EuGH bestätigt Millionenstrafe für Demontage von Schienen

Das staatliche litauische Bahnunternehmen Lietuvos gelezinekeliai (LG), das auch die Bahninfrastruktur des Landes betreibt, hat seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, indem es die Gleise auf einer Strecke zu den lettischen Seehäfen Riga und Ventspils demontiert hat. Mit diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil des Gerichts der Europäischen Union (EuG) vom November 2020 und eine Geldbuße von 20,07 Millionen Euro bestätigt. LG hatte Rechtsmittel gegen das EuG-Urteil eingelegt.

Das Bahnunternehmen argumentierte, das Gericht habe die Kriterien falsch ausgelegt, die im EU-Recht für eine „Verweigerung des Zugangs zu Infrastruktur“ durch ein marktbeherrschendes Unternehmen festgelegt sind. Diese Kriterien spielten im vorliegenden Fall aber keine Rolle, urteilte jetzt der EuGH. Es gehe nicht um die Verweigerung des Zugangs zur Bahninfrastruktur, weil diese abgebaut und somit auch für LG selbst unbrauchbar geworden sei. Die Demontage selbst sei aber ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.

19 Kilometer Schienen abgebaut
In dem Fall geht es darum, dass LG im September 2008 eine nach Lettland führende Bahntrasse sperrte, weil Schienen auf einer Länge „im zweistelligen Meterbereich“ verformt hatten. Im Laufe des Oktobers wurden 19 km der Trasse vollständig demontiert. Dadurch verhinderte LG, dass das Ölunternehmen Orlen die Strecke nutzen konnte, um durch die lettische Bahngesellschaft LDZ Mineralölerzeugnisse aus der litauischen Raffinerie Bugeniai nach Riga und Ventspils zu transportieren.

Kunde wollte nach Lettland abwandern
Seit 1999 hatte LG die Mineralölprodukte für Orlen ins litauische Seehafenterminal Klaipedia gebracht. Nach Differenzen über den Transportpreis wollte Orlen aber auf die lettischen Häfen ausweichen und dazu den LG-Konkurrenten LDZ nutzen. Ohne die demontierte Trasse war dieser Transport aber für Orlen nicht mehr wirtschaftlich.

Der EuG hatte 2020 die Einschätzung der EU-Kommission von 2017 bestätigt, dass LG durch die Aktion seine marktbeherrschende Stellung auf Litauens Bahnmarkt missbraucht hat. Das Unternehmen habe nicht nachweisen können, dass die Verformung und der Gesamtzustand der Strecke ihren sofortigen Abbau rechtfertigten. Das Argument, Abriss und Wiederaufbau seien günstiger als eine Reparatur, wies das Gericht zurück. Planung und Finanzierung eines Neubaus hätten im Oktober 2008 nicht gestanden, der Abriss sei ein „außerordentlich unübliches Verhalten“, heißt es im jetzt durch den EuGH bestätigten Urteil. LG habe als Infrastrukturbetreiber die Verantwortung gehabt, einen „wirksamen und unverfälschten Wettbewerb“ auf der Strecke zu erhalten.

Die EU-Kommission hatte 2017 eine Geldstrafe von 27,87 Mio. EUR verhängt und angeordnet, dem Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht „abzuhelfen“. Die Geldstrafe senkte das EuG angesichts von Schwere und Dauer des Rechtsverstoßes um über sieben Mio. EUR. Az: C-42/21 P

Quelle:
DVZ

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