Rotes Meer: Experte erwartet keine negativen Folgen für Welthandel

Die Situation durch die Angriffe auf Containerschiffe sei nicht mit dem Umfeld während der Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal und der Corona-Pandemie vergleichbar, sagt IfW-Handelsexperte Julian Hinz. Zum Jahresende hat sich der Negativtrend im Welthandel unterdessen fortgesetzt. Und: Erstmals Militärschlag gegen Huthi-Rebellen.

Die Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer hinterlassen zwar deutliche Spuren im Containerverkehr. Negative Folgen für den weltweiten Handel seien aber nicht zu erwarten, teilte Julian Hinz am Donnerstag bei der Vorlage des jüngsten Datenupdates für den Kiel Trade Indicator mit. Hinz ist Direktor des Forschungszentrums Handelspolitik am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Er übernimmt neuerdings auch die Verantwortung für den Frühindikator von Vincent Stamer, der ab März in die volkswirtschaftliche Analyseabteilung der Commerzbank wechselt.

Seit Ausbruch des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Große Reedereien meiden zunehmend die Route. Statt durch das Rote Meer fahren die Schiffe nun um Afrika und das Kap der Guten Hoffnung, der Umweg nimmt 7 bis 20 Tage in Anspruch.

Die verlängerte Fahrzeit hat die Preise für Containertransporte deutlich erhöht. Der Transport eines 40-Fuß-Standardcontainers zwischen China und Nordeuropa kostet laut IfW aktuell über 4.000 US-Dollar, noch im November waren es rund 1.500 US-Dollar. „Der aktuelle Preis ist allerdings noch weit entfernt von den drastischen Ausschlägen während der Corona-Pandemie, als der Transport eines Containers auf dieser Route bis zu 14.000 US-Dollar kostete.“

Dennoch seien „keine spürbaren Folgen für die Verbraucherpreise in Europa zu erwarten“, zumal der Anteil der Frachtkosten am Warenwert hochpreisiger Artikel etwa im Bereich Konsumelektronik nur im Promillebereich liege, fügte der IfW-Experte hinzu. Auch größere Verwerfungen in den Lieferketten seien nicht zu erwarten. Hinz: „Die Situation heute ist nicht mit dem Umfeld während des Ever-Given-Unglücks im Suezkanal und der Corona-Pandemie vergleichbar, als Lockdowns zu einem drastischen Rückgang des Warenangebots führten und gleichzeitig die Nachfrage in Europa nach oben schnellte.“ Auf die aktuell etwas längeren Lieferzeiten für Produkte aus Fernost und die erhöhten Frachtkosten werde sich das Containerschiffsnetzwerk schnell einstellen, ist er überzeugt.

Welthandel zum Jahresende rückläufig
Der Kiel Trade Indicator für Dezember 2023 deutet auf eine Fortsetzung des leicht negativen Trends im Welthandel und im Handel zwischen großen Volkswirtschaften hin, wie das IfW weiter mitteilte. Eine Ursache dürften den Forschern zufolge auch die Angriffe auf Containerschiffe im Roten Meer sein. Der Welthandel ist dem Frühindikator zufolge von November auf Dezember 2023 um preis- und saisonbereinigt 1,3 Prozent zurückgegangen. Das geht aus Schiffsbewegungen hervor, die das IfW regelmäßig auswertet. Der daraus ermittelte Kiel Trade Indicator schätzt die Im- und Exporte von 75 Ländern und Regionen weltweit.

Für die EU sind die Indikatorzahlen sowohl bei den Ex- als auch bei den Importen klar im roten Bereich. Im Außenhandel Deutschlands hält die Schwächephase der vergangenen Monate an, Aus- und Einfuhren gingen im Monatsvergleich abermals zurück. Für den Dezemberhandel der USA zeigt der Frühindiaktor für Ex- und Importe ebenfalls ein Minus, auch wenn der Seeweg durch das Rote Meer und den Suezkanal dort eine geringere Rolle spielt als für Europa.

Chinas Handel läuft gegen den Trend, die Werte sowohl für Ex- und Importe zeigen nach oben. Ein Grund dafür dürfte laut IfW im bevorstehenden chinesischen Neujahrsfest liegen, das die Handelsumsätze nach oben treibt.

Quelle:
DVZ

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