Bieterwettstreit um HHLA möglich

Der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne erwägt, den geplanten Einstieg von MSC in die HHLA durch ein Gegenangebot zu verhindern. Wie Kühne im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen“ sagte, sei die vorgesehene Beteiligung von MSC „ein Affront gegenüber Hapag-Lloyd als größtem Nutzer und damit größtem Reedereikunden des Hamburger Hafens“.

Hapag-Lloyd selbst äußert sich in der Angelegenheit derweil betont zurückhaltend. So sagt Rolf Habben Jansen gegenüber der DVZ auf Nachfrage lediglich knapp: „Hapag-Lloyd nimmt die Ankündigung der HHLA zur Abgabe eines freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots durch die MSC-Gruppe zur Kenntnis. Wir gehen davon aus, dass dies unsere Zusammenarbeit mit der HHLA nicht beeinträchtigen wird.“

Aus gut unterrichteten Hafenkreisen erfuhr die DVZ indes, dass der geplante Einstieg von MSC aufseiten von Hapag-Lloyd für große Verärgerung sorgt. So sieht sich die Hamburger Reederei brüskiert darüber, dass die Stadt Hamburg, die einen Anteil an Hapag-Lloyd in Höhe von 13,9 Prozent hält, in den vergangenen zwei Jahren im Zuge von Dividendenausschüttungen Milliarden von Euro von Hapag-Lloyd erhalten hat und dem Unternehmen nun einen direkten Wettbewerber vor die Nase setzt.

Unfreundlicher Akt gegenüber Hapag-Lloyd
Die Konstellation, die für Hapag-Lloyd hierbei von besonderer Brisanz sein dürfte, ist der Umstand, dass MSC Miteigentümer würde an dem HHLA Terminal Altenwerder, an dem Hapag-Lloyd wiederum einen Anteil in Höhe von 25,1 Prozent hält.

Für Hapag-Lloyd ist dies offenbar ein mehr als unfreundlicher Akt, der, so heißt es übereinstimmend in Hafenkreisen, die deutsche Reederei dazu veranlassen könnte, ihr Engagement im Hamburger Hafen zu beenden und sich künftig verstärkt dem Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven zuzuwenden.

Die chinesische Containerreederei Cosco, die 24,99 Prozent an dem HHLA-Terminal Tollerort hält, geräte in derselben gesellschaftsrechtliche Konfliktlage wie Hapag-Lloyd. Das Staatsunternehmen hält sich allerdings äußerst bedeckt.

Gegenüber der DVZ sagt Mingfeng Wang, Präsident von Cosco Shipping Europe, knapp, dass er die Vorgänge nicht kommentieren wolle.

Kühne indes wirft der Stadt weiterhin vor, die geplante Lösung ändere wenig an der Grundproblematik, da das Unternehmen weiterhin mehrheitlich in öffentlichem Eigentum verbliebe. Zudem, so Kühne, hätte man einem echten Hamburger Unternehmen wie Hapag-Lloyd „den ersten Zugriff auf eine Minderheitsbeteiligung an der HHLA einräumen müssen“.

Im Zuge der neuesten Entwicklungen rund um eine mögliche Beteiligung von MSC an der HHLA sprang die HHLA-Aktie um mehr als 49 Prozent auf einen Stand von mehr als 17,20 Euro. Damit lag das Papier über dem von MSC gebotenen Betrag in Höhe von 16,75 Euro.

Hoffnung auf Belebung des Containerumschlags
Die Reaktionen aus der Wirtschaft und Politik sind derweil größtenteils positiv, zum Teil aber auch sehr überrascht. Götz Wiese, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion der Hamburger Bürgerschaft sagt: „Die Öffnung der HHLA für private Investoren ist jetzt der richtige Schritt nach Jahren rot-grüner Misswirtschaft und Passivität im Hamburger Hafen. MSC wirft der seit Jahren kriselnden HHLA und dem Senat den Rettungsring zu. Es ist zu hoffen, dass die strategische Partnerschaft mit MSC zu einer nachhaltigen Belebung des Containerumschlags im Hamburger Hafen führt.“

Alphaliner-Chefanalyst Jan Tiedemann hält den geplanten Einstieg ebenfalls für eine gute Sache. „Ein guter Deal für den Hamburger Hafen und Hamburg als Ganzes. Nach der Hapag-Lloyd Beteiligung am CTA und der Cosco-Partnerschaft am CTT hat der Senat nun einen dritten Global Player dauerhaft und strategisch an Hamburg gebunden“, findet er.

„MSC ist nicht nur die größte Reederei der Welt, sondern aktuell auch die mit der höchsten Wachstumsdynamik. Ich hoffe, dass damit endlich auch ein Ruck durch den Hafen geht und sich andere regionale Player entsprechend neu aufstellen. Ein nächster Schritt könnte die lange verzögerte Westerweiterung sein. Auch hier könnte ein Partner aus der Schifffahrt endlich für Bewegung sorgen.“

Laut Jan Ninnemann, Professor an der HSBA Hamburg School of Business Administration, ist die Beteiligung eines starken, internationalen Partners ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens. „MSC als weltgrößte Linienreederei kann aufgrund ihrer Marktmacht und der vorhandenen Finanzkraft wichtiger Impulsgeber sein, um die Leistungsfähigkeit der Terminals in Hamburg etwa durch Automatisierung und Prozessoptimierung nachhaltig zu steigern.“

Überrascht über die ungewöhnliche Kooperation
Erstaunt ist Ninnemann allerdings über die Beteiligung auf der Ebene der Holding anstelle einer eher üblichen Terminalbeteiligung. „Eine Beteiligung von 49,9 Prozent an der HHLA-Holding kommt dennoch überraschend. Während Reedereibeteiligungen an einzelnen Terminals seit längerem auch international gängige Praxis sind, ist diese Form der Kooperation eher ungewöhnlich. Was die MSC-Beteiligung für langjährige Partner und Shareholder an den HHLA-Terminals wie Cosco und Hapag-Lloyd bedeutet, bleibt abzuwarten. Fakt ist: Es wird sich noch einiges im Hamburger Hafen bewegen.“

Für Eurogate derweil ist der geplante Einstieg von MSC durchaus mit Komplikationen verbunden, da MSC Kunde und Partner von Eurogate ist. Auf Anfrage der DVZ sagt der Terminalbetreiber: „MSC ist aktuell die weltweit größte Reedereigesellschaft und seit vielen Jahrzehnten ein wichtiger Kunde und Partner für Eurogate. Gemeinsam betreiben wir ein Terminal in Bremerhaven, bei dem wir kürzlich die Partnerschaft bis zum Jahr 2048 verlängert haben. Darüber hinaus sind wir auch in Hamburg eng mit MSC verbunden. Wir müssen und werden in den kommenden Tagen und Wochen genau prüfen, was diese Ankündigung im Falle ihres Zustandekommens für uns bedeuten kann und welche Veränderungen sich dadurch für unser Kern-, aber auch unsere Sekundärgeschäfte ergeben können.“

Frank Dreeke, Vorstandsvorsitzender von BLG Logistics, zeigt sich bei Linkedin überrascht über den geplanten Einstieg von MSC bei der HHLA. „Ein Einstieg einer Reederei in ein Hafenunternehmen wie die HHLA hat es in dieser Form und dieser Größenordnung in der maritimen Wirtschaft in Deutschland noch nie gegeben.“

Für die bremischen Häfen erwarte er indes keine negativen Auswirken, so Dreeke, der darauf hinweist, dass MSC ein wichtiger Partner sei, mit dem die BLG-Tochtergesellschaft Eurogate in Bremerhaven ein Terminal betreibe, für das die Partnerschaft „erst kürzlich bis 2048 verlängert wurde.“

Die nächsten Schritte
In den kommenden vier Wochen wird das am Mittwoch vorgestellte Übernahmeangebot von MSC offiziell zur Genehmigung bei der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) eingereicht, die solche Angebote in der Regel innerhalb von zehn Tagen prüft. Unmittelbar nach der Genehmigung wird die Angebotsunterlage voraussichtlich in der zweiten Oktoberhälfte veröffentlicht. Während der folgenden vierwöchigen Angebotsfrist, an die sich eine obligatorische zweiwöchige Frist anschließt, können die Anleger entscheiden, ob sie das Angebot annehmen.

Die EU-Kommission muss kartellrechtliche Angelegenheiten des Deals prüfen, deren Dauer die Stadt nicht beeinflussen und vorhersagen kann. In der Wirtschaftsbehörde geht man in jedem Fall von einem positiven Ausgang der EU-Untersuchung aus, da die Fragestellungen im Vorfeld gründlich geprüft wurden, sagte ein Sprecher der Behörde gegenüber der DVZ.

Vorbehaltlich der Genehmigungen geht die Wirtschaftsbehörde davon aus, dass die Transaktion im Laufe des kommenden Jahres abgeschlossen wird und die neue Firmenstruktur damit in Kraft tritt. Die Zustimmung des Hamburger Landesparlaments erfolgt voraussichtlich noch in diesem Jahr.

Kühne gibt derweil noch lange nicht auf. „Ich kann Hapag-Lloyd nur dringend raten, selbst und sofort ein Übernahmeangebot für 49,9 Prozent der HHLA-Aktien abzugeben.“ Auch für den Fall, die Hamburger Reederei ziehe dies nicht Erwägung, hat Kühne einen Plan. „Wenn Hapag-Lloyd es nicht tun würde, erwägt meine Kühne Holding AG, es kurzfristig zu tun.“

Quelle:
DVZ

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