Experte: Hamburg gibt Kontrolle an HHLA ab

Bei einer zweiten Anhörung in einem Fachausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft haben Experten vor dem anstehenden Entscheid Vorbehalte angemeldet. Diese betreffen vor allem den Einfluss von MSC bei wichtigen Unternehmensentscheidungen.

Bevor die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft über den geplanten Einstieg der Reederei MSC beim Hafenlogistiker HHLA entscheiden müssen, wurden am Dienstagnachmittag erneut Sachverständige im Ausschuss für Wirtschaft und Ausschuss für öffentliche Unternehmen des Parlaments angehört. Dieses Mal hatten sie vorab Einblick in einen Teil der bislang vertraulichen Unterlagen bekommen. Am deutlichsten formulierte Joachim Seeler, Geschäftsführer von HSP Hamburg Invest und ehemaliger Fachsprecher der SPD für den Hafen, wesentliche Punkte des Deals. Er moniert, dass die Stadt Hamburg mit dem Deal faktisch die Kontrolle über die HHLA abgeben würde.

Auch wenn sie künftig mit 50,1 Prozent auf dem Papier die Mehrheit behalte, bekomme MSC als neuer Miteigentümer über die Satzung des Gemeinschaftsunternehmens ein Vetorecht zugesprochen. Das gelte für wesentliche Entscheidungen wie die Investitionsplanung oder mögliche Übernahmen, so Seeler. Für ihn ist das ein „No-Go für die Transaktion“.

Zudem vermisst er ein Verkehrswertgutachten, das im Vorfeld der Verhandlungen einen angemessenen Kaufpreis für die HHLA ermittelt hätte. Er rät den Abgeordneten dazu, ein sogenanntes IDW-S1-Gutachten zu fordern. Schließlich seien sie laut Landeshaushaltsverordnung dazu verpflichtet, der Übernahme eines öffentlichen Unternehmens nur zuzustimmen, wenn der Preis auf Grundlage eines transparenten Gutachtens ermittelt wurde. Sollte die Stadt beabsichtigen, die Anteile von MSC eines Tages zurückzukaufen, sehen die Verträge hingegen ein solches Gutachten zur Kaufpreisermittlung vor.

Aus Sicht des hafenpolitischen Sprechers der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Götz Wiese, könnte durch das Vorgehen des Senats der Tatbestand einer möglicherweise rechtswidrigen Beihilfe eingetreten sein – eine Einschätzung, die der Jurist und Sachverständige Ralf Hüting im Ausschuss nicht vollständig ausschließen wollte. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entspricht der Marktpreis jeweils dem höchsten Preis, den ein privater Kapitalgeber unter herkömmlichen Wettbewerbsverhältnissen für das betreffende Unternehmen entrichtet hätte. Vor allem die CDU sieht die HHLA deutlich unter Wert verkauft und hat deshalb bereits eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt.

Ausgehend von einem Aktienpreis von 16,75 Euro sei der HHLA-Deal mit insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro bewertet worden, hatte Wiese zuletzt erklärt. Tatsächlich gebe es aber auch eine Bewertung von 2,8 Milliarden Euro. Hinzu komme: Allein die HHLA-Bahngesellschaft Metrans soll zwei Milliarden Euro wert sein. Der rot-grüne Senat lehnt ein solches Verkehrswertgutachten bislang ab. Finanzsenator Andreas Dresse (SPD) sagte im Ausschuss, der Senat habe sich schlicht für einen anderen Preis- und Verfahrensweg entschieden – was selbst dem SPD-Abgeordneten und Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Mathias Petersen, übel aufstieß. „Das bedauere ich extrem“, sagte dieser.

Entscheidung vor der Sommerpause erwartet
Gunther Bonz, ehemaliger Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde, wies darauf hin, dass es in den Verträgen keine Informationen gebe, ob die deutsche oder englische Vertragsfassung in einem Streitfall gelte. Außerdem sei nicht geklärt, ob deutsches, schweizerisches oder ein anderes nationales Recht gelte.

Der in der Angelegenheit federführende Haushaltsausschuss will seine Empfehlung zu dem Deal voraussichtlich am 11. Juni abgeben, sodass die Hamburgische Bürgerschaft wie geplant noch vor der Sommerpause des Parlaments eine Entscheidung treffen könnte. Aufgrund der rot-grünen Mehrheit gilt eine Zustimmung als sehr wahrscheinlich. Parallel läuft ein Fusionskontrollverfahren bei der EU und es müssen mehrere Beschwerden zu dem Deal geprüft werden.

Quelle:
DVZ

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