Hapag macht es wie Lufthansa

Bislang ist Hapag-Lloyd noch unpünktlicher als die Deutsche Bahn. Das soll sich dank eines neuen Partners ändern – und drastisch abgespeckter Routen.

Als die Kamerascheinwerfer auf der Bühne erlöschen, ruft jemand von den Sitzreihen noch ein „Glückwünsch zur Vertragsverlängerung“. Schlagartig löst sich die Schulterspannung des so sphinxartig dreinblickenden Hapag-Lloyd Chefs Rolf Habben Jansen, für einen Moment lächelt er sogar. Man habe durch die Verlängerung den neuen Kurs von Hapag „frühzeitig unterstreichen“ wollen, sagt Jansen dann wieder ernst und beschließt die Bilanzrunde in Hamburg.

Der Erfolg dieses Kurses wird auch zeigen, ob der Manager tatsächlich seinen jetzigen Vertrag bis 2030 erfüllt. Mit dann 16 Dienstjahren würde Jansen zweifelsohne als Unternehmensikone in die Geschichtsbücher eingehen. Zur Einordnung: 2014 schrammte Deutschlands größte Reederei noch knapp an der Insolvenz vorbei. 2022 sprudelten die Gewinne nach dem Lieferkettenchaos durch Corona dann höher als bei den Autobauern von Volkswagen.

Und jetzt? Hoffen Hapag und die Schiffslogistiker darauf, dass es diesmal wieder schnell bergauf geht. Keine Branche ist so konjunktursensibel wie die der Reeder. Seit Jahrzehnten schwimmen sie von einem Hoch zum nächsten Wellental. Der Umgang mit der Krise in den kommenden Jahren wird zeigen, ob Hapags neue Strategie samt dem überragenden Fokus auf Qualität sich für das Unternehmen auszahlt. Und sie wird zeigen, ob Jansen den Eintrag in die Geschichtsbücher wirklich verdient.

In Zahlen liest sich der gegenwärtige Abwärtstrend beim fünfgrößten Reeder der Welt so: 2,7 Milliarden Dollar Gewinn und knapp 14 Prozent Marge – das drittbeste Ergebnis in der Unternehmenshistorie. Aber auch fast 16 Milliarden weniger als im Sonderjahr zuvor. Und: Fast der gesamte Ertrag fußt auf den ersten Monaten von 2023. „Ein Jahr mit zwei ungleichen Hälften“, nannte es Jansen am Donnerstag.

Seit Monaten droht das Gespenst der chronisch bedingten Überkapazitäten, weil Reedereien während der Pandemie neue Schiffe bestellt hatten. Allein Hapag bekommt in diesem Jahr zehn neue Frachter ausgeliefert, davon drei große. Die weltweite Flotte dürfte dem Branchendienst Alphaliner zufolge auf den Rekordwert von drei Millionen Standardcontainer anwachsen.

Im Moment würden die Neuen gebraucht, so Jansen. Seit den Huthi-Angriffen im Roten Meer, bei denen im Dezember auch ein Hapag-Schiffe von einer Rakete getroffen wurde, meiden die Unternehmen die Fahrt durch den Suezkanal und umschiffen den afrikanischen Kontinent. Das verringert die Kapazitäten – und verteuert den Transport. Den Aufwand bei Flotten, Zeit und Treibstoff holen sich die Logistiker zu günstigen Konditionen von den Kunden zurück. Dass ein solches Szenario allerdings nicht ewig weitergeht, ist allen klar. „Irgendwann werden die Frachtraten wieder fallen“, sagte auch Jansen.

Für Jansen geht es dann darum, die Kosten im Griff zu behalten. Insgesamt will das Unternehmen bis 2030 um „30 Prozent effizienter“ werden. Dafür steigert es die Zahl seiner IT-Experten und digitalisiert die Stahlboxen mit Trackern, um Daten und Routen genauer zu bestimmen. Den großen Wettbewerbsvorteil verspricht sich Jansen allerdings durch die ausgerufene Qualitätsoffensive. Binnen sechs Jahren soll Hapag der „unangefochtene Qualitätsführer“ werden. Neun von zehn Boxen sollen dann pünktlich ans Ziel gelangen. Im Moment ähneln die Werte eher den Pünktlichkeitsquoten der ICEs der Deutschen Bahn und liegen bei nicht mehr als 60 Prozent. „Da haben wir noch ein gutes Stück vor uns“, sagt Jansen.

Um das zu erreichen, investiert das Unternehmen in Häfen und Terminals, zuletzt in Wilhelmshaven, Tanger oder Chile. An 20 Häfen ist das Unternehmen bislang beteiligt. In den nächsten fünf Jahren sollen Jansen zufolge zehn weitere dazukommen. „Die Preise für Infrastruktur sind heute noch zu hoch, aber das wird sich bald ändern“, sagte der Hapag-Chef. Durch Hafenbeteiligungen können Reeder ihre Ladungen oft schneller löschen und müssen sich bei Schiffsstaus nicht hinten anstellen.

Für pünktlichere Lieferungen setzen die Hamburger außerdem auf eine neue Partnerschaft. Ab dem kommenden Februar kooperiert das Unternehmen mit den Dänen von Moller Maersk in der neuen Schiffsallianz Gemini. Mit einer Flotte von 290 Frachtern will das Duo fast 3,4 Millionen Standardcontainer in praktisch jeden Winkel der Welt bewegen. Dabei auf den Hauptverbindungen nicht alle bisherigen großen Häfen, sondern nur ausgewählte Hubs ansteuern. Statt sechs Halte wie bislang bei der Route von China nach Europa könnten es dann nur drei werden. Das sei wie beim Luftverkehr auch, erklärt Jansen: „Der Flieger startet in China und landet ohne Zwischenhalte in Frankfurt.“ Ein Teil der Ladung könnte mit kleineren Shuttle-Schiffen und noch kleineren Feedern zu regionalen Häfen transportiert werden. Als ein solcher übrigens ist auch der Hafen von Hamburg vorgesehen.

Doch was in der Luftbranche bei Lufthansa als Standard gilt, ist in der Schifffahrt ein Novum. Unklar ist, ob die Ladung rechtzeitig die kleineren Häfen erreicht. Auch die Zahl der nötigen Zulieferschiffe ist bislang unbekannt. Für Jansen sind derlei kritische Einwürfe „Spekulation“. Man habe jetzt einen Plan und wolle ihn auch umsetzen, sagt er.

Quelle:
WiWo

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