Angriffe im Roten Meer: Kommt jetzt der Ever-Given-Effekt?

Im Roten Meer greifen Huthi-Rebellen wiederholt Containerschiffe an und treiben damit die Transportkosten. Logistikunternehmen suchen sich nun alternative Routen – mit Folgen für deutsche Umschlagplätze.

Es herrschte starker Wind, als die Ever Given vor knapp drei Jahren, am 23. März 2021, von Süden in den Suezkanal einfuhr. An fünfter Stelle in einem Konvoi von insgesamt 20 Schiffen konnte sie ihren Kurs zunächst halten. Doch um 7.40 Uhr passierte es: Eine Böe traf das große Containerschiff, das sich nach Osten drehte, an der Kanalböschung hängen blieb, kurz darauf mit dem Bug die westliche Seite erreichte – und den gesamten Welthandel ins Stocken brachte.

Insgesamt vergingen nur sechs Tage, bis das Schiff wieder freigeschleppt war. Die Folgen aber zeigten sich über Monate: stockende Lieferungen und steigende Frachtraten – besonders im Handel zwischen Asien und Europa. Und so steht die Ever Given bis heute als Synonym dafür, wie bedeutsam der Suezkanal, diese zentrale Schlagader des Welthandels, für die globale Konjunktur ist. Und so wurden auch nach den ersten Attacken der Huthi-Rebellen auf Containerschiffe im Roten Meer, in das der Suezkanal im Süden mündet, gleich die warnenden Stimmen laut, der Welt drohe ein ähnlicher Effekt.

Zunächst schien sich das nicht zu bestätigen, in den ersten Wochen steuerten die Reedereien zwar ihre Schiffe um, die Preise aber veränderten sich nicht wesentlich. Nun aber scheint der Ever-Given-Effekt da zu sein: Infolge der Angriffe sind die Seefrachtraten im Januar um 235 Prozent im Vergleich zum Vormonat gestiegen, wie das Logistikunternehmen Forto berichtet. Zwar seien die Preise noch nicht bei dem Höchstniveau aus Corona-Zeiten, aber „die Geschwindigkeit, mit der die Raten seit dem Beginn der Krise vor fünf Wochen gestiegen sind, entspricht oder übertrifft sogar die Geschwindigkeit während der Pandemie.“

Neue Seidenstraße als Alternative
Wie groß die Probleme inzwischen sind, zeigt sich tausende Kilometer weiter nördlich, wo keine Schiffe Waren transportieren, sondern kilometerlange Güterzüge: auf der Neuen Seidenstraße, der Bahnverbindung zwischen China und Europa. Schon seit Jahren baut China mit der Neuen Seidenstraße ein Infrastrukturprojekt auf, das Asien mit dem Rest der Welt verbinden soll – Deutschland eingeschlossen. So kommen die Züge aus Ostasien regelmäßig in den großen Umschlagplätzen hierzulande an, in den Häfen von Hamburg oder Duisburg, dem Endpunkt der Neuen Seidenstraße.

Der Hamburger Hafen spürt die Krise im Roten Meer. Die Angriffe der Huthi Rebellen hätten für mehr Schienenverkehr gesorgt, bestätigt das Unternehmen. „Das Aufkommen ist laut mit den mit den Bahntransporten befassten Unternehmen zuletzt wieder deutlich angestiegen.“ Grund dafür seien neben der verlängerten Lieferzeit und eine „deutlich geringer gewordene Preisdifferenz zwischen Schienenfracht und Seefracht“. Auch der Duisport vermeldet: „In Bezug auf die Zugverkehre aus China registrieren wir derzeit einen spürbaren Anstieg der Nachfrage.“

Keine negativen Folgen für den Welthandel
So gut der Schienenverkehr als Indikator für die Problemlagen im Schiffsverkehr geeignet sein mag, ausgleichen aber kann die Bahn die Probleme dort nicht. Der Schienenverkehr aus China macht in den Zielhäfen nur einen Bruchteil der gesamten Umschlagsmenge aus.

So kamen in Hamburg im Jahr 2021 insgesamt 160.000 20-Fuß-Container mit dem Zug an – 2022 waren es sogar nur 81.000. Zum Vergleich: Per Schiff kamen 2022 insgesamt 2,5 Millionen Container aus China in Hamburg an. Im Duisport verhält es sich ähnlich: „Die Schienengütertransporte aus China machen nur rund drei bis fünf Prozent des jährlichen Gesamtcontainerumschlags im Duisburger Hafen aus“, berichtet das Unternehmen.

nsgesamt sind die Sorgen der Hafenbetreiber, trotz aller Preisanstiege, noch nicht so groß wie nach der Havarie der Ever Given. Die Reedereien würden ihre Transporter gar nicht erst in das Rote Meer einfahren lassen, was zwar zusätzliche Zeit koste, aber zu keinen „Schiffstaus“ führen würde, erklärt der Hafen in Duisburg. Auch Hamburg macht deutlich: „Negative Folgen für den weltweiten Handel sind nicht zu erwarten.“

Quelle:
WiWo

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