanni Pitruzzella den Richtern seine Empfehlungen für ein Urteil vorgelegt. Wann dieses gesprochen wird, steht noch nicht fest.

Ein Pfeiler der umstrittenen neuen EU-Vorschriften für den Straßengüterverkehr (Mobilitätspaket I) kommt juristisch ins Wanken: EuGH-Generalanwalt Giovanni Pitruzzella vertritt in seinem Schlussantrag zu den insgesamt 15 beim Europäischen Gerichtshof gegen das Mobilitätspaket anhängigen Klagen die Ansicht, dass der Artikel der Verordnung EU/2020/1055 für nichtig erklärt werden sollte, in dem festgeschrieben ist, dass ein Lkw im internationalen Verkehr spätestens nach acht Wochen an eine Betriebsstätte in dem EU-Staat zurückkehren muss, in dem das betreffende Transportunternehmen niedergelassen ist.

Das Europäische Parlament und der EU-Ministerrat haben nach Ansicht von Pitruzzella gegen den im EU-Recht verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, als sie die Lkw-Rückkehrpflicht beschlossen. Sie hätten nämlich keine Analyse der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen der Verpflichtung vorgenommen, schreibt der Generalanwalt. Die Richter des EuGH folgen den Schlussanträgen der Generalanwälte häufig. Wann ein Urteil gesprochen wird, ist noch nicht bekannt.

Alle anderen Einwände überzeugten nicht
Die Kläger haben noch weitere Einwände gegen die Lkw-Rückkehrpflicht vorgebracht. Sie argumentieren etwa, dass diese den Klima- und Umweltschutzzielen der EU widerspricht, sich nicht mit dem Vorsorgeprinzip beim Schutz der menschlichen Gesundheit vor Luftschadstoffen vereinbaren lässt, dass sie Transportunternehmen aus Ländern an der EU-Peripherie benachteiligt und dass der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie der Ausschuss der Regionen nicht vorschriftsmäßig konsultiert wurden. Alle diese Argumente stuft der EuGH-Generalanwalt als nicht fundiert ein.

Alle übrigen Klagen sollte der EuGH ebenfalls abweisen, empfiehlt Pitruzzella. Sie richten sich gegen alle im Mobilitätspaket enthaltenen Gesetze: die Verordnung über Lenk- und Ruhezeiten, die Verordnung, in der die Lkw-Rückkehrpflicht und neue Einschränkungen für Kabotagefahrten enthalten sind, sowie gegen die Entsenderichtlinie. Die verschiedenen Klagen wurden im Dezember 2020 von Bulgarien, Rumänien, Polen, Litauen, Ungarn, Zypern und Malta eingereicht. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte auf DVZ-Anfrage, die Kommission kommentiere keine EuGH-Schlussanträge und Urteile. Sie werde sich das Plädoyer anschauen und das Urteil abwarten.

BGL: Rückkehrpflicht ist unverzichtbar
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) kommentierte: „Die regelmäßige Rückkehr des Fahrzeugs ist ein essenzieller Bestandteil des Mobilitätspakets und zwingend notwendig, um Wettbewerbsgleichheit und menschenwürdige Arbeitsbedingungen wiederherzustellen“. Die Rückkehr des Fahrzeugs unterstreiche die wirtschaftliche Verbindung zu dem niedergelassenen Transportunternehmen. „Es steht jedem Unternehmen frei, seine Fahrzeuge dort zuzulassen, wo seine wirtschaftliche Aktivität stattfindet“, erklärte der BGL auf Anfrage der DVZ. Der Verband werde die Schlussanträge des Generalanwalts „im Detail analysieren.“

Quelle:
DVZ

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