Chinas langer Arm: Wer nach dem Hamburger Hafen greift

Die chinesische Reederei Cosco soll Anteile am Hamburger Hafen erwerben. Das sorgt für Kritik im In- und Ausland. Doch wer steckt eigentlich hinter dem kontroversen Konzern?

In Deutschland ist eine heftige Debatte über eine mögliche Beteiligung einer chinesischen Staatsreederei am Hamburger Hafen im Gange. Nachdem sich zuerst ganze sechs Ministerien gegen das Vorhaben des Kanzleramts gestemmt haben, zeichnet sich nun ein Kompromiss ab; von dem allerdings dennoch niemand so richtig überzeugt scheint. Einzig Bundeskanzler Olaf Scholz sowie die Stadt Hamburg beharren auf dem Vorhaben, dem chinesischen Cosco-Konzern den Kauf von Anteilen am Containerterminal Tollerort zu ermöglichen. Zwar scheinen anstelle der ursprünglich geplanten 35 Prozent nur noch 24,9 Prozent im Gespräch zu sein – Kritiker warnen dennoch vor einer Vertiefung des chinesischen Einflusses auf kritische Infrastrukturen in Deutschland und Europa. Doch wer steckt eigentlich hinter dem gefürchteten Cosco-Konzern?

Anspruchsvolle Visionen und Rekordgewinne
Auf den ersten Blick wirkt es so, als ob die Erfolgsgeschichte der Reederei noch äußerst jung wäre. Die Gründung ist mit 28. Februar 2016 datiert, mittlerweile verfügt das Schifffahrtsunternehmen über eine der größten Flotten weltweit. Doch der Aufstieg kommt nicht von irgendwo, die Geschichte des Unternehmens beginnt sehr viel früher. Denn hinter der simplen Abkürzung Cosco steckt der etwas längere Name „China COSCO Shipping Corporation“. COSCO geht dabei auf den staatlichen Reedereikonzern China Ocean Shipping Company zurück, die Bezeichnung Shipping wiederum stammt von der ebenfalls von der Volksrepublik geführten China Shipping Group.

Die beiden Konzerne schlossen sich im Jahr 2016 zusammen – mit der Vision, Chinas Globalisierungsansprüche zu übernehmen und ein führendes Schifffahrt- und Logistikunternehmen zu werden. Ein Blick auf das Datenmaterial des chinesischen Staatsbetriebes zeigt: Die Vision ist bereits weit fortgeschritten, der Einfluss jetzt schon enorm.

So zählte der Konzern 2021 über 30.000 Mitarbeitende und setzte im Jahr zuvor 51 Milliarden US-Dollar um. Der Nettogewinn belief sich auf rund 16 Milliarden US-Dollar; und war damit neunmal so hoch wie im Jahr davor. Mit drei Millionen TEU Transportkapazität verfügt Cosco über die weltweit drittgrößte Containerreederei. Einen wesentlichen Einfluss generiert das Staatsunternehmen allerdings über Beteiligungen an Terminals in der ganzen Welt.

Beteiligungen an Europas Häfen als Strategie
In 57 Terminals hat der Staatskonzern bereits investiert, allein 50 davon betreffen Containerterminals – so wie es auch bei der Beteiligung in Hamburg geplant ist. Die Beteiligungen laufen zumeist über das Tochterunternehmen Cosco Shipping Ports Limited ab. Dieses hält etwa 35 Prozent am Rotterdamer Hafen und ist mit 25 Prozent in Terminals des belgischen Hafens in Antwerpen investiert. Gemessen am Containerumschlag sind das die zwei größten Häfen in der Europäischen Union. Den größten Einfluss hat der Staatskonzern aber im Hafen von Piräus. Bereits seit Anfang der 2000er hält Cosco Anteile am Hafen, im Zuge der Schuldenkrise Griechenlands stieg der Konzern zum Mehrheitsaktionär auf, seit 2020 besitzt er nun 67 Prozent der Anteile.

Zwar ist für das Terminal in der Hansestadt wohl nur eine Minderheitsbeteiligung vorgesehen, womit formal kein inhaltlicher Einfluss auf die Geschäftsführung besteht. Kritiker, etwa Analysten des China-Instituts Merics, warnen jedoch davor, dass Cosco ein Instrument der chinesischen Regierung und somit nicht als übliches Unternehmen zu betrachten sei. Es ginge nicht nur um Rendite, sondern um die Umsetzung chinesischer Staatsziele.

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