C.H. Robinson will auch in Europa mehr Schiene

Wenn Jeroen Eijsink den 3PL-Logistikdienstleister C.H. Robinson als „Einsteiger“ in das Geschäft des Kombinierten Verkehrs bezeichnet, ist das etwas untertrieben. Zum einen wird im Gespräch mit dem Europa-Chef schnell klar, dass er sich intensiv mit dem intermodalen Verkehr beschäftigt hat. Zum anderen ist das Geschäftsfeld nicht komplett neu, denn das US-amerikanische Unternehmen mit den Geschäftsfeldern Luft- und Seefracht sowie Landverkehr erzielt in seinem Heimatmarkt mit der Schiene einen „gehörigen Teil des Umsatzes“ und bietet in Europa nicht nur Bahntransporte für Überseecontainer an, sondern seit etwa fünf Jahren auch Versandoptionen über die Schiene von und nach China.

„Aufgrund der Situation in den chinesischen Häfen ist die Nachfrage für den Transport von Gütern über die Seidenstraße nach Europa deutlich gestiegen“, berichtet Eijsink. Problematisch sei allerdings, dass bestimmte Güter wie Spitzentechnologie aus den Segmenten IT, Energiewirtschaft, Luftfahrt und Schifffahrt aufgrund der Sanktionen nicht mehr im Transit über russisches Territorium transportiert werden dürfen. „Immer genau zu wissen, was noch erlaubt ist, macht es schwierig und kompliziert.“ Zudem bestehe ein gewisses Risiko in Bezug auf den russischen Staat, auch wenn dieses bisher noch nicht eingetreten sei.

„Bei den Bahntransporten von Überseecontainern ab beziehungsweise nach Rotterdam und Hamburg nutzen wir verschiedene Anbieter und buchen Plätze im Kombinierten Verkehr“, so der Europa-Chef. „Für welche Waren das interessant ist, hängt von der Distanz ab und davon, wie zeitkritisch die Ware ist.“ Strategische Verlagerungen von der Straße auf die Schiene gebe es hier nicht: „Es geht um Kosten und Qualität.“

Insgesamt ist der Gesprächsbedarf der Kunden über die Verlagerung von Transporten auf die Schiene zwar gestiegen, bestätigt Eijsink. Für kürzere Distanzen sei der Kombinierte Verkehr insgesamt betrachtet jedoch bislang nicht attraktiver geworden: „Das gilt nur bei speziellen Gütern – beispielsweise sehr schweren oder solchen, bei denen wenig Flexibilität erforderlich ist, und bei eigenen Gleisanschlüssen wie bei Unternehmen in der Automobilindustrie.“ Bei Konsumgütern seien kurze Distanzen nach wie vor ein Problem: „Die Frachtkosten sind im Vergleich zum Lkw einfach zu teuer“, unterstreicht Eijsink.

Die Diskussionen mit den Kunden seien zwar partnerschaftlich, betont der Manager. Mehr zahlen wollten jedoch nur wenige: „In den Gesprächen geht es eher um die Bündelung von Volumina und die Optimierung der operativen Abläufe.“ Bei Einzeltransporten sieht Eijsink noch keine Bereitschaft zum Wechsel: „Das wird sich erst ändern, wenn die CO2-Umlage kommt und die externen Kosten berücksichtigt werden.“ Dann werde es tatsächlich Bewegung geben und der Anteil des Kombinierten Verkehrs zunehmen.

Auf der Suche nach weiteren Intermodalkorridoren
2020 hat C.H. Robinson einen großen Schritt hin zur Schiene in Europa gewagt: Der Logistiker stellte die Verkehre zwischen Spanien, Südwest-Frankreich und den Benelux-Ländern auf die Schiene um. Das Unternehmen kämpfte mit Kapazitätsengpässen und wollte Erfahrungen sammeln mit dem Bahnverkehr in Europa. Eijsink hält es aber volkswirtschaftlich betrachtet auch für Unfug, tausende Kilometer per Lkw zu fahren – schließlich sei der intermodale Verkehr kraftstoffeffizienter und senke die Treibhausgasemissionen im Durchschnitt um bis zu 80 Prozent.

Für das neue Angebot nutzt der Logistiker ein Tochterunternehmen der luxemburgischen Bahn CFL – da habe einfach alles gut gepasst. Eijsink sucht aber auch nach weiteren Kombikorridoren, „beispielsweise nach Großbritannien und Polen, aber auch anderen wie von Deutschland über Zentraleuropa nach Österreich, in die Schweiz bis zum Balkan und in die Türkei“.

„Das System muss noch zuverlässiger werden“
Der Logistikmanager sieht allerdings auch die Schwächen im europäischen Kombinierten Verkehr. Wenn beispielsweise bei der französischen Bahn SNCF gestreikt werde, müsse die Ladung im Moment noch zurück auf die Straße verlagert werden. Eijsink wünscht sich, dass auch in Frankreich Zugführer aus einem anderen Land eingesetzt werden dürfen, „wie es bereits zwischen Deutschland, der Schweiz und Italien harmonisiert ist“.

Grundsätzlich müsse die Kapazität ausgebaut und das System zuverlässiger werden, betont Eijsink. „Wenn ich ein Problem mit einem Lkw habe, betrifft das nur 1 Ladung. Habe ich es mit der Bahn, geht es um 20 bis 30 Mal so viel.“ Hinzu komme, dass der Lkw alternative Routen fahren und umgeladen werden könne. Um diese Vorteile zu kompensieren, müsse die Schiene effizienter werden: „Hier liegt ein großes Potenzial, das wir als Volkswirtschaft heben müssen. Die Bereitschaft der Kunden ist da, die der Spediteure auch – solange Kosten und Qualität stimmen. Die Engpässe müssen aber schnell beseitigt werden.“

Quelle:
DVZ

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