CO2-Handel fordert Reeder

Ab dem 1. Januar 2024 wird der Schiffsverkehr schrittweise dem EU-Emissionshandel unterworfen. Für eine RoRo-Fähre, die Routen fährt wie im Jahr 2021, müssten die Betreiber 2024 – wenn 40 Prozent des CO₂-Ausstoßes kostenpflichtig sind – dann rund 667.800 Euro für die Emissionsrechte bezahlen. 2026, wenn voll gezahlt werden muss, könnten 1,67 Millionen Euro fällig werden. Das berichtet der europäische Verband der Fertigfahrzeuglogistiker (ECG) auf Grundlage einer Studie der Online-Informationsplattform Que Seas.

Während die Schiffsbetreiber sich damit beschäftigen, wie sie diese Zusatzkosten an Kunden weitergeben oder senken können – etwa durch neue Schiffe oder Treibstoffe –, arbeitet die EU-Kommission daran, mögliche Schlupflöcher zu stopfen, mit denen die Emissionshandelsregeln umgangen werden könnten.

Zwei Häfen auf „schwarzer Liste“
Wenn etwa Containerschiffe bei Fahrten zwischen einem EU-Hafen und Drittstaaten in East Port Said (Ägypten) oder Tanger Med (Marokko) Waren umschlagen, sollen diese Häfen nicht als Zielorte im Sinne der EU-Emissionshandelsrichtlinie gelten, heißt es im Entwurf einer Durchführungsverordnung. Der letzte oder der erste Zielort in einem Nicht-EU-Staat entscheidet nämlich laut der Emissionshandelsrichtlinie darüber, wie viele CO₂-Zertifikate Schiffsbetreiber für die betreffende Reise kaufen müssen. Für diesen Teil der Reise außerhalb der EU sind die Hälfte der entstehenden Emissionen kostenpflichtig, während es innerhalb der EU 100 Prozent sind.

Damit die CO₂-Kosten nicht durch Zwischenstopps in der EU-Nachbarschaft gedrückt werden, haben die Gesetzgeber entschieden, bestimmte Häfen nicht als Zielorte anzuerkennen. Gemeint sind Häfen, die weniger als 300 Seemeilen von einem EU-Hafen entfernt sind, in denen über 65 Prozent der innerhalb von zwölf Monaten umgeschlagenen Container auf andere Schiffe verladen werden (Transshipment) und in denen keine Klimaschutzauflagen gelten, die mit dem EU-Emissionshandel vergleichbar sind. In Ägypten und Marokko gebe es keine solchen Auflagen, schreibt die Kommission in ihrem Vorschlag. Außer Tanger Med und East Port Said stehen keine weiteren Häfen auf der Liste, etwa in Großbritannien oder der Türkei.

In der Branche wurde die Türkei, speziell der Hafen in Izmir, allerdings als mögliches Schlupfloch genannt. Pläne, die Umschlagkapazität in Izmir zu erhöhen, könnten dieses Risiko vergrößern, sagt etwa Professor Harilaos Psaraftis von der Technischen Universität Dänemark. Daniel Gent, Energie- und Nachhaltigkeitsmanager bei der Autotransport-Schiffsgesellschaft UECC, weist darauf hin, dass die EU-Regeln speziell Schlupflöcher für Containerschiffe stopfen. „Tanger Med kommt womöglich als ‚Container-Transshipment-Hafen‘ in Betracht, aber es wäre unlogisch, einen dort anlegenden Bulkcarrier auf dieser Basis zu bestrafen“, sagt Gent.

Auch Autotransporter seien von der Durchführungsverordnung nicht erfasst. Selbst wenn sie noch hinzugefügt würden: In der Nähe des Hafens Izmir gebe es eine Autofabrik, sodass es in Izmir schwer würde, auf eine Transshipment-Hafen-Quote von 65 Prozent Autos zu kommen, die von einem Schiff auf ein anderes umgeladen werden, meint Gent.

Er erwartet, dass durch den Emissionshandel der Preis für 1 Tonne Schiffsdiesel 2024 um umgerechnet etwa 117,10 Euro und 2026 rund 292,80 Euro höher liegt als aktuell. Diese Preissteigerung sei „selbstverständlich zu groß“, als dass sie Schiffseigner alleine schultern könnten, sagte Gent bei einer Befragung durch ECG.

CO₂-Zuschläge geplant
Maersk hat bereits angekündigt, bei den Kunden für die Emissionshandelskosten einen Zuschlag zu erheben. Die Stena Line erwarte jährliche Zusatzkosten von etwa 100 Millionen Euro, sagte PR-Manager Stefan Elfstrom zu ECG. „Wir werden daher im Januar 2024 für alle Kunden einen Zuschlag einführen.“ Um die Kosten zu dämpfen, arbeite Stena Line an der Dekarbonisierung der Flotte. Zunächst setzt das Unternehmen laut Elfstrom auf mehr Energieeffizienz und auf Biodiesel. Entsprechend umgebaute Schiffe sollen später mit nachhaltig produziertem Methanol angetrieben werden; langfristig sollten auch batterieelektrisch betriebene Schiffe und andere alternative Kraftstoffe zum Einsatz kommen.

Quelle:
DVZ

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