Europäische Hafenallianz soll es mit organisierter Kriminalität aufnehmen

Drogenbanden werden zu einer immer größeren Gefahr für die maritime Wirtschaft und Hafenstädte in der EU, meint EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Da sie international vernetzt seien, müssten sich auch Europas Justizbehörden und die Unternehmen der Branche vernetzen, um die Kriminellen zu bekämpfen. Dafür wurde am Mittwoch eine europäische Hafenallianz gegründet.

Schifffahrtsgesellschaften, Hafenbetreiber, die maritime Wirtschaft, Zoll, Justizbehörden und die Polizei sollen in der EU künftig enger zusammenarbeiten, um die Ausbreitung von Drogenschmuggel und organisierter Kriminalität in europäischen Häfen besser in den Griff zu bekommen. Dazu wurde am Mittwoch in Antwerpen eine „Europäische Hafenallianz“ gegründet. EU-Kommission und die belgische EU-Ratspräsidentschaft organisierten dafür eine Auftaktkonferenz. Als Nächstes soll ein Arbeitsplan für die Allianz erstellt werden.

Allein im Antwerpener Hafen wurde 2023 die Rekordmenge von 116 Tonnen Kokain beschlagnahmt. Schmuggler und organisierte Banden würden immer stärker, „und sie agieren fast nie nur national“, sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. „Um deren Netzwerk zu bekämpfen, brauchen wir auch ein Netzwerk“. Werde es in einem bestimmten EU-Hafen für die Kriminellen schwieriger, dauere es zum Teil nur zwei Wochen, bis sie ihre Aktivitäten in andere Häfen verlagerten.

Zu den zehn Prioritäten der belgischen EU-Ratspräsidentschaft beim Kampf gegen organisierte Kriminalität gehöre es deshalb, alle europäischen Häfen gleichmäßig besser zu schützen und die Widerstandsfähigkeit der europäischen Logistikhubs gegen Kriminalität zu stärken, sagte Belgiens Innenministerin Annelies Verlinden. Im Rahmen der Hafenallianz soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Zoll, Drogenfahndern, Justizbehörden und maritimer Wirtschaft verbessert werden.

Korruption öffnet oft die Tür in die Häfen
Um Zugang zu Häfen zu bekommen, „bestechen die Kriminellen oft Mitarbeiter oder bedrohen sie oder ihre Verwandten und gehen dabei sehr gewalttätig vor“, sagte Johansson. Die Hälfte der Tötungsdelikte in der EU hänge mit Drogengeschäften zusammen. Durch Korruption versuchten die Banden, auch Unternehmen und Verwaltungen zu infiltrieren. Das sei eine Bedrohung für die Gesellschaft. Wirtschaft und Justiz müssten gemeinsam Wege suchen, Korruption zu verhindern, sagte Johansson. Sie dringt auch auf einen besseren Austausch mit Drogenfahndern in Lateinamerika über verdächtige Schiffsladungen, während die Schiffe noch auf dem Weg nach Europa sind.

Verlinden sprach darüber, dass Belgien in den vergangenen Jahren deutlich mehr Geld in zusätzliche Kameras und Scanner in Häfen investiert, Spezialeinheiten ausgebildet und den Zoll stärker gefördert habe. Sie erwähnte auch eine im Februar 2023 von den Regierungen von Belgien und den Niederlanden, den Stadtverwaltungen von Antwerpen und Rotterdam sowie den Reedereien MSC, Maersk, CMA CGM, Hapag-Lloyd und Seatrade unterzeichnete Erklärung zur Kooperation gegen organisierte Kriminalität. Darin geht es etwa um die Einführung „intelligenter“ Container und Siegel, mit denen verhindert werden soll, dass Container beim Transport unbemerkt geöffnet oder an andere Orte gebracht werden können, oder um Regeln für die Überprüfung von Mitarbeitern.

Im Juni 2023 gab es in Antwerpen eine Konferenz, bei der Verlinden mit Ministerkollegen aus den Niederlanden, Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien sowie mit Vertretern von EU-Kommission, Europol und Eurojust über die Bekämpfung krimineller Netzwerke sprach.

Auf eine Journalistenfrage, ob der Drogenkonsum in der EU bestraft werden sollte, um die Nachfrage zu drosseln, sagte EU-Innenkommissarin Johansson, sie erkenne nicht, wie das die organisierten Banden und die Gewalt beeinflussen könne. „Das sehe ich überhaupt nicht als Lösung an“, sagte sie.

Quelle:
DVZ

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