GDL-Streik sorgt für großen Unmut

Der längste Ausstand bei der Deutschen Bahn läuft seit Dienstag. Damit verbunden sind Einschränkungen für den Schienengüterverkehr und ihre Kunden.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat ihren sechstägigen Streik im Güterverkehr der Deutschen Bahn begonnen. Der Ausstand bei der Bahn-Tochter DB Cargo ist am Dienstagabend um 18 Uhr angelaufen.

Versorgung von Großkraftwerken in Gefahr
„144 Stunden Streik wirken sich unmittelbar auf Industrie-Lieferketten aus“, teilte DB Cargo mit. Ein mehrtägiger Streik gefährde mittelfristig die Versorgung von rund 15 deutschen Großkraftwerken mit Steinkohle per Bahn. Auch die Belieferung von Raffinerien und Tanklagern in Deutschland werde durch den Streik tangiert.

Ebenso können die meisten Massengüter laut Information der DB-Tochter für die Stahl- und Chemieindustrie nicht ad hoc auf die Straße umgeladen werden. Dazu zählen insbesondere Chemie-Gefahrguttransporte, Rohstofflieferungen für die Stahlindustrie und Exporte der Automobilwirtschaft an Seehäfen – aufgrund von Volumen und Sicherheit. Auch die Paketbelieferung sei betroffen. Denn wöchentlich fährt DB Cargo 52 Paketzüge, sogenannte Parcel Intercitys. Ein Zug sei im Durchschnitt mit 100.000 Paketen beladen, die bei einem Streik dann nicht rechtzeitig ihre Empfänger erreichen könnten.

Aber auch bei den internationalen Verkehren müsse laut DB Cargo mit Problemen gerechnet werden. Denn sechs von zehn europäischen Güterverkehrskorridoren auf der Schiene würden durch Deutschland führen. Zwei Drittel der Züge von DB Cargo würden mindestens eine nationale Grenze überqueren. „Im Güterverkehr wird es auch nach einem Streikende mehrere Tage bis Wochen dauern, bis das europäische Netzwerk in Schwung kommt“, heißt es bei DB Cargo.

DB InfraGo muss hoheitlicher Leistungspflicht nachkommen
Noch ist unklar, wie stark die Unternehmen im Kombinierten Verkehr betroffen sind. Der Operateur Hupac verweist auf den letzten GDL-Ausstand Anfang Januar: Damals konnten von etwa 150 Hupac-Zügen 30 nicht fahren, was einer Ausfallquote von 20 Prozent entspricht. Eine Sprecherin teilte der DVZ mit: „Es ist wichtig, dass DB InfraGo imstande ist, die reguläre Nutzbarkeit des Netzes zu gewährleisten und somit ihrer hoheitlichen Leistungspflicht nachzukommen.“ Die Schweizer kritisieren, dass auch in Stellwerken GDL-Mitglieder streiken und so den Bahnverkehr lahmlegen. Zu den finanziellen Verlusten, die der Streik mit sich bringt, wollte sich die Sprecherin zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern. Aber über die Zusatzkosten hinaus hat die Arbeitsniederlegung weitere Konsequenzen: „Der Streik unterminiert das Marktvertrauen und schadet der europäischen Klima- und Verlagerungspolitik“, so die Sprecherin.

Ähnlich die Lage bei Kombiverkehr: Dort sind beim letzten Streik von den 160 Zügen täglich etwa 30 ausgefallen. „Wir gehen davon aus, dass es zu vergleichbaren Auswirkungen wie bei den letzten Streikmaßnahmen kommen wird“, sagte Kombiverkehrs-Geschäftsführer Armin Riedl der DVZ. Im Umkehrschluss hieße dies aber auch, dass Kombiverkehr den Großteil des täglichen Zugangebotes laut Fahrplan anbieten könne. Der letzte Streik habe zudem gezeigt, dass die realisierten Züge weitestgehend in hoher Qualität produziert wurden und pünktlich die Zielterminals erreicht hätten.

Riedl fordert Regelungen für den Bereich der kritischen Infrastruktur
Als „kontraproduktiv“ bezeichnete Riedl die Botschaft, die vom Streik auf das politische Ziel einer Verlagerung von Güterverkehren ausgehe. „Insbesondere im nationalen Verkehr haben wir in allen Streikphasen eine Zurückhaltung bei unseren Kunden festgestellt, Sendungen der Schiene anzuvertrauen“, sagt Riedl. Mit jeder weiteren Streikphase nehme das Vertrauen in die Schiene ab. Er appellierte an die Verhandlungsparteien, im Sinne der Wirtschaft, Gesellschaft und auch der Verkehrswende schnellstmöglich eine Einigung zu erzielen. „Zudem schließen wir uns den immer lauter werdenden politischen Forderungen an, im Bereich der kritischen Infrastruktur gesetzliche Rahmenbedingungen und Regelungen zu schaffen, die die Auswirkungen auf unbeteiligte Dritte eindämmen“, sagte Riedl.

Wissing hat „null Verständnis für diese Form der Tarifauseinandersetzung“
Bundesverkehrsminister Volker Wissing sagte im ZDF-Morgenmagazin, er habe „null Verständnis für diese Form der Tarifauseinandersetzung“. Seiner Meinung nach nimmt der Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL zunehmend destruktive Züge an. „Ich glaube auch nicht, dass Herr Weselsky sich und seiner Gewerkschaft mit diesem Stil einen Gefallen tut“, fügte Wissing hinzu.

Nach Ansicht von Thomas Puls, Infrastrukturexperte vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, lassen sich die Kosten des Streiks für Deutschland kaum beziffern. Richtig teuer werde es, wenn die Betriebe nicht produzieren, beispielsweise weil Rohstoffe fehlen. Erfahrungswerte von früheren Streiks würden in diesem Fall für Schäden von bis zu 100 Millionen Euro pro Tag sprechen.

Private Güterbahnen profitieren vom Streik­
Die vom Streik nicht betroffenen privaten Güterbahnen sorgen nach Aussage von Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbandes „Die Güterbahnen“, üblicherweise für etwa 60 Prozent der Transportleistung auf der Schiene. „60 Prozent des Schienengüterverkehrs rollen wie üblich und kommen wegen eines entleerten Netzes sogar häufig besser ans Ziel“, so seine Einschätzung. Die privaten Unternehmen nähmen vereinzelt auch Waren auf, die DB Cargo aufgrund des Streiks nicht transportieren könne.

Quelle:
DVZ

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