Rewe beteiligt sich an Schnelllieferdienst Flink

Die Handelsgruppe Rewe baut ihr Engagement im Online-Lebensmittelhandel aus und steigt beim Schnelllieferdienst Flink ein. Rewe habe bei der jüngsten, 240 Millionen Dollar (198 Millionen Euro) umfassenden Finanzierungsrunde des Berliner Start-ups eine Minderheitsbeteiligung erworben und werde außerdem exklusiv die Warenversorgung von Flink übernehmen, teilte Rewe am Freitag mit.

Flink ist einer von mehreren Schnelllieferdiensten, die zurzeit für Bewegung im Onlinehandel mit Lebensmitteln sorgen, indem sie die Lieferung der bestellten Ware mit Hilfe von E-Bikes beispielsweise innerhalb von 10 Minuten anbieten. Bekanntester Konkurrent ist Gorillas. Finanziert werden die Start-ups überwiegend durch Wagniskapital.

Rewe-Chef Lionel Souque betonte, der Online-Lebensmittelhandel in Deutschland habe sich in der Coronakrise verdoppelt. Rewe sehe sich als Marktführer mit seinen Liefer- und Abholangeboten gut positioniert. Doch sei zu erkennen, „dass sich das Liefergeschäft mit Lebensmitteln in Deutschland aktuell sehr stark ausdifferenziert“. Neben umfassenden Vollsortiments-Anbietern wie Rewe mit bis zu 20.000 bestellbaren Artikeln träten Schnelllieferdienste, die eine kleinere Warenauswahl innerhalb weniger Minuten lieferten. Rewe wolle durch die Kooperation mit Flink von diesem Marktsegment profitieren. Der Kölner Handelskonzern ist zurzeit nach Einschätzung von Experten Marktführer im E-Commerce-Geschäft mit frischen Nahrungsmitteln.

Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka, der lange Zeit im E-Commerce eher zurückhaltend agierte, setzt auf eine Beteiligung an Picnic. „Picnic wird der Online-Arm von Edeka werden“, sagte Edeka-Chef Markus Mosa kürzlich. Gleichzeitig betonte er: „Wir streben keine Mehrheit an dem Unternehmen an, keine Kontrolle.“ Ein so komplexes Geschäft überlasse man am besten denen, die es könnten. „Kein stationärer Händler kann online am Ende besser sein als ein echter E-Commerce-Händler.“ Doch sicherte sich auch Edeka eine Schlüsselrolle bei der Belieferung des Start-ups.

Wirklich optimistisch ist er, was die Erfolgsaussichten gerade der Schnelllieferdienste wie Gorillas oder Flink angeht, allerdings nicht. „Es ist nicht auszuschließen, dass das Geschäftsmodell von Gorillas, Flink und Co. funktioniert, aber ich glaube es in bestehender Form nicht. Sie bedienen mit großem Aufwand eine am Ende doch recht kleine Zielgruppe, und bislang hat noch niemand bewiesen, dass man damit in Europa Geld verdienen kann.“

Viele Millionen für eine schnelle Expansion
Es geht um einen Milliardenmarkt: Der Online-Lebensmittelhandel gehört zu den größten Gewinnern in der Coronakrise. Nach dem „Online Monitor“ des Handelsverbandes Deutschland kauften die Menschen 2020 rund 60 Prozent mehr Lebensmittel im Onlinehandel als vor der Pandemie. Und das Wachstum hätte wohl noch größer sein können, wenn die Lieferkapazitäten nicht an ihre Grenzen gestoßen wären.

Die Dienste setzen aber nicht nur bei der Expansion auf Tempo. Ihr Versprechen: Die bestellte Ware wird innerhalb von nur 10 Minuten aus dezentralen Lagern in den Stadtteilen per Fahrradkurier geliefert. Flink ist mittlerweile in 19 Städten in Deutschland präsent, Gorillas in 17 Kommunen. Der türkische Express-Lebensmittellieferant Getir will in den kommenden Wochen in Berlin starten. Auch wenn das Unternehmen in Deutschland noch weitgehend unbekannt ist, ist es doch ein Schwergewicht unter den Start-ups. Bei der jüngsten Finanzierungsrunde wurde Getir nach eigenen Angaben mit 7,5 Milliarden US-Dollar bewertet.

Doch ist das Tempo bei der Lieferung wirklich so wichtig? Andere Start-ups lassen sich etwas mehr Zeit. Der tschechische Online-Lebensmittelhändler Rohlik will mit seiner Tochter Knuspr ab Ende Juli von München aus den deutschen Markt aufrollen. Geliefert werden soll innerhalb von drei Stunden. Dafür ist das Warenangebot mit bis zu 16.000 Produkten aber auch deutlich größer als bei Flink oder Gorillas.

Noch mehr Zeit mit der Lieferung lässt sich der niederländische Wettbewerber Picnic. Denn er liefert die Produkte wie früher der Milchmann nur an bestimmten Tagen zu festgelegten Zeiten. So können die Zustellungen in einer Straße oder in einem Viertel gebündelt werden. Das garantiert eine bessere Auslastung der Fahrzeuge und niedrigere Kosten. Geschadet hat das dem Erfolg der Niederländer bisher nicht. Im Coronajahr 2020 konnte Picnic die Zahl seiner Kunden nach eigenen Angaben von 50.000 auf 200.000 erhöhen. Jetzt bereitet Picnic die bundesweite Expansion seines Liefernetzes vor.

Noch viel Luft nach oben
Tatsächlich wäre die Situation der neuen Lieferdienste ohne Corona wohl eine andere. Erst die Lockdowns führten dazu, dass eine große Zahl von Menschen sich ihre Einkäufe nach Hause liefern lassen. Dem Statista Global Consumer Survey zufolge haben 14 Prozent der hierzulande Befragten in der jüngeren Vergangenheit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Auch Daten des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel (bevh) zeigen die gestiegene Bedeutung des Onlinehandels mit Lebensmitteln: Der Verband beziffert das Umsatzwachstum des Segments 2020 auf rund 67 Prozent. Der Blick auf die Grafik zeigt, dass der Markt noch reichlich Luft nach oben hat.

Quelle:
DVZ

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